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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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kürzlich unter Eurer
Lordschaft Schutz reiste. Ich fühle mich verpflichtet, Eure Lordschaft von
diesem Schritt in Kenntnis zu setzen, da Eure Lordschaft die Güte hatten, mich
ins Vertrauen zu ziehen. Miss Challoner erwies mir die Ehre, meinen Antrag
anzunehmen, und wir verlassen demzufolge unverzüglich Paris. Miss Challoner ist
sich zwar der hohen Auszeichnung bewußt, welche die Bewerbung Eurer Lordschaft
für sie bedeutet, vertritt jedoch nichtsdestoweniger die Ansicht, von einer
Heirat Abstand nehmen zu müssen, die sie in höchstem Maße unstandesgemäß
findet, und die ihrer Überzeugung nach von Anfang an dazu verurteilt wäre,
allen Beteiligten nur Unglück zu bringen. Da ich wohl richtig vermute, daß
Eurer Lordschaft diese ihre Gesinnung bekannt ist, erachte ich es (wobei ich
mich auf Miss Challoners ausdrückliche Versicherungen stütze) für unnotwendig,
Eure Lordschaft zu bitten, auf eventuelle ältere Ansprüche zu verzichten, die
mittlerweile zu einer Bedrohung von Miss Challoners Seelenfrieden geworden
sind.
    Davon
abgesehen, verbleibe ich höflichst Eurer Lordschaft ergebener Diener
    Frederick
Comyn»
    Vidal fluchte leise und ausgiebig, zur
grenzenlosen Bewunderung eines Lakaien, der dem mit virtuoser Geläufigkeit
vorgetragenen Repertoire andächtig lauschte. Dann begann er, seinen gesamten
Haushalt zu schikanieren, und innerhalb von zehn Minuten verbreitete sich wie
ein Lauffeuer die Nachricht, der Teufelsbalg sei völlig außer Rand und Band,
und man müsse noch vor Einbruch der Nacht mit einem Blutbad rechnen. Nach den
Befehlen zu schließen, die sich gewitterartig von seinen Lippen entluden,
beabsichtigte er, aus heiterem Himmel eine dringende Reise anzutreten, und als
er Fletcher auftrug, bei den Toren von Paris nachfragen zu lassen, ob heute
morgen ein Engländer in Begleitung einer Dame die Stadt verlassen hatte, war
sich niemand mehr über den Grund dieser plötzlichen Aufregung im unklaren.
    «Ich laß
mich hängen, wenn ich den Balg jemals so wild gesehen habe», bemerkte Mylords
Kammerdiener. «Und dabei kenne ich ihn nun doch schon ein paar Jährchen!»
    «Ich
schon», sagte ein Lakai träumerisch, «aber nicht wegen einer Frau. Und wenn du
mich fragst, war an der Mantoni entschieden mehr dran als jetzt an dieser, oder
zum Beispiel an dem Weibsstück, das er da vor längerer Zeit einmal angeschleppt
hat – wie hieß sie doch gleich, Horace? Na,. du weißt schon, die hübsche, die
ihm 'ne Kaffeekanne an den Kopf geschmissen hat, als sie wieder mal 'nen Koller
kriegte.»
    «Seit wann
darfst du mich einfach Horace nennen, mein Junge?» sagte Mr. Timms hochnäsig.
«Außerdem gebe ich dir den guten Rat – und als Kämmerer Seiner Lordschaft weiß
ich Bescheid, das schreib dir gefälligst hinter die Ohren –, Miss Challoner nicht
in einem Atemzug mit den anderen Schlampen in dein Schandmaul zu nehmen,
verstanden?»
    Damit begab
er sich majestätischen Schrittes die Treppe hinauf, um Vidals Mantelsack zu
packen, und erlitt den Schock seines Lebens, als er erfuhr, daß er seinen Herrn
nicht begleiten sollte. Auf seinen zaghaften Protest fragte ihn Mylord
rundheraus, ob er sich etwa einbilde, er könne sich nicht allein anziehen, was
der gute Timms denn auch pflichtschuldigst verneinte, obwohl genau das seine
Überzeugung war. Vor seinem geistigen Auge zogen – o schreckliche Vision für
den Gentleman eines Gentleman – gespenstergleich schlecht gebundene Krawatten,
strähniges, da der kunstvoll gehandhabten Lockenschere entbehrendes Haar und
nachlässig übergeworfene Röcke vorbei, und als Vidal gar Parfümdöschen,
Hasenpfote und Rougetiegel aus der Tasche warf, bat er Seine Lordschaft
inständig, doch Erbarmen mit seinem Zartgefühl zu haben.
    Vidal
lachte unwillig. «Was zum Kuckuck hat denn dein Zartgefühl damit zu tun?»
fragte er. «Ich brauche lediglich eine Garnitur zum Wechseln, mein Rasiermesser
und mein Nachtzeug.»
    Mr. Timms
war normalerweise ein ängstlicher Mensch, aber wenn es um seinen Beruf ging,
wurde er mutig wie ein Löwe. «Mylord», sagte er unerschütterlich, «es ist
allgemein bekannt, daß ich die Verantwortung für Eurer Lordschaft Toilette
trage. Ich habe meinen Stolz, Mylord, und wenn Sie sich, wie Sie es offenbar
wünschen, all diesen überheblichen Franzosen in einer Aufmachung zeigen, die
mir – ich bitte um Verzeihung – notgedrungen zur Schande gereichen muß, dann
könnte einen das schon in Versuchung bringen, sich glatt die Kehle
durchzuschneiden,

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