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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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Die beiden sind sich überhaupt nicht ähnlich. Sie ist eine Dame. Du
kennst sie übrigens.»
    «Auf keinen
Fall», widersprach Miss Marlin mit Nachdruck. «Mama würde nie erlauben, daß ich
ein Frauenzimmer von der Sorte kenne, die mit dir durchbrennt, Dominic.»
    «Hör auf,
mich zu unterbrechen!» befahl Vidal. «Ich wollte die andere Schwester nach
Paris mitnehmen, da ich gezwungen war, England zu verlassen ...»
    «Grundgütiger
Himmel, was hast du denn getan, daß du nicht in England bleiben kannst?» rief
Miss Marling.
    «Ich habe
jemanden im Duell erschossen, aber das ist nicht wichtig. Die hübsche Blonde
sollte mich begleiten, aber die andere hat Wind davon bekommen und sich an
ihrer Stelle in die Kutsche gesetzt, um die Jüngere vor einem Skandal zu
bewahren.»
    «Vermutlich
hatte sie es selbst auf dich abgesehen», sagte die skeptische Miss Marling.
    «Ganz im
Gegenteil – dazu ist sie viel zu prüde. Ich habe den Schwindel erst in
Newhaven entdeckt. Sie versuchte mir einzureden, daß Sophia mir damit einen
Streich spielen wollte, und ich habe ihr geglaubt.» Er blickte finster auf den
Fächer nieder, den er noch immer in der Hand hielt. «Du kennst mich ja, wie ich
bin, wenn mir mein verdammtes Temperament durchgeht, Ju.» Miss Marlin
schüttelte sich in dramatischem Entsetzen. «Na ja, jedenfalls ist es passiert.
Ich habe das Mädchen gezwungen, an Bord der Albatross zu gehen und nach
Frankreich mitzu fahren. In Dieppe ist mir dann mein Irrtum klargeworden. Sie
war beileibe keine Sophia, sondern eine Dame, und noch dazu eine tugendhafte.»
    «Ich möchte
wetten, sie hat die Situation trotzdem wahnsinnig genossen», seufzte Miss
Marling. «Mir wenigstens hätte es bestimmt gefallen.»
    «Garantiert»,
sagte Seine Lordschaft strafend. «Aber dieses Mädchen ist eine vernünftige
Person. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zu heiraten, und zwar so
rasch wie möglich. Bis es soweit ist, möchte ich, daß du dich ihrer annimmst.»
    «Vidal, daß
du einmal romantische Anwandlungen erleidest, das hätte ich mir nie im Leben
träumen lassen!» erklärte Miss Marlin. «Aber jetzt verrate mir endlich ihren
Namen!»
    «Challoner
– Mary Challoner», sagte der Marquis.
    Sie wäre
vor Überraschung beinah aufgesprungen. «Mary! Was, meine Mary, von der
ich nichts mehr gehört habe, seit wir das Internat verlassen haben? Dominic, du
widerliches, ekelhaftes Biest! Wo ist sie? Wenn du sie erschreckt hast,
spreche ich nie wieder ein Wort mit dir!»
    «Erschreckt?»
fragte er. «Miss Challoner erschreckt? Wenn du das glaubst, kennst du sie
herzlich schlecht. Sie ist die kaltblütigste Frau, der ich je begegnet bin.»
    «Oh, bring
mich sofort zu ihr!» bat seine Cousine. «Ich möchte sie furchtbar gern
wiedersehen. Wo ist sie?»
    «Im Hotel
Avon. Und jetzt hör mir gut zu.»
    Er erklärte
ihr seinen Plan; sie nickte beifällig und schleppte ihn dann schnurstracks in
den Spielsalon, wo Mme. de Charbonne beim Euchre saß. «Tante, da ist Vidal!»
verkündete sie.
    Madame
reichte ihm mit einem geistesabwesenden Lächeln die Hand. «Cher Dominique!» murmelte
sie. «Man hat mir schon erzählt, daß du hier bist. Komm mich doch morgen
besuchen.»
    «Tante,
stell dir nur vor! – Vidal sagte mir eben, daß sich eine meiner besten
Freundinnen in Paris aufhält. Tante, bitte hör mir zu! Ich gehe jetzt gleich,
damit ich sie noch treffe, denn Vidal sagt, sie fährt morgen mit ihrer Tante
nach England zurück.»
    «Was soll
das heißen – jetzt gleich?» fragte Madame indigniert.
    «Vidal wird
mich begleiten. Du weißt doch, Mama vertraut ihm bedingungslos. Und wenn ich
Mary gesehen habe, bringt er mich nach Hause. Also warte nicht auf mich, ja,
Tante Elisabeth? Nicht hier, meine ich.»
    «Das ist
alles sehr unschicklich», sagte Madame vorwurfsvoll. «Außerdem unterbrichst du
das Spiel, meine Liebe. Nimm sie schon mit, Dominique, und kommt nicht zu
spät.»
    Eine halbe
Stunde später wurde Miss Challoner, die vor dem Kamin döste, vom
Geräusch einer sich öffnenden Tür geweckt und erkannte aufblickend ihre
Freundin Juliana, die auf sie zustürzte. «Juliana!» rief sie überglücklich.
    «Mary!»
quiekte Juliana und warf sich in Miss Challoners Arme.

10
    Mrs. Challoners Gefühle bei der Lektüre
des Briefes ihrer älteren Tochter drückten sich in einer Reihe von sehr
spitzen, durchdringenden Schreien aus, die Sophia veranlaßten, besorgt in ihr
Zimmer zu stürzen. «Lies das!» schnaubte die empörte Mutter und

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