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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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nicht gekommen wärst», sagte er. Er ließ ihre Hände los und befahl
dem Reitknecht, sein Pferd vor das Haus zu führen. Dann rief er Léonie kurz
über die Schulter zu: «Ich brauche meine Reitgerte», und verschwand in der
Herberge.
    Sie folgte
ihm durch den Gang zum Salon. Er trat rasch ein – zu rasch für Juliana und
ihren Frederick, die Hand in Hand auf der Ruhebank vor dem Kamin saßen.
    Der Marquis
warf ihnen einen flüchtigen Blick zu und nahm Mantel und Gerte. «Es war alles
ein Irrtum, Vidal!» sagte Juliana strahlend. «Wir lieben uns, und wir werden
beide schrecklich unglücklich, und wir werden nie, nie wieder streiten.»
    «Ich bin zu
Tränen gerührt», sagte Vidal. Er nickte Comyn zu, und in seinen Augen blitzte
es belustigt auf. «Erwarten Sie von mir, daß ich Ihnen gratuliere? Mein Gott,
ich hab sie drei Tage lang am Hals gehabt. An Ihrer Stelle würde ich sie
ordentlich versohlen.»
    Er wollte
wieder zur Tür hinaus, prallte jedoch fast mit seinem Onkel zusammen, der, eine
staubige Flasche in der einen und ein Glas in der anderen Hand, höchst vergnügt
herbeigeeilt kam.
    «Ah, du
bist's, Vidal?» rief er aufgeräumt. «Meiner Treu, bin verdammt froh, daß wir
uns in dieses Nest verirrt haben, wenn ich auch am Anfang dagegen war. Dieser
fette Wicht hat sechs Dutzend solcher Flaschen in seinem Keller – hab sie alle
gekauft. Und den besten Portwein, den ich je getrunken habe, noch dazu. Da,
koste mal, mein Junge.
    Bin
gespannt, was du sagst, wenn du diesen Tropfen über die Zunge rollst.» Er
schenkte ein Glas Burgunder ein und reichte es seinem Neffen.
    Der Marquis
stürzte es in einem Zug hinunter. «Nicht schlecht», meinte er.
    «Gott steh
dir bei, Junge, ist das eine Art, mit einem solchen Wein umzugehen?» sagte
Rupert schockiert. «Den Port brechen wir nach dem Dinner
an, und wenn du den auch so hinuntergießt, als wäre er nichts Besonderes, will
ich nichts mehr mit dir zu tun haben, hörst du?»
    «Ich bleibe
nicht zum Essen», antwortete der Marquis. «Aus dem Weg, Rupert, ich hab's eilig.»
    «Bleibst
nicht zum Essen?» fragte Seine Lordschaft verwundert. «Aber Vidal, es gibt
einen Kapaun und ein bißchen Kalbfleich und eine ganz
frische Wildpastete – ein Gedicht, kann ich dir sagen!» Sein Neffe schob ihn
beiseite und ging hinaus. Einen Moment war Rupert sprachlos, dann schüttelte
er mißbilligend den Kopf und murmelte: «Verrückt! Was heißt verrückt? Total
übergeschnappt!»
    «Du bist total übergeschnappt», sagte
Léonie mit Nachdruck. «Was fällt dir ein, diesen ganzen Wein zu kaufen? Wie willst
du ihn denn nach
England bringen? Ich setze mich auf keinen Fall mit sechs Dutzend Flaschen
Burgunder in eine Kutsche. Das ist überhaupt nicht comme il faut.«
    «Kann
schließlich 'ne eigene Kutsche dafür mieten, was?» antwortete Rupert. «Jetzt
reg dich bloß nicht auf, Léonie. Habe mich von dir um nichts
und wieder nichts durch ganz Frankreich schleppen lassen und mich mit keinem
Mucks beklagt. Gebe zu, mit Dijon hast du recht gehabt. Wenn du nicht darauf
bestanden hättest, hierher zu fahren, hätte ich nie diesen Burgunder entdeckt.
Aber jetzt, wo ich ihn endlich habe, nehme ich ihn auch nach London mit!»
    «Aber
Rupert, das ist doch nicht so wichtig ...»
    «Für mich
ist das viel wichtiger als Vidals blödsinnige Affären», sagte Seine Lordschaft
streng. «Immerhin hat's einen Sinn, nach Dijon zu reisen, um einen solchen Wein
zu kaufen.»
    Mr. Comyn,
der ihn bisher in stummer Verwunderung angestarrt hatte, wagte nun zu fragen:
«Eine eigene Kutsche, nur um Wein zu transportieren?»
    «Warum
nicht?» fragte Seine Lordschaft.
    «Aber ...»
Mr. Comyn war am Ende seiner Weisheit.
    «Eh
bien, wenn du eine
Kutsche dafür mietest, habe ich nichts dagegen», sagte Léonie zufrieden.
«Scheint mir sogar eine ausgezeichnete Idee zu sein.»
    Mr. Comyn
stützte den Kopf in die Hände und brach in schallendes Gelächter aus.

18
    Miss Challoner hatte viel Zeit zum
Nachdenken, während die Postkutsche langsam Pont-de-Moine entgegenholperte,
und schon nach wenigen Meilen, als ihre erste ungestüme Erregung, die sie zu
einer Flucht um jeden Preis angetrieben hatte, verraucht war, packte sie mit
voller Wucht die Angst vor den Folgen ihrer Handlungsweise. Ihre Mittel waren
jämmerlich zusammengeschrumpft, und sie fürchtete, daß die Kosten eines
Nachtquartiers auch die letzten armseligen Heller verschlingen würden, die sie
noch leihweise von Miss Marling besaß.
    Sie wußte
nicht,

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