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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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mußte ich gewissermaßen ständig allerlei Übel bekämpfen.
Eure Lordschaft wäre sicher überrascht, wie eine einzige minderwertige
Kleinigkeit der modischsten Toilette schaden kann. Da war zum Beispiel der
Ehrenwerte Peter Hailing, Mylord; seine Röcke waren ihm so exakt auf den Leib
geschneidert, daß er sie ohne meine Hilfe und die von zwei Lakaien nicht anlegen
konnte. Er hatte traumhafte Beine, und auch sein Gesicht war keineswegs zu
verachten. Aber was nützte ihm das, wenn kein Halstuch der Welt verbergen
konnte, daß ihm der Kopf wie ein abgehackter Kürbis auf den Schultern saß. Oh,
es wäre mir ein leichtes, Eurer Lordschaft ein Dutzend solcher Fälle
aufzuzählen. Manchmal sind's die Schultern, dann wieder die Beine. Einmal stand
ich im Dienst eines Gentleman, der in höchst fataler Weise zur Korpulenz
neigte. Wenn ich daran denke, wie wir uns plagten, seine Fülle zu bändigen –
aber alles ohne Erfolg. Dabei sah er genauso gut aus wie Eure Lordschaft, wenn
ich mir diese Feststellung erlauben darf.»
    «Bring mich
nicht in Verlegenheit, Timms», sagte der Marquis zynisch. «Ich habe nicht den
Ehrgeiz, ein Adonis zu sein. Heraus damit! Wo liegt bei mir der Fehler?»
    «Eure
Lordschaft haben keinen», sagte Mr. Timms schlicht.
    «Wie?»
fragte Vidal verblüfft.
    «Nicht den
geringsten, Mylord. Vielleicht ein bißchen mehr Sorgfalt beim Arrangement der
Krawatte und ein etwas häufigerer Gebrauch von Lockenschere und Parfümdöschen –
ja, das wäre wünschenswert. Aber wir haben nichts zu verbergen. Eure Lordschaft
werden verstehen, daß der dauernde Kampf wider die Natur dazu angetan ist,
einen zu entmutigen. Als Eure Lordschaft einen Kammerdiener suchte, bewarb ich
mich um den Posten, weil ich zuversichtlich war, daß Eure Lordschaft trotz
einem – bei allem Respekt, Mylord – bedauerlichen Hang zur Nachlässigkeit über
eine so proportionierte Figur verfügen (von so erlesenen Einzelheiten wie
Gesicht und Händen ganz zu schweigen), daß es eine ungetrübte Quelle der Freude
sein mußte, sich dem Äußeren Eurer Lordschaft zu widmen.»
    «Du lieber
Himmel!» seufzte der Marquis.
    Mr. Timms
sagte schmeichelnd: «Wollen mir Eure Lordschaft nicht erlauben, ein
Pflästerchen – nur ein einziges Pflästerchen ...»
    Der Marquis
stand auf. «Begnüge dich mit meinen vollendeten Proportionen, Timms. Wo steckt
bloß dieser Fletcher?» Er eilte hinaus und rief laut nach seinem Majordomus,
der soeben gelassen die Treppe heraufkam. «Was ist, werden diese verdammten
Lakaien den ganzen Tag brauchen, bis sie ihren Auftrag erledigen?»
    «John ist
bereits zurück, Mylord. Die Porte Saint-Denis war eine Fehlanzeige, ebenso die
Porte Saint-Martin. Nun warte ich nur noch auf Robert und Mitchell, Mylord.
Sobald sie kommen, sage ich Eurer Lordschaft unverzüglich Bescheid.»
    «Aha,
demnach haben sie sich nicht nach Norden gewandt», meinte der Marquis
nachdenklich. «Er bringt sie also nicht nach England. Möchte wissen, was der
Kerl im Schilde führt.»
    Zehn
Minuten später erschien Fletcher zum zweitenmal und meldete mit
leidenschaftsloser Stimme: «Robert hat erfahren, daß eine Reisekalesche kurz
vor Mittag beim Port Royal Paris verließ. Die Insassen waren ein Engländer,
der sehr schlecht Französisch sprach, und eine Dame.»
    Die Finger
des Marquis krampften sich um seine Reitgerte. «Dijon!» knurrte er. «So eine
verfluchte Unverschämtheit! Laß mir den Braunen satteln, Fletcher, und schick
mir jemand, der eine Nachricht zu Miss Marling bringt.» Er setzte sich an den
Schreibtisch und tauchte die Feder ins Tintenfaß, um seiner Cousine nur eine
einzige Zeile zu kritzeln: «Sie sind unterwegs nach Dijon. Ich reise in einer
halben Stunde ab.» Nachdem er diese Botschaft einem Diener übergeben hatte,
nahm er seinen Hut und begab sich zu Foley, dem Bankier Seiner Gnaden, des Herzogs
von Avon.
    Als er nach
zwanzig Minuten zurückkam, stand seine leichte Reisekalesche bereits wartend
im Hof, und sein Reitknecht führte den Braunen auf und ab. Ein Lakai war
gerade im Begriff, zwei Hutschachteln in der Chaise zu verstauen, bei welcher
Tätigkeit ihm aber die in drohendem Ton vorgebrachte Frage, was, zum Teufel,
er da tue, Einhalt gebot.
    «Sie
gehören der Dame, Mylord», erklärte der Lakai ängstlich.
    «Dame?
Welcher Dame?»
    Vidals
Erstaunen verwandelte sich in Fassungslosigkeit, als in diesem Augenblick
seine Cousine aus dem großen Tor trat. Miss Marling trug ein entzückendes,
unter dem Kinn mit einer

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