Georgette Heyer
ich stelle mir vor, Ihre
Gnaden wird wünschen, Veränderungen vorzunehmen. Sicherlich zu verstehen – aber
ich bin nicht mehr so jung, wie ich war, und ich leugne das auch gar nicht, und
wenn Ihre Gnaden das Gefühl hat, daß ...»
Sie unterbrach ihn schnell: «Hat sie
nicht! Ja, ich weiß genau, was Sie mir eben sagen wollen, und Sie sind ein ganz
großer Dummkopf! Wie können Sie sich bloß einbilden, daß mein Bruder je einen
anderen Butler haben möchte als unseren lieben, guten Ribble!»
«Danke, Miss – Sie sind sehr lieb!»
sagte er mit etwas zitternder Stimme. «Aber wir haben gehofft – Mrs. Gurnard
und ich –, falls Sie vorhaben, Ihren eigenen Haushalt einzurichten, mit Master
Aubrey zusammen, wie Sie immer gesagt haben, dann möchten Sie vielleicht, daß
wir mit Ihnen gehen, was wir sehr gerne täten.»
Sie war sehr gerührt, sagte aber
aufmunternd: «O nein, nein! Wie könnten sie denn dann in Undershaw ohne euch
auskommen? Wie könnte ich so entsetzlich schlecht sein, euch meinem Bruder zu
stehlen? Ich denke nicht daran! Und wie glücklich ich auch in einem solchen
Fall darüber wäre, euch bei mir zu haben – ihr würdet euch fern von Undershaw elend
fühlen. Das weiß ich, und ihr wißt es auch.»
«Ja, Miss, und ich habe ja auch nie
daran gedacht, Undershaw zu verlassen, auch Mrs. Gurnard nicht, aber wir haben
nicht das Gefühl, daß wir bleiben könnten, nicht, wenn Mrs. Scorrier hierbleibt.
Und ebenso haben wir nicht das Gefühl, daß – nun, Miss, um offen zu sein, wenn
Sie mir die Freiheit verzeihen –, jeder kann doch sehen, woher der Wind weht,
und wir möchten nicht gern plötzlich hinausgeschmissen werden. Das aber kann
durchaus passieren, noch bevor Sir Conway seine Visage zeigt, wie er immer
sagt. Ich bin zu alt zum Umlernen, und wenn es so weit kommt, daß man mir sagt,
ich dürfe keine Befehle von Master Aubrey entgegennehmen, ohne daß Ihre Gnaden
zustimmt – na, Miss, eines Tages werde ich wirklich einfach nicht imstande
sein, meine Zunge im Zaum zu halten, und ich weiß sehr gut, das ist genau das,
worauf Mrs. Scorrier hofft, damit sie Ihre Gnaden bearbeiten kann, daß sie mich
fortjagt!»
«Das soll sie probieren!» sagte
Venetia mit flammenden Augen. «Ich kann Ihnen versichern, da holt sie sich
kalte Füße dabei! Ich glaube nicht, daß man Lady Lanyon zu so etwas bewegen
könnte, und falls es ihr doch gelänge, müßte ich ihr denn doch sagen, daß es
nicht in ihrer Macht steht, Sie zu entlassen. Bis zu Sir Conways Heimkehr bin
weiterhin ich die Herrin hier – und wenn er kommt, gebe ich Mrs. Scorrier eine
Woche, bevor er sie fortjagt! Nur Geduld, Ribble!»
Er sah allmählich etwas heiterer drein,
und als Venetia ihm – sehr unschicklicherweise – anvertraute, daß Conway Mrs.
Scorrier schon von Cambray verscheucht hatte, faßte er frischen Mut und
kicherte vor sich hin, als er sie verließ. Diesen Leckerbissen würde er
bestimmt Mrs. Gurnard und möglicherweise sogar Nurse weitergeben. Da es aber
unwahrscheinlich war, daß die Vorgesetzten einen von der jüngeren Dienerschaft
für würdig befinden würden, ihn in ihr Vertrauen zu ziehen, bedrückte Venetia
keinerlei Schuldbewußtsein.
Sie ging in den Garten und war eben
dabei, die verwelkten Blüten einiger Spätblüher abzuschneiden, als sie ihre
Schwägerin aus dem Haus
treten sah; Charlotte blieb zögernd stehen und blickte schüchtern uni sich, als fürchtete
sie, daß plötzlich irgendein Menschenfresser über sie herfallen würde. Venetia
winkte ihr zu, und als Charlotte auf sie zukam,
schlenderte sie ihr entgegen. Die junge Frau war in einen Schal gehüllt und
sah blaß und ziemlich mitgenommen aus. Sie sagte mit ihrem nervösen Lächeln:
«Oh, guten Morgen, Miss Lanyon – Venetia, meine ich! Ich dachte, ich könnte eine Runde durch den Garten
machen, oder – oder vielleicht gerade nur ein bißchen in der Sonne sitzen. Ich
habe etwas Kopfweh, und es war so heiß in der Küche, und ich kann nicht kochen
und weiß – und weiß auch keine Rezepte, daher schlüpfte ich hinaus. Mama – Mama
sagte Ihrer – deiner Köchin gerade, wie man Kalbfleisch auf französische Art zu
einem Ragout macht.»
«Wie gescheit von dir, daß du dich
gedrückt hast!» sagte Venetia lachend. «Ich kann mir das Schauspiel gut
vorstellen und hoffe nur, daß die Fleischaxt nicht griffbereit liegt!»
«Mama meint, sie sei eine sehr gute
Köchin!» sagte Charlotte schnell. «Sie machte ihr Komplimente über ihre Kuchen
und
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