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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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Sir!»
    Vidal saß
noch in Hemdsärmeln auf einem Stuhl und zwängte seine Beine in die langen
Stulpenstiefel. Nun warf er seinem Faktotum einen leicht amüsiert glitzernden
Blick zu und meinte barsch: «Wenn du ei nen Herrn willst, den du anziehen
kannst wie einen dressierten Affen, suchst du dir besser jemand anderen. Mit
mir wirst du diesbezüglich nie viel Ehre einlegen.»
    «Mylord», antwortete
Mr. Timms, «darf ich mir die Freiheit erlauben, Ihnen zu versichern, daß es
weder in London noch in Paris einen Gentleman gibt, der seinem Kammerdiener
soviel Ehre einlegt wie Eure Lordschaft.»
    «Du
schmeichelst mir», sagte Vidal und griff nach seiner Weste.
    «Nein,
Mylord. Ich war drei Jahre bei Sir Jasper Trelawney, der seinerzeit den Ruf
genoß, ein eleganter Beau zu sein. Ah, was für eine Garderobe wir damals
hatten! Auf diesem Gebiet stand Sir Jasper einem Künstler an Phantasie nicht
nach! Aber die Schultern ließ er sich wattieren, daß es einem fast das Herz
brach, und als er sich dafür begeisterte, drei Pflästerchen im Gesicht zu
tragen, sah ich mich gezwungen, ihm den Dienst aufzusagen, denn schließlich
setzte er dabei meinen guten Ruf aufs Spiel!»
    «Guter
Gott!» stöhnte Vidal. «Hoffentlich sind meine Schultern keine Beleidigung für
dein empfindliches Auge, Timms?»
    «Wenn Sie
gestatten, Mylord – ich habe nie makellosere gesehen. Was immer sonst auch
nicht ganz in Ordnung sein mag – aber wie unsere Röcke passen, das ist
jedenfalls eine Augenweide.» Während er sprach, half er Mylord in eines dieser
Musterexemplare und strich beinahe zärtlich eine imaginäre Falte glatt. «Als
ich bei Lord Devenish war, Sir», sagte er, von Erinnerungen übermannt, «mußten
wir Seiner Lordschaft immer ein bißchen Sägemehl in die Strümpfe tun, um seine
dünnen Beine zu kaschieren, aber trotzdem waren sie nie von der Qualität, wie
man sie bei einem eleganten Herrn erwartet. Alles übrige an Seiner Lordschaft
war völlig einwandfrei. Ich glaube, mir ist nie eine schlankere Taille
untergekommen, und damals trug man die Röcke noch dazu sehr eng, mit einem
Fischbeinmieder. Aber knieabwärts war mit Seiner Lordschaft nicht mehr viel
los. Da machte es einem ja gar keine Freude mehr, ihn anzuziehen. Nichts gegen
Sägemehl, aber was ist das im Vergleich zu einer gutgeformten Wade.»
    «Wahrhaftig,
das leuchtet mir ein», sagte Vidal, der ihn starr vor Staunen betrachtete. «Du
scheinst mit deinen früheren Herren ja allerhand mitgemacht zu haben, Timms.»
    «Bei Gott,
Mylord, das kann man wohl sagen», antwortete Timms. «Mit Verlaub, darf ich
diese Schnalle richten. Nachdem ich Lord Devenish verließ, war ich eine Weile
beim jungen Mr. Harry Cheston. Schultern, Beine, Taille – alles ganz passabel.
Er kleidete sich tadellos – immer wie aus dem Ei gepellt, obwohl er für meinen
Geschmack Westen mit Lochstickerei zu sehr bevorzugte. Nein, bei ihm lag's
wieder an den Händen. Man
konnte sich noch so bemühen, Mylord, sie waren so katastrophal, daß sie auch
den besten Gesamteindruck zerstörten. Er schlief zwar jede Nacht in
Hühnerlederhandschuhen, aber es half nichts, sie blieben trotzdem rot wie bei
einem Fleischer.»
    Vidal ließ
sich in den Stuhl vor seinem Toilettentisch fallen, lehnte sich zurück und
musterte seinen Kammerdiener mit einem leisen Schmunzeln. «Du beunruhigst mich,
Timms, wirklich, du beunruhigst mich.»
    Mr. Timms
lächelte nachsichtig. «Dazu haben Eure Lordschaft keinerlei Veranlassung. Ich
könnte mir vorstellen, daß wir einen Ring tragen – nicht gleich den Inhalt
einer ganzen Schmuckschatulle, sondern einen Ring, vielleicht einen
Smaragd, denn dieser Stein eignet sich vorzüglich, die gepflegte Blässe der
Haut zu unterstreichen – aber da Eure Lordschaft eine unüberwindliche Abneigung
gegen Juwelen haben, müssen wir eben auf diesen letzten Schliff verzichten.
Die Hände selbst könnte ich mir – wenn Eure Lordschaft die Bemerkung gestatten
– nicht schöner wünschen.»
    Vidal
steckte die so Gepriesenen entnervt in seine Hosentaschen. «Komm, sprich dich
aus, Timms!» sagte er. «Da du so verteufelt hohe Anforderungen stellst – wo ist
bei mir das Haar in der Suppe? Heraus damit! Ich bin auf das Schlimmste
gefaßt.»
    Mr. Timms
beugte sich nieder, um einen von Mylords spiegelnden Stiefeln abzustauben.
«Eurer Lordschaft kann es kaum entgangen sein, wie elegant Eurer Lordschaft
ganze Erscheinung ist. In den fünfundzwanzig Jahren, die ich nun schon
Kammerdiener bin,

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