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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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herumkriegen, aber wenn du glaubst, daß dein alter Herr sich das
bieten läßt, kennst du ihn schlecht. Gott, wenn ich nur mit der ganzen Sache
nichts zu tun hätte!» Plötzlich bemerkte er den keineswegs salonfähigen Aufzug
seines Neffen. «Um Himmels willen, Junge, du bist ja halbnackt!»
    Vidal
lachte und setzte sich, um seine Stiefel anzuziehen. Lord Rupert spähte
interessiert durch sein Monokel. «Hast du die bei Haspener anfertigen lassen?»
    «Pah!»
sagte der Marquis verächtlich. «Sag bloß, du läßt noch immer bei ihm arbeiten?
Nein, die hier sind von Martin's.»
    «Aha,
Martin. Hätte nicht übel Lust, mir ein Paar zu bestellen. Deine Röcke sind ja
nicht besonders, und deine Halsbindenschnalle gefällt mir auch nicht, deine
Hüte sind für mich zu jugendlich, und deine Westen finde ich phantasielos, aber
eines muß ich sagen: deine Stiefel sind ganz große Klasse, haben in London
nicht ihresgleichen. Und dieser Glanz! Kaum zu fassen! Womit wichst sie dein
Bursche eigentlich? Habe mal 'ne Paste mit Champagner probiert, war aber nicht
so gut wie ich dachte.»
    Mr. Hammond
unterbrach diese Fachsimpelei mit offenkundiger Gereiztheit. «Sir, ist das der
Moment, über die Vorzüge Ihrer Stiefellieferanten zu diskutieren? Lord Vidal!
Mr. Comyn hat mir, da ich darauf be stand, diese außergewöhnliche Situation
erklärt.»
    «So, so,
hat er das?» sagte der Marquis, indem er sich suchend nach seinem Rock
umblickte.
    «Na, und
wie flüssig noch dazu», nickte Lord Rupert. »Weißt du, Vidal, es ist zwar ein
Jammer, aber du kannst die Kleine nicht heiraten. Mußt an den Namen denken, und
was noch wichtiger ist, an Justin.»
    Mr. Hammond
schoß ihm einen vernichtenden Blick zu, richtete aber das Wort an den Marquis.
«Mylord, diese Erklärung erfüllt mich mit Schrecken, ja man kann sagen,
Entsetzen, über die Ungehörigkeit von Eurer Lordschaft Benehmen. Mein Instinkt
warnt mich, mir an dieser Affäre die Finger zu verbrennen, und wenn ich mich
erweichen lasse, dann keinesfalls, um einem Menschen gefällig zu sein, dessen
Lebensweise mich zutiefst abstößt, sondern einzig und allein aus Erbarmen mit
dieser unglücklichen jungen Frau, deren anständigen Namen Sie beschmutzt
haben, und im Interesse der Moral.»
    Lord Rupert
brachte mit einem Ruck sein Monokel zum Stillstand, das er bis jetzt um einen
Finger hatte kreisen lassen. «Verdammich, ich an deiner Stelle würde mich von
diesem Flegel nicht trauen lassen, Vidal!» sagte er entrüstet. «Nicht, daß ich
damit meine, du sollst dich überhaupt trauen lassen, weil ja schon der bloße
Gedanke völlig idiotisch ist.»
    Vidal
zuckte die Schultern. «Meinetwegen kann er von mir halten, was er will, solange
er tut, was ich ihm sage.»
    «Na, ich
weiß nicht», erwiderte Seine Lordschaft. «Tief bist du gesunken, mein Junge,
wenn du jedem hergelaufenen Pfaffen erlaubst, dir 'ne Moralpredigt zu halten.
Also in meines Vaters Zeiten – du hast ihn ja nie gekannt, aber er war schon
ein verdammt jähzorniger Teufel, meiner Treu – wo war ich doch gleich? Ach ja,
also wenn der Kaplan was sagte, was ihm gegen den Strich ging – und da konnte
er auf der Kanzel stehen, wohlgemerkt! –, warf ihm mein alter Herr die Schnupftabaksdose
an den Schädel oder was er eben sonst grade zur Hand hatte ... Was ist denn
nun schon wieder los?»
    Die
Herzogin hatte eilig den Salon betreten. «Sie ist nicht da, mon fils», verkündete
sie nicht ohne eine gewisse Erleichterung.
    «Was?» fuhr
Vidal auf. «Nicht da?»
    «Nein, sie
ist nicht mehr im Haus. Ich weiß nicht, wohin sie verschwunden ist – niemand
weiß das.»
    Der Marquis
stieß sie beinahe um, so heftig stürzte er an ihr vorbei und aus dem Zimmer.
Léonie seufzte und schaute Rupert an. «Ich kann mir nicht helfen, es freut
mich, daß es sich so ergibt», gestand sie. «Aber warum läuft sie nur immerzu
fort? Das kann ich einfach nicht begreifen.»
    Juliana,
die die ganze Zeit über stumm neben dem Kamin gesessen war, ließ sich
nun plötzlich vernehmen. «Du willst nicht, daß Vidal sie heiratet, Tante
Léonie, aber sie ist wirklich die richtige für ihn. Sie liebt ihn auch.»
    «Eh
bien, wenn sie ihn
liebt, verstehe ich um so weniger, warum sie ihm dauernd davonläuft.»
    «Sie glaubt,
sie ist nicht gut genug für ihn.»
    Mr. Hammond
nahm seinen Hut. «Da ich sehe, daß das bedauernswerte Mädchen, dem ich helfen
wollte, abgereist ist, darf ich mich nun wohl verabschieden. Es hätte mir
ohnehin sehr widerstrebt, diese

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