Georgette Heyer
Lächeln, das sie wechselten. Es
war so fein, daß es kaum zu merken war – kaum mehr als ein weicherer Ausdruck,
eine Zärtlichkeit in den Augen. Sie bemerkte, daß es bei beiden unwillkürlich
kam, und erkannte, daß die Sache ernster war, als sie je geträumt hätte, denn
was immer Damerels Absichten sein mochten – mit einem verwegenen Flirt
unterhielt er sich dabei nicht; es war ihm damit ebenso ernst wie Venetia.
Jetzt sprach er mit ihr, nur über Aubrey, aber in einer Art, die verriet, wie
vertraut sie miteinander waren. «Ich lasse ihn einfach nicht stundenlang mit
der Nase in einem Buch herumsitzen», sagte er eben. «Die Fahrt wird ihm nicht
weh tun.»
«Nein, im Gegenteil. Welcher gute
Engel hat Ihnen das eingegeben? Mir ist es nicht gelungen, ihn aus der
Bibliothek wegzulocken. Es war bald Mitternacht, als
ich ihn gestern abend zu Bett gehen hörte, und als ich es wagte, ihm heute
morgen Vorwürfe zu machen, informierte er mich, er hätte seit seinem Unfall
ziemlich viel Zeit verschwendet und müsse sich jetzt aber wirklich ernstlich
seinem Studium widmen! Ich habe gemeint, daß er gerade das die ganze Zeit getan
hat!»
«O nein!» sagte Damerel spöttisch.
«Er hat sich ja nur mit leichter Lektüre befaßt, solange er bei mir war – der
Art etwa, wie sie ein Berkley
und ein Hume bieten – mit Ausflügen zu Dugald Stewart. Die reine Entspannung!» Er
schaute auf die Uhr an der Wand. «Falls ich ihn Ihnen zum Abendessen
wiederbringen soll, ist es am besten, ich schaue einmal nach, was
er eigentlich treibt. Ich möchte wetten, daß ich ihn mit einem Schuh an dem
einen, einem Pantoffel am anderen Fuß antreffe, die Nase in einem Lexikon,
weil ihm gerade eingefallen ist, daß er unbedingt irgendein obskures Wort zu
dessen Quelle zurückverfolgen muß.»
Er wandte sich von ihr zu Lady
Denny, um sich zu verabschieden, und als er dann Venetia die Hand schüttelte,
fragte er: «Wollen Sie wirklich nicht etwas in York besorgt haben?»
«Nein – nicht einmal Fisch in einem
Weidenkorb, was Aubrey am meisten haßt!»
Er lachte und ging. Venetia sagte in
ihrer freimütigen Art: «Ich bin froh, daß er zufällig hereingekommen ist,
während Sie bei mir sind, Mä am.»
«Wirklich, meine Liebe? Warum?»
fragte Lady Denny.
«Oh ...! Weil ich erkannte, wie
erstaunt Sie darüber sind, daß ich ihn gern mag, denn Sie mochten ihn ja nicht,
als Sie ihn zuerst kennenlernten, nicht?»
Lady Denny zögerte und sagte dann:
«Ich verstehe vollkommen, warum du ihn magst, Venetia. Ja, ich wäre sogar
erstaunt, wenn es ihm nicht gelungen wäre,
dich herumzukriegen, denn Männer seines – seines Schlages wissen, wie sie sich
Frauen gegenüber charmant zu benehmen haben.»
«Ja», stimmte Venetia zu. «Sie müssen
sehr viel Praxis haben, obwohl ich mir nicht denken kann, daß das nur der
Praxis allein zuzuschreiben ist, nicht? Ich habe
ja vorher noch nie einen Wüstling kennengelernt oder viel darüber nachgedacht,
aber ich würde annehmen, daß ein Mann wohl kaum einer werden kann – nun,
jedenfalls kein sehr erfolgreicher –, wenn er nicht von Natur aus charmant
wäre.»
«Sehr wahr!» sagte Lady Denny
ziemlich schwach. «Das ist es ja, was sie so besonders gefährlich macht. Aber
du, bin ich überzeugt, bist viel zu vernünftig und nobel, um darauf
hereinzufallen. Doch ich wollte, du wärst etwas
auf der Hut, mein Liebes. Zweifellos findest du Lord Damerels Gesellschaft
angenehm und fühlst dich ihm sehr zu Dank verpflichtet, aber ich gestehe – und
du darfst es nicht mißverstehen, wenn ich dir das sage, denn ich kenne die Welt
besser als du –, ich gestehe, daß es mir nicht ganz gefällt, daß er sich hier
so sehr zu Hause fühlt. Weißt du, es ist nicht ganz das Wahre für eine
unverheiratete Dame deines Alters, Herren zu bewirten.»
Venetia kicherte ein bißchen. «Ich
wollte, Sie sagten das Edward!» bat sie. «Ihm fällt so etwas nicht ein. Er
speist sogar hier, wenn es ihm gelingt, solange herumzusitzen, bis ich aus
reiner Höflichkeit gezwungen bin, ihn auch noch zum Essen einzuladen.»
«Nun, meine Liebe – nun, das ist
etwas anderes!» sagte Lady Denny und versuchte, ihre Streitkräfte zu sammeln.
«Eure Freundschaft ist schon alt, daß – außerdem, dein Papa mochte ihn gern!»
«Nein, nein, Ma'am, wie können Sie
Papa so unrecht tun?» protestierte Venetia. «Wenn Sie doch wissen müssen, daß
er niemanden gern hatte! Ich weiß jedoch, was Sie sagen wollten – er dachte,
daß Edward für mich gut
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