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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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zögerte. «Sir, ich kann doch oben einen Teller Suppe ...»
    «Sie werden
es bestimmt amüsanter finden, mir Gesellschaft zu leisten», sagte er. «Ich
darf Ihre Bedenken damit entkräften, daß ich das Vergnügen habe, Ihren
Großvater zu kennen.»
    Miss
Challoner erblaßte. «Meinen Großvater?» fragte sie rasch.
    «Gewiß.
Soviel ich hörte, ist Ihr Name Challoner. Ich kenne Sir Giles bereits seit
vierzig Jahren. Erlauben Sie mir noch, zu bemerken, daß Sie ihm sehr ähnlich
sehen.»
    Miss
Challoner unterdrückte ihren ersten Impuls, jede Verwandtschaft mit Sir Giles
abzustreiten, sondern stand nur stumm und äußerst verlegen da.
    Der
Gentleman lächelte schwach. «Sehr klug», meinte er leichthin. Es verriet seinen
unglaublichen Scharfsinn, als er hinzufügte: «Sie hätten mich
nie davon überzeugen können, nicht seine Enkelin zu sein. Darf ich vorschlagen,
daß Sie nun dieser ehrenwerten Dame nach oben folgen? Ich sehe Sie dann später
– ganz nach Ihrem Belieben.»
    Miss
Challoner mußte unwillkürlich lachen. «Wie Sie wünschen, Sir», erwiderte sie,
knickste und stieg im Kielwasser der Wirtin die Treppe hinauf.
    Sie wurde,
wie sie vermutete, in eines der besten Zimmer geführt, und ein Mädchen brachte
ihr einen Messingkrug mit Wasser. Sie leerte ihr Retikül auf dem Toilettentisch
aus und betrachtete mit leiser Reue die vor ihr ausgebreiteten Schätze. Zum
Glück hatte sie ein frisches Halstuch eingesteckt, mit dem sie, wenn sie es
sorgfältig um die Schultern drapierte, den Riß in ihrem Kleid verdecken konnte.
Sie kämmte ihr Haar aus, um sich frisch zu frisieren, wusch sich Gesicht und
Hände und ging wieder in die Halle hinunter.
    Die
Anwesenheit eines Landsmanns war eine göttliche Fügung, daß er aber ihren
Großvater kannte und somit auch sie, eine Katastrophe. Miss Challoner hatte
keine Ahnung, was sie ihm sagen würde, aber irgendeine Erklärung mußte sie ihm
geben, das stand fest.
    Der Wirt
erwartete sie am Fuß der Treppe und begrüßte sie nun mit ebensoviel Respekt,
wie er ihr früher Verachtung gezeigt hatte. Er führte sie zu einer der Türen,
die ihr bei ihrer Ankunft aufgefallen waren, und gleich darauf betrat sie einen
großen Salon.
    Der Tisch
in der Mitte des Raumes war bereits gedeckt. Ganze Bündel von Wachskerzen in massiven
Leuchtern verbreiteten strahlende Helligkeit. Miss Challoners neuer Freund
stand am Kamin, doch nun kam er ihr entgegen, und als er ihre Hand ergriff,
fiel ihm sofort auf, wie kalt sie war. Sie gestand, daß sie seit ihrer Fahrt in
der zugigen Kutsche noch immer ein wenig fror, und ging zum Feuer, um ihre
Finger über der Glut zu wärmen. «Ach, das tut gut, Sir», sagte sie, indem sie
zu ihm auflächelte. «Es war wirklich sehr freundlich von Ihnen, mich zum Essen
einzuladen.»
    Er
betrachtete sie mit einem rätselhaften Blick. «Sie werden mir später erklären,
wie ich Ihnen weiter behilflich sein kann», meinte er. «Wollen Sie jetzt nicht
Platz nehmen?»
    Sie setzte
sich zu seiner rechten Hand zu Tisch. Ein livrierter Diener trat geräuschlos
ein und servierte ihnen die Suppe. Er wäre hinter dem Stuhl seines Herrn
stehengeblieben, wurde jedoch durch einen Wink entlassen.
    Als Miss
Challoner ihre Suppe trank, kam ihr plötzlich zu Bewußtsein, wie lange es
schon her war, daß sie das letzte Mal etwas zu sich genommen hatte. Es
erleichterte sie, daß ihr Gastgeber offenbar nicht auf einer sofortigen
Erklärung bestand, sondern statt dessen zuvorkommend über eine Menge
unpersönlicher Dinge plauderte. Er hatte eine sarkastische Art,
die sie sehr amüsant fand, und in ihren Augen blitzte oft ein Lächeln auf. Da
sie im Gegensatz zu ihrer Freundin Juliana ihre Zeit im Internat
nicht verschwendet hatte, verfügte sie über ein umfangreiches Wissen und
brauchte sich daher nicht nur aufs Zuhören zu beschränken, sondern konnte
ihrerseits auch einen Teil zur Unterhaltung beitragen.
    Als die
Nachspeise serviert wurde, verstanden sich die beiden ungleichen
Tischgenossen bereits blendend, und Miss Challoner hatte ihre anfängliche
Scheu gänzlich überwunden. Ihr Gastgeber ermutigte sie zum Sprechen,
während er sich in seinen Stuhl zurücklehnte und sie, an seinem Wein
nippend, beobachtete. Zuerst war ihr sein prüfender Blick ein wenig unangenehm
gewesen, vor allem, weil sein Gesicht absolut nichts von
seinen Gedanken verriet. Doch sie war nicht der Typ, der sich leicht in
Verlegenheit bringen ließ, und schaute ihn, wann immer es die Gelegenheit
erforderte,

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