Georgette Heyer
Kichern.
«Was für ein unsinniger Bruder!» gab
Venetia zurück. «Möchten Sie in der Nähe des Kamins sitzen, Ma'am, oder wollen
Sie ...»
«Mrs. Scorrier sollte am hinteren
Ende des Tisches sitzen», sagte Aubrey entschieden.
«Sie meinen am Fußende des Tisches –
gegenüber dem Kopfende, wissen Sie», sagte Mrs. Scorrier belehrend.
«Ja, natürlich», antwortete Aubrey
und schaute überrascht drein. «Habe ich hinten gesagt? Ich frage mich, wieso
ich das wohl sagen konnte?»
Venetia fragte Charlotte, ob sie
ihren Besuch in Paris genossen habe. Es war die erste hastige Intervention, zu
der sie sich ver pflichtet fühlte, und der noch viele folgen sollten, im Laufe
dessen, was sie nachher bitter als eine wahrhaft denkwürdige Tischgesellschaft
bezeichnete. Obwohl Aubrey keine unprovozierten Angriffe machte, war er
blitzschnell bei der Hand, jede Andeutung einer Aggressivität zu rächen. Da er
es mehr als klargemacht hatte, daß er sich zum Verteidiger seiner Schwester
aufgeschwungen hatte und jede Runde mit dem Feind gewann, konnte Venetia nur
annehmen, daß Mrs. Scorrier entweder sehr dumm war oder durch ihren bösen
Genius gezwungen wurde, Niederlagen geradezu herauszufordern. Sie schien
wirklich der Versuchung nicht widerstehen zu können, Venetias angebliche
Anmaßung zu unterdrücken, und so wurde das Speisezimmer äußerst schnell zu
einem Schlachtfeld, auf dem – dachte Venetia mit einem nicht zu unterdrückenden
Glitzern der Erheiterung – eine aufgerollte Linie unvermeidlich ihre Überlegenheit
über die Kolonne demonstrierte. Unfähig, Aubreys Ausweichtaktik zu begegnen,
versuchte Mrs. Scorrier, ihm eine schwere Abfuhr zu verpassen. Sie strahlte
ihn mit ihrem entschlossenen Lächeln an und sagte, kein Mensch würde ihn und
Conway je für Brüder halten, so unähnlich seien sie einander. Welche unschmeichelhaften
Vergleiche sie damit ziehen wollte, blieb unbekannt, denn Aubrey sagte sofort
mit einer Spur Besorgnis: «Nein, ich glaube, das könnte wirklich niemand, nicht
wahr, Ma'am? Er hat die Muskeln, ich das Gehirn und Venetia die Schönheit der
Familie geerbt.»
Daraufhin konnte es kaum
überraschen, daß sich Mrs. Scorrier betrüblich erbittert von der Tafel erhob.
Als sie es sich in einem Stuhl neben dem Kamin im Salon bequem gemacht hatte,
stand ein stählerner Blick in ihren Augen, vor dem ihre Tochter erbebte, aber
ihre offenkundige Absicht, sich äußerst unbeliebt zu machen, wurde durch
Venetia vereitelt, die sagte, sie hätte noch zwei dringende Briefe zu
schreiben und hoffe, Charlotte würde ihr verzeihen, wenn sie sie bis zur
Teestunde der Gemütlichkeit eines ruhigen Abends mit nur ihrer Mama zur
Gesellschaft verließe. Sie verließ den Salon, ging zu Aubrey in die Bibliothek
und sagte, als sie jenen Hafen betrat, aus ganzem Herzen: «Du Teufel!»
Er grinste sie an. «Was wettest du
mit mir, daß ich das Haus innerhalb einer Woche von ihr befreie?»
«Nichts! Das hieße dich ausrauben,
denn du wirst es nicht tun. Und du könntest wirklich ein bißchen Rücksicht auf
die Gefühle Charlottes nehmen, mein Herz! Sie mag ja ein Gänschen sein, aber
dafür kann sie nichts, und ihr Charakter ist, davon bin ich fest überzeugt,
absolut liebenswürdig und entgegenkommend.»
« < So süßlich fade und so aalglatt
dumm > – das ist es doch, was du sagen willst!»
«Nun, das Süße ist wenigstens etwas,
wofür man dankbar sein kann! Brauchst du deinen Schreibtisch? Ich muß Tante
Hendred und Lady Denny schreiben, und ich habe weder im kleinen Salon noch im
Frühstückszimmer den Kamin anzünden lassen.»
«Du hast sie nicht anzünden lassen?»
sagte er spitz.
«Wenn du nicht willst, daß ich einen
hysterischen Anfall bekomme, dann sei ja still!» bat Venetia und setzte sich
an den großen Schreibtisch. «Oh, Aubrey, was für eine gräßliche Feder! Bitte,
richte sie mir doch her!»
Er nahm die Feder und ein kleines
Messer vom Schreibtisch. Als er den Federkiel zurechtschnitt, sagte er abrupt:
«Schreibst du der Tante und den Dennys, daß Conway verheiratet ist?»
«Natürlich, und ich hoffe so sehr,
daß ich wenigstens bei Lady Denny mit der Nachricht als erste komme. Die Tante
dürfte es schon in der Gazette lesen – hat es vielleicht sogar schon,
denn dieses abscheuliche Frauenzimmer sagt mir, sie hätte die Vermählungsanzeige
eingeschickt, bevor sie London verließ! Man könnte wirklich meinen, sie hätte
damit noch ein paar Tage länger warten können, nachdem sie sich drei
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