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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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Wirt in einen kleinen Salon
führte. Ein Feuer knisterte im Kamin, und Juliana zog sich einen Stuhl heran,
um ihre klammen Finger über der
Glut zu wärmen.
    Bald darauf
erschien auch der Marquis. Er warf seinen Mantel über eine Sessellehne und trat
mit dem Stiefelabsatz in die glosenden Scheiter, daß sie knackend aufflammten.
«So ist's besser», sagte er kurz.
    «War das
notwendig?» fragte Miss Marling mit der Stimme einer Märtyrerin. «Jetzt raucht
es.»
    Ein Lächeln
huschte über sein Gesicht. «Du bist hungrig und fürchterlich gereizt, Ju.»
    Sie blies
empört die Backen auf. «Wundert dich das? Schließlich hast du mich abscheulich
behandelt.»
    «Quatsch!»
antwortete der Marquis.
    «Du hast
mich durchgerüttelt, daß mir buchstäblich die Zähne im Mund klapperten. Du hast
mich in deine widerliche Kutsche gestoßen, als wäre ich irgendein Gepäckstück,
und dann warst du nicht einmal so höflich, mir Gesellschaft zu leisten.»
    «Ich
benütze nie den Wagen, wenn ich reiten kann», sagte Seine Lordschaft gleichgültig.
    «Wenn Mary
Challoner an meiner Stelle gewesen wäre, hättest du bestimmt keine Sekunde
gezögert, deine idiotischen Prinzipien über den Haufen zu werfen!»
    Der Marquis
schneuzte soeben eine der Kerzen. Jetzt schaute er auf und betrachtete sie mit
einem amüsiert glitzernden Blick. «Das, meine Liebe, steht auf einem anderen
Blatt.»
    Miss
Marling erwiderte daraufhin rundheraus, er sei der gröbste Klotz, dem sie je
begegnet wäre, und als er lediglich lachte, traf sie Anstalten, eine längere
schwungvolle Rede vom Stapel zu lassen.
    «Verehrte
Cousine», unterbrach er sie kurzerhand, «willst du unsere beiden Ausreißer
einholen oder nicht?»
    «Natürlich!
Aber müssen wir deshalb fahren wie die Verrückten? Sie können Dijon ohnehin
erst in zwei oder drei Tagen erreichen. Was brauchen wir uns also derart zu
hetzen? Wir haben doch genug Zeit!»
    «Ich will
sie aber noch heute nacht erwischen», sagte Vidal grimmig. «Sie haben nur mehr
knappe drei Stunden Vorsprung.»
    «Was? So
schnell haben wir aufgeholt? Dann nehme ich alles zurück, Vidal. Los, wir
fahren sofort weiter!»
    «Zuerst
will ich zu Abend essen», sagte Seine Lordschaft.
    «Wie kannst
du bloß annehmen», fragte Juliana tragisch, «daß ich jetzt an so etwas auch nur denken kann?»
    «Weißt du»,
bemerkte der Marquis sanft, «du gehst mir entsetzlich auf die Nerven. Gibt es
eigentlich überhaupt etwas, womit du einverstanden bist? Einmal beklagst du
dich, daß ich dir zu schnell fahre, dann wieder plapperst du einen
haarsträubenden Unsinn, wie sehr du armes, sensibles Reh unter meinen
ungehobelten Manieren zu leiden hast, und zu guter Letzt verschmähst du einen
anständigen Imbiß, als wäre er vergiftet. Kurz gesagt, du benimmst dich wie die
Heldin in einem schmalzigen Melodrama.»
    Miss
Marling mußte auf eine Antwort verzichten, weil soeben zwei Diener eintraten,
um den Tisch zu decken. Als sie sich zurückzogen, sagte Juliana vorsichtig: «Du
hast ja eine Menge an mir auszusetzen, Vidal. Kannst du es mir denn verdenken,
daß ich aufgeregt bin? Bitte, es tut mir leid, daß ich mich über die
Geschwindigkeit beklagt habe, aber Stunde um Stunde allein in einer holpernden
Kutsche zu verbringen, hätte sicher sogar die Geduld einer Mary Challoner auf
eine harte Probe gestellt.»
    «Nein»,
sagte Seine Lordschaft. Die Erinnerung zauberte den Schatten eines Lächelns
auf sein Gesicht, aber gleich darauf verfinsterten sich seine Züge wieder.
«Komm her und setz dich.»
    Sie stand
gehorsam auf, beteuerte jedoch, ein Glas Wein würde völlig genügen, um sie ein
wenig zu beleben.
    «Wie du
willst, teure Cousine», meinte der Marquis gelassen.
    Miss
Marling nippte an ihrem Glas und sah Seiner Lordschaft zu, wie er den Kapaun
zerlegte. Sie schauderte und sagte, sie müsse sich wirklich über ihn wundern.
«Ich für meinen Teil», fügte sie hinzu, «hätte jedenfalls gedacht, daß es
keinem auch nur halbwegs feinfühligen Gentleman einfallen würde, sich ungeniert
vollzustopfen, während die Dame in seiner Gesellschaft ...»
    «Ah, aber
ich bin eben kein Gentleman», sagte der Marquis. «Ich habe es aus bester
Quelle, daß ich kein Ehren-, sondern nur ein Edelmann bin.»
    «Heilige
Muttergottes, Vidal, wer um alles in der Welt war so unverschämt, so etwas zu
behaupten?» rief seine Cousine, augenblicklich vom Thema abgelenkt.
    «Mary»,
antwortete Seine Lordschaft, indem er sich ein Glas Wein einschenkte.
    «Nun, wenn
du

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