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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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durchsetzen
können, aber da er, wie wir richtig voraussahen, im Château zu Gast ist und
sein Gastgeber – offenbar ein cholerischer Charakter – uns mit einer Frage
unterbrach, die ich mit meinen mangelhaften Französischkenntnissen nicht
verstand, ergab sich leider keine Möglichkeit dazu. Mr. Hammond befand sich
sichtlich in Verlegenheit, denn er wollte – und das finde ich durchaus verständlich
– dem Comte einen so zweifelhaften Besucher wie mich (diesen Eindruck mußte er
naturgemäß von mir gewinnen) anscheinend nicht vorstellen. Daher blieb mir
nichts anderes übrig, als mich zu verabschieden, was ich denn mit so viel
Anstand, wie es mir unter den ungeheuer peinlichen Umständen zu wahren gelang,
auch tat, wobei ich noch die Bitte aussprach, Mr. Hammond solle die Güte haben,
uns heute nachmittag seine Aufwartung zu machen.»
    Miss
Challoner hatte dieser Rede mit geradezu übermenschlicher Geduld gelauscht und
sagte schließlich, ängstlich darauf bedacht, nicht schnippisch zu wirken: «Und
wird er das tun, Sir?»
    «Ich denke
schon, Madam.» Ein Lächeln brachte Mr. Comyns korrekt gesammelte Züge
sekundenlang in Unordnung. «Als er zögerte, versicherte ich nämlich, noch
einmal in das Château zurückzukehren, um eine
weitere Unterredung mit ihm zu erbitten. Ein armer Priester, Madam, dem die
Begünstigung zuteil wurde, einen jungen Gentleman auf der
Grand Tour zu begleiten, muß selbstverständlich bei der Wahl der Leute,
mit denen er verkehrt, äußerst vorsichtig sein, und ich, Miss Challoner,
erschien ihm wohl als eine Person von so üblem Leumund, daß er bei der bloßen
Andeutung, ich würde ihn ein zweites Mal aufsuchen, meiner Bitte zustimmte.
Ich neige aber zu der Ansicht, daß er, wenn er
erst Ihre Bekanntschaft gemacht hat, die Dinge sicher in einem vorteilhafteren
Licht sehen wird.»
    Sie mußte
unwillkürlich lachen. «Ich fürchte, Sir, von uns beiden sind Sie mit Abstand
der respektablere. Wenn dieser ach so biedere Mr. Hammond meine – meine
beklagenswerte Geschichte kennt, dürfte ich kaum sein Wohlgefallen erregen.»
    «Er kennt
sie aber nicht, Madam. Obwohl ich alles andere als ein geschickter Lügner bin,
gelang es mir, den hochwürdigen Herrn zu täuschen. Mit Ihrer Erlaubnis werde
ich nun den Lunch bestellen.»
    «Vermutlich
gibt es im Augenblick nichts, was wir noch tun können», sagte Miss Challoner
gottergeben.
    Der Imbiß
wurde ihnen in ihrem Privatsalon serviert, doch Miss Challoner hatte offenbar
ihr gesunder Appetit verlassen. Sie war so überzeugt davon, daß der Marquis sie
verfolgen würde, daß sogar eine einstündige Verzögerung unerträglich an ihren
Nerven zerrte. Mr. Comyn meinte sanft, er wünschte, sie könnte ihm glauben,
daß Seine Lordschaft niemals in der Lage wäre, die Heirat zu verhindern, doch
Miss Challoner hatte immerhin schon genug Kostproben vom Temperament des
Marquis genossen, als daß sie sich hätte in Sicherheit wiegen können,
versuchte aber, da sie das Gefühl hatte, ihr zukünftiger Gatte hätte ohnehin
genug Sorgen, mit denen er fertig werden mußte, nicht ängstlich zu erscheinen.
Wie sollte sie auch wissen, daß ihre rücksichtsvolle Selbstbeherrschung gar
nicht notwendig gewesen wäre, weil Mr. Comyn im Grunde erwartete, das
«schwache Geschlecht» auch wirklich schwach zu sehen, und sich viel mehr als
Herr der Situation gefühlt hätte, wenn ihm die Genugtuung widerfahren wäre,
ihr den Trost seiner unerschrockenen Männlichkeit zu spenden. So aber erschien
ihm ihre Ruhe bloß als der Ausdruck eines phantasielosen Naturells, und statt
ihre Gelassenheit zu bewundern, überlegte er, ob sie dumm oder einfach nur
phlegmatisch war.
    Gegen drei
Uhr erwiesen sich Miss Challoners heimliche Befürchtungen als berechtigt, denn
Hufgeklapper und Räderrollen kündigten die Ankunft einer Kutsche an. Miss
Challoner wurde ziemlich blaß und streckte hilfesuchend die Hände nach Mr.
Comyn aus. «Das ist Mylord», sagte sie mit zitternder Stimme. «Ich flehe Sie
an, lassen Sie sich auf keinen Fall zu einem Duell zwingen! Ich könnte es nicht
ertragen, daß Sie meinetwegen so etwas auf sich nehmen!» Sie sprang auf und
schlang nervös die Finger ineinander. «Wenn wir doch nur schon verheiratet
wären!» sagte sie verzweifelt.
    «Madam,
falls das wirklich Seine Lordschaft ist, schlage ich vor, ihm zu erklären, wir
wären bereits getraut. Das wird Sie vor seinen Zudringlichkeiten
schützen.» Mr. Comyn erhob sich nun ebenfalls und blickte auf

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