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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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es doch nicht etwa versuchen!» sagte der Marquis hastig. Er
zögerte; die Gewitterwolken auf seiner Stirn hatten sich noch nicht verzogen,
aber in seinen Augen stand ein weicherer Ausdruck.
    «Tu deinen
Gefühlen keinen Zwang an», sagte Avon. «Du wirst feststellen, daß ich ziemlich
hart im Nehmen bin.»
    Der Marquis
ließ die Türklinke los und kam zu seinem Vater zurück. «Verzeihen Sie mir,
Sir.» Er nahm Avons Hand in die seine und beugte sich darüber.
    «Adieu,
mon père.»
    «Sagen wir
lieber, au revoir», erwiderte Avon. «Ich verzichte darauf, dir meinen
Segen zu erteilen, denn ich glaube nicht, daß er dir auch nur im geringsten
nützen würde.»
    Damit
trennten sie sich in stillschweigendem Einverständnis. Vidals Unterredung mit
seiner Mutter dauerte viel länger und verlief für ihn wesentlich unangenehmer,
denn Leonie überhäufte ihn keineswegs mit Vorwürfen, sondern war ganz einfach
unglücklich, und der Marquis haßte es, sie in einem solchen Zustand zu sehen.
    «Es ist
mein verdammtes Temperament, maman», sagte er reuig.
    Sie nickte.
«Ja, ich weiß. Das macht mich ja so traurig. Es hilft nichts, wenn die Leute
sagen, du bist ein Teufel wie alle Alastairs, weil ich ge nau weiß, daß du es
von mir hast, mon pauvre. In meiner Familie fließt viel böses Blut.» Sie
schüttelte traurig den Kopf. «M. de Saint-Vire – mein Vater hatte einen ganz
abscheulichen Charakter. Und was für ein Heißsporn er war! Am Ende hat er sich
erschossen, und das war das Beste, was er tun konnte. Er war rothaarig, so wie
ich.»
    «Diese
Entschuldigung habe ich nicht», sagte ihr Sohn grinsend.
    «Nein, aber
du benimmst dich genauso, wie ich es gern täte, wenn ich wütend bin», sagte
Leonie aufrichtig. «Als ich jung war, fand ich unerhörten Gefallen daran,
jemanden umzubringen. Natürlich habe ich nie wirklich jemanden getötet, aber
mein Gott, wie oft hatte ich Lust dazu! Einmal wollte ich meinen Vater
erschießen – Rupert war ganz entsetzt darüber –, das war, als M. de Saint-Vire
mich entführte und Rupert als rettender Engel erschien – nur kam Monseigneur
dazwischen, und er wollte es mir leider nicht erlauben.» Sie hielt inne und
runzelte die Stirn. «Siehst du, Dominique, ich bin keine Respektsperson, und du
auch nicht. Dabei habe ich mir so sehr gewünscht, daß du ein solider Mensch
wirst.»
    «Es tut mir
leid, maman. Aber es waren wohl weder väterlicher- noch
mütterlicherseits die Voraussetzungen dafür gegeben.»
    «Ah, die
Alastairs sind aus einem ganz anderen Holz geschnitzt», sagte Leonie rasch.
«Niemand nimmt Anstoß daran, wenn du af faires hast. Natürlich, wenn du
es zu arg treibst, wird man sagen, du bist ein Schürzenjäger, aber das ist
durchaus Mode und beileibe nichts Schlimmes. Nur wenn man wie du etwas macht,
was die anderen Leute nicht tun, und einen Skandal provoziert, hört sich der
Spaß plötzlich auf.»
    Er schaute
mit einem kleinen Lächeln auf sie nieder. «Was soll ich tun, maman? Wenn
ich dir beteure, mich zu ändern, kann ich mein Versprechen sicher nicht
halten.»
    Sie nahm
schmeichelnd seine Hand. «Nun, ich habe nachgedacht, Dominique. Vielleicht
wäre es das beste für dich, wenn du dich verlieben und heiraten würdest», sagte
sie vertraulich. «Ich spreche zwar nicht gern darüber, aber es stimmt schon,
daß Monseigneur vor unserer Hochzeit ein großer Wüstling war. A vrai dire, er
genoß einen Ruf von jener Art, über die man lieber schweigt. Als er mich zu
seinem Pagen und später zu seinem Mündel machte, geschah das nicht aus Güte,
sondern weil er sich an M. de Saint-Vire rächen wollte. Nur merkte er dann
eben, daß er mich gern heiraten würde, und weißt du, von dem Moment an hat er
alle seine schlechten Gewohnheiten aufgegeben. Ich kann mich nicht erinnern,
daß ich jemals Grund zur Klage gehabt hätte.»
    «Aber, maman, ich darf doch nie erwarten, daß mir eine Frau wie du über den Weg läuft.
Wenn das aber der Fall sein sollte, dann verspreche ich dir, daß ich sie
sofort heirate.»
    «Das wäre
ein großer Fehler», sagte Leonie weise. «Eine Frau wie ich würde überhaupt
nicht zu dir passen.»
    Er ging
nicht weiter auf dieses Thema ein. Über eine Stunde blieb er noch bei ihr, und
es schien, als brächte sie es nicht übers Herz, ihn gehen zu lassen. Als er
sich schließlich losriß, wußte er, daß sie sich trotz ihres tapferen Lächelns
die Augen ausweinen würde, sobald er die Tür hinter sich schloß. Er hatte ihr sein
Wort gegeben, London

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