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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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seinen einsilbigen
Äußerungen merkten, sondern sich das ganze Dinner hindurch über Banalitäten
unterhielten, und das mit einer derartigen Heiterkeit, die ihn nur staunen lassen konnte, wie er in eine
solche gefühllose Familie hineingeboren war. Seine Weigerung, auch nur von
einem der Gerichte, die den zweiten Gang ausmachten, etwas zu sich zu nehmen,
entlockte zwar seiner Mama einige Bemerkungen, aber da sie seine
Appetitlosigkeit einem übermäßigen Genuß von Zuckerpflaumen zuschrieb, konnte
es ihm nur leid tun, daß sie seine Enthaltsamkeit überhaupt bemerkt hatte.
    Erst am nächsten Tag erwies sich
eine zufällige Bemerkung Emilys als zuviel für seine Kraft, seinen Entschluß
durchzuhalten. Mit der ganzen Taktlosigkeit ihrer fünfzehn Jahre staunte sie,
daß er nicht zu einem Besuch Venetias weggeritten war, was ihn zu einem
bitteren Auflachen führte und dem Ausspruch, er würde die Schwelle von Undershaw
nie wieder überschreiten. Als er die Warnung hinzufügte, ihn ja nichts zu
fragen, bat sie sofort, ihr zu erzählen, was denn geschehen sei.
    Er hatte keinerlei Absicht, ihr
irgend etwas zu erzählen, aber sie war ihm von der ganzen Familie geistig am nächsten
verwandt, und es dauerte nicht lange, bis er ihren mitfühlenden Ohren zumindest
einen Teil seiner Kümmernisse anvertraut hatte, mit einer Reihe Bemerkungen,
die ihr zwar keinen sehr genauen Begriff von den Ereignissen des Vortages
mitteilten, jedoch stark an ihr romantisches Herz appellierten. Sie sog alles,
was er sagte, in sich ein, füllte die Lücken mit Hilfe einer Phantasie, die
ebenso dramatisch war wie die seine, und erzählte schließlich Clara das Ganze
unter dem Siegel der Verschwiegenheit.
    «Aber obwohl ich wirklich überzeugt
bin, daß das alles leeres Geschwätz ist, Mama, fühlte ich mich doch
verpflichtet, ihr zu sagen, ich könne es nicht für richtig halten, es dir
nicht zu erzählen», sagte Clara.
    «Nein, wirklich!» rief Lady Denny
ganz entsetzt. «Lord Damerel fordern? Guter Gott! Er muß verrückt sein! So
etwas habe ich noch nie gehört, und ich zittere, wenn ich daran denke, was dein
Vater dazu sagen wird! Oh, das kann nicht wahr sein! Zehn zu eins gewettet ist
das eine von Emilys Canterbury-Geschichten!»
    «Ich glaube, nicht ganz, Mama»,
sagte Clara gewissenhaft. «Ich fürchte, es besteht kein Zweifel, daß Oswald
wirklich mit Lord Damerel gestritten hat, obwohl es etwas anderes ist, ob er
ihn auch wirklich zu einem Duell herausgefordert hat. Du weißt, wie er und
Emily übertreiben! Ich hätte angenommen, daß das unmöglich wäre, aber wenn es
stimmt, daß Lord Damerel die arme Venetia mit seiner Aufmerksamkeit verfolgt,
dann könnte es doch stimmen. Das ist es ja, warum ich es für meine Pflicht
hielt, es dir zu sagen, weil Oswald sicherlich in einer seiner extravaganten
Aufregungen ist, und wenn das vorkommt, dann kann man
sich nicht darauf verlassen, daß er sich vernünftig beträgt. Und sollte er so
unvorsichtig sein, Lord Damerel einen Streit aufzuzwingen ...»
    «Sag so etwas nicht!» bat Lady Denny
erschauernd. «Himmel, o Himmel, warum hat dieser abscheuliche Mensch auch
herkommen müssen! Uns alle so in Aufruhr zu versetzen! Venetia verfolgen – hast
du gesagt, daß er Undershaw wirklich täglich besucht?»
    «Nun, Mama, das hat Oswald Emily
erzählt, aber ich habe mich nicht sehr darauf eingelassen, weil er auch sagte,
daß Venetia ganz betört sei und Lord Damerel ermutige, sich mit der größten
Unanständigkeit zu benehmen, und das muß ja wirklich Unsinn sein, nicht?»
    Aber Lady Denny, weit entfernt
davon, beruhigt zu sein, wurde ganz blaß und brachte nur heraus: «Ich hätte
doch wissen müssen, daß das passieren würde! Und was muß Edward Yardley
ausgerechnet in einem solchen Moment anderes einfallen, als sich mit Windpocken
hinzulegen! Nicht, daß ich glaube, er wäre auch nur im geringsten von Nutzen,
aber er hätte es verhindern können, daß Damerel Venetia ständig am Hals sitzt,
statt daß er seine Mutter jedesmal um Mr. Huntspill schicken läßt, wenn sie
sich einbildet, sein Puls gehe zu schnell, und ein solches Getue macht, als
hätte er die Blattern!»
    «O Mama!» protestierte Clara,
entsetzt über diese Strenge. «Du weißt, Mr. Huntspill hat uns erzählt, daß
Edwards Papa schwindsüchtig war, so daß es kein Wunder ist, wenn Mrs. Yardley
ängstlich ist! Und er sagte, daß Edward ganz erledigt sei, viel mehr als meine
Schwestern!»
    «Was Mr. Huntspill sagte», gab Lady
Denny

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