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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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heißen soll, daß ich sie nicht für würdig halte, auch
die allerhöchsten Ehren zu empfangen – und anerkennt sie als Tochter (noch
dazu, wo sie doch so ein süßes, pflichtbewußtes Ding ist, und außerdem in
einem sehr vornehmen Institut erzogen), ohne sich lang dagegen zu sträuben.»
    «Gute
Frau», sagte Fanny mitleidig, «wenn Sie sich einbilden, daß Avon irgend etwas
in der Hinsicht tun wird, sind Sie gräßlich auf dem Holzweg. Der 'Funken
Anstand', wie Sie es nannten, fehlt ihm nämlich völlig, und wenn er für die
Erziehung des Mädchens gesorgt hat (was ich Ihren Ausführungen entnehme), so
überrascht mich das außerordentlich, und Sie können sich deshalb glücklich
preisen.»
    «Für ihre
Erziehung gesorgt?» Mrs. Challoner rang nach Atem. «Er hat sie nie gesehen!
Wovon um Himmels willen sprechen Sie eigentlich, Mylady?»
    Fanny
blickte sie einen Moment scharf an. Mrs. Challoners Ratlosigkeit stand ihr
deutlich im Gesicht geschrieben. Dann sagte sie: «Nehmen Sie bitte Platz», und
Mrs. Challoner kam der Aufforderung dankbar nach.
    «Und jetzt
erklären Sie mir gefälligst klipp und klar, was Sie wollen», befahl Ihre
Ladyschaft. «Ist dieses Mädchen nun Avons Kind oder nicht?»
    Mrs.
Challoner brauchte fast eine geschlagene Minute, um den tieferen Sinn dieser
Frage zu begreifen, und als ihr endlich ein Licht aufging, sprang sie von ihrem
eben erst eingenommenen Stuhl wieder hoch und rief: «Nein, Madam, das ist sie
nicht! Und ich wäre Mylady dankbar, wenn Sie sich erinnern wollten, daß ich
eine anständige Frau bin, auch wenn ich angeblich nicht gut genug für Mr.
Challoner war.
    Immerhin
hat er mich geheiratet, obwohl er aus einer ganz besonders feinen Familie
stammte, und ich werde schon dafür sorgen, daß der noble Herr Sohn Seiner Gnaden
mein armes Kind nicht einfach sitzenläßt!» Lady Fanny entspannte sich. «Vidal!»
sagte sie mit einem Seufzer der Erleichterung. «Guter Gott, wenn's nur das
ist!»
    Mrs.
Challoner schäumte noch vor Entrüstung. Sie maß Fanny mit einem giftigen Blick
und sagte aufgebracht: «Nur das, Madam? Nur das? Ist es vielleicht nichts, daß
Ihr verderbter Neffe meine Tochter entführt hat?»
    Fanny
lehnte sich gelassen zurück. «Meine Liebe, seien Sie versichert, ich habe
vollstes Verständnis für Ihren Kummer. Aber es hat gar keinen Sinn, wenn Sie
deshalb zu meinem Bruder laufen, denn er wird sich bestimmt nicht bewegen
lassen, seinen Sohn zu einer Heirat zu zwingen.»
    «So,
glauben Sie?» kreischte Mrs. Challoner. «Ich könnte mir vorstellen, daß er
froh sein wird, mein Schweigen so billig zu erkaufen.»
    Fanny
lächelte. «Ich muß Sie darauf hinweisen, gute Frau, daß es Ihre Tochter
wesentlich härter treffen würde als meinen Neffen, wenn die Sache bekannt wird.
Sie haben eben das Wort 'entführen' gebraucht; es gibt zwar vieles, das
Vidals schlechten Ruf rechtfertigt, aber mir ist bis heute noch nie zu Ohren
gekommen, daß es seine Gewohnheit wäre, junge Damen gegen ihren Willen in seine
Gewalt zu bringen. Ich darf daher wohl annehmen, daß Ihre Tochter wußte, was
sie tat, und ich kann Ihnen nur in Ihrem eigenen Interesse raten, die Affäre
nicht publik zu machen.»
    Diese
unerwartete Reaktion Ihrer Ladyschaft veranlaßte Mrs. Challoner, ihren Trumpf
früher auszuspielen, als sie es im Grunde beabsichtigt hatte. «Ach,
tatsächlich, Mylady? Da befinden Sie sich aber in einem großen Irrtum, das kann
ich Ihnen sagen, und wenn Sie glauben, daß meine Tochter keine einflußreichen
Verwandten hat, bin ich in der Lage, Sie sofort eines Besseren zu belehren.
Marys Großvater ist niemand anderer als ein General in der Armee und außerdem
Baronet – nämlich Sir Giles Challoner, und er wird schon wissen, wie er die
Ehre seiner Enkelin schützen kann.»
    Fanny zog
verächtlich die Brauen hoch, aber diese Eröffnung überraschte sie doch
unangenehm. «Ich hoffe, Sir Giles ist stolz auf die Kleine», sagte sie in
gleichgültigem Ton.
    Auf Mrs.
Challoners Backenknochen brannten rote Flecke, und sie kramte mit zitternden
Fingern in ihrem Retikül. Dann brachte sie Marys Brief zum Vorschein und warf
ihn auf den Tisch. «Lesen Sie das, Madam!» forderte sie in tragischem Ton.
    Lady Fanny
nahm das Schreiben und überflog mit ungerührter Miene die wenigen Zeilen. «Ich
habe keine Ahnung, was das bedeuten soll», bemerkte sie schließlich. «Wer,
bitte, ist 'Sophia'?»
    «Meine
jüngere Tochter, Mylady. Seine Lordschaft wollte mit ihr durchbrennen, denn er
ist

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