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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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konnte, faßte er sie um die Mitte und hob sie
mühelos herab. Den Bruchteil einer Sekunde fühlte sie sich völlig hilflos und
ärgerte sich, daß er ihr so gar nicht unangenehm war.
    «Hinein mit
dir, Süße», sagte er fröhlich. «Du hast gerade Zeit für eine Tasse Kaffee, dann
muß ich dich an Bord schaffen.»
    Ein
behäbiger Wirt hieß sie mit einer Verbeugung willkommen. Während sie ihn durch
die Schlitze ihrer Maske betrachtete, glaubte sie einen verschmitzten Ausdruck
in seiner diskreten Miene zu entdecken, und es gab ihr einen Stich, als sie
daraus schloß, daß sie nicht das erste weibliche Wesen war, das Lord Vidal in
diesen Gasthof brachte.
    Der Wirt
führte die Ankömmlinge in eine Stube mit Ausblick aufs Meer und nahm
schmunzelnd und mit unzähligen Bücklingen Vidals Befehle entgegen. Mary trat an
den Kamin und kehrte ihnen den Rükken zu.
    «Ja,
Mylord, ja!» sagte der Wirt. «Kaffee für die Dame und ein Brötchen, und einen
Krug Dünnbier für Eure Lordschaft. Sehr wohl, Mylord. Sofort, sofort!»
    «Dann hebe
dich hinweg», sagte Vidal, «sonst versäume ich die Flut.»
    «Mylord,
ich fliege!» versicherte ihm der Wirt und watschelte geschäftig hinaus.
    Mary hörte
die Tür ins Schloß fallen und wandte sich um. Vidal hatte Reitgerte und
Handschuhe auf den Tisch geworfen und betrachtete sie amüsiert. «Nun, meine
kleine Sphinx?» sagte er. «Nimmst du jetzt die Maske ab, oder muß ich es tun?»
    Sie
nestelte an den Schnüren. «Ich glaube, sie hat ihren Zweck erfüllt», sagte
sie, indem sie die Kapuze zurückschlug.
    Das Lächeln
gefror auf seinem Gesicht, er starrte sie an. «Was, zum Teufel–?»
    Sie zog den
Umhang von den Schultern und legte ihn sorgfältig über einen Stuhl. Die Pistole
hatte sie über ihrer Rolle völlig vergessen. Sie versuchte, Sophias
schelmisches Lächeln nachzuahmen, und hoffte nur, daß es ihr halbwegs gelang.
    «Ach,
Mylord, es ist wirklich kein Kunststück, Sie an der Nase herumzuführen!»
meinte sie und kicherte dabei wie ihre Schwester.
    Er stürzte
auf sie zu und packte sie brutal an den Handgelenken. «So, glauben Sie? Na, das
werden wir ja sehen. Wo ist Sophia?»
    «Oh, wo
sollte sie schon sein, wenn nicht in ihrem Bett?» antwortete Mary. «Gott,
haben wir gelacht, als sie mir ihren Brief zeigte! Sie wollte Ihnen unbedingt
einen Streich spielen, um Sie für Ihre Unverschämtheit zu bestrafen! Also
steckten wir die Köpfe zusammen und heckten diesen Plan aus. Sie wird sich
halbtot lachen, wenn ich ihr erzähle, wie ahnungslos Sie waren, daß ich an
ihrer Stelle in der Kutsche saß!» Miss Challoners Stimme zitterte zwar ein
bißchen, aber sie traf den frivolen, eine Spur vulgären Ton recht gut. Dabei
dachte sie insgeheim – lieber Himmel, will er mich umbringen?
    In seinen
Augen flammte tatsächlich blanke Mordlust, und ihre Handgelenke schmerzten, so
fest hielt er sie umklammert. «Ein Spaß ist das also?» fragte er. «War das
Sophias Idee oder Ihre? Antworten Sie!»
    Es fiel ihr
schwer, ihrer Rolle treu zu bleiben, aber sie riß sich zusammen und erklärte
leichthin: «Nun ja, Sie sehen doch, wer Sie gefoppt hat, nicht? Aber ich kann
wohl sagen, daß mir sicherlich etwas Ähnliches eingefallen wäre, wenn sie
nicht als erste daran gedacht hätte.»
    «Sie war
diejenige?» unterbrach er ihren Redeschwall.
    «Ja»,
nickte sie. «Dabei wollte es mir zuerst gar nicht gefallen, nur als sie mir
drohte, sie würde sich an Eliza Matcham wenden, habe ich zugestimmt.» Sie
schielte verstohlen zu ihm auf, wagte aber nicht, ihm in die Augen zu schauen.
«Sie haben sich eben getäuscht, Mylord – Sophia ist nicht so leicht zu
verführen. Natürlich hat sie Sie anfangs ziemlich ermutigt. Aber als sie
merkte, daß Sie keineswegs an eine Heirat denken, beschloß sie, Ihnen eine
Lektion zu erteilen!»
    «Eine
Heirat!» rief er, indem er lachend den Kopf zurückwarf. «Eine Heirat! Bei Gott,
das ist köstlich!»
    Auf ihren
Wangen brannten rote Flecken. Sein Gelächter hatte einen höhnischen, bösen
Klang, und es paßte zu ihm, denn er kam ihr in diesem Moment vor wie ein
Teufel.
    Ganz plötzlich
ließ er sie los und warf sich in einen der Stühle, die um den Tisch standen.
Der mordlustige Ausdruck war von seinem Gesicht verschwunden, doch dafür stand
in seinen halbgeschlossenen Augen ein Funkeln, das ihr noch viel größere Angst
einjagte und bestimmt nichts Gutes verhieß. Er musterte sie ungeniert, und sie
spürte, wie er sie mit seinen Blicken entkleidete. Das

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