Georgette Heyer
ich will ja nicht behaupten, daß ich die Absicht habe, mich dauernd
dort niederzulassen. Meinen Grund verkaufe ich jedenfalls nicht, also lassen
Sie mich nichts mehr davon hören.»
«Es ist
meine Pflicht, Eure Lordschaft darauf aufmerksam zu machen, daß Sie, falls Eure
Lordschaft den gegenwärtigen Stand Ihrer Ausgaben aufrechterhalten, in diesem
Punkt keine Wahl haben werden», sagte Mr. Stoke.
«Unsinn!
Ich leugne nicht, daß ich in diesem Jahr ein wenig abgebrannt bin, aber ich
werde mich schon wieder rangieren», sagte Sherry in einem Ton, der jede weitere
Diskussion ausschloß.
Aber der
alarmierende Gedanke, den sein Finanzberater ihm in den Kopf gesetzt hatte,
ließ sich nicht ganz verdrängen und kostete Seine Lordschaft tatsächlich eine
schlaflose Stunde. Eine waghalsige Wette auf einen Outsider, die er auf den Rat
des allgegenwärtigen Jason eingegangen war, trug viel dazu bei, seine Laune
wieder zu bessern, und als er seinen Gewinn im Tattersall einheimste, sagte er
zu seinem Buchmacher Jerry Cloves, er solle von nun an auf sich selbst
aufpassen, denn das Glück habe sich gewendet. Jerry grinste und wünschte seinem
vornehmen Kunden viel Glück; aber das Glück schien noch immer ein wenig
launenhaft zu sein, denn Seine Lordschaft verlor am gleichen Abend große Summen
bei Watier, worüber er so außer sich geriet, daß er drohte, dem Makao gänzlich
abzuschwören.
Er hatte
sich kaum von den düsteren Betrachtungen erholt, die dieser unselige Abend
ausgelöst hatte, als er den Besuch des Honourable Prosper Vereist erhielt, der
ihn gerade noch auf der Türschwelle antraf, als er eben im Begriff war, sich
auf den Weg zu White zu machen, und ihn unbarmherzig ins Haus zurückführte.
«Du kannst
wahrhaftig nicht annehmen, mein Junge, daß ich mich der Mühe
unterzogen hätte, dich zu besuchen, nur damit du mir entschlüpfst», sagte
Prosper.
«Was, zum
Teufel, veranlaßte Sie zu diesem Besuch?» fragte sein pflichtvergessener Neffe,
während er ihn in die Bibliothek hinter dem Speisezimmer führte.
«Habe dich
eben gern, Sherry! Habe dich immer gern gehabt», erwiderte Prosper, indem er
sich in einen tiefen Fauteuil sinken ließ. «Falls du noch etwas von dem Madeira
übrig hast, den ich dir geschenkt habe, würde ich gerne ein Glas trinken.»
Seine
Lordschaft riß heftig an dem Klingelzug. «Das ist alles ganz schön, aber müssen
Sie mich gerade besuchen, wenn ich im Begriff bin, mich mit einigen Freunden zu
treffen?» wandte er ein.
«Ja, gewiß,
weil du nie zu Hause bist», sagte Prosper. «Wie war denn das gestern abend bei
Watier, Sherry? Wie tief sitzt du in der Tinte?»
Sherry
drehte sich rasch um und starrte ihn an. «Und wenn es der Fall wäre, Onkel
Prosper, was, zum Teufel, hat das mit Ihnen zu tun?» fragte er in drohendem
Ton.
«Rede dich
nur nicht in Zorn. Zum Kuckuck, schließlich war ich bis vor einem Monat dein
Vormund!»
«Und
obendrein ein verteufelt schlechter», erwiderte Sherry.
«Ach,
lassen wir das. Habe da schöne Geschichten über dich gehört, mein Junge. Bist
zu tief verschuldet! Viel zu tief!»
«Nun, das
paßt aber gut zu Ihnen, Sir!»
«Hat mit
dieser Sache nichts zu tun. Erstens bin ich Junggeselle, und zweitens ein
geborener Spieler. Tatsache ist, Sherry, daß du es nicht bist.»
«Was?»
fragte Seine Lordschaft mit offenem Mund und wütendem Blick, weil er an seiner
empfindlichsten Stelle getroffen wurde.
Prosper
schüttelte den Kopf. «Habe noch nie einen unbegabteren gesehen», sagte er. «Du
bist nicht mit dem Herzen dabei. Komische Sache, wenn man an die Art denkt, wie
dein Vater – doch es ist meine Pflicht, dir zu sagen, daß dein eigener Vater
nie Glück im Spiel hatte. Nehme an, daß du ihm nachgerätst. Du bist ein Narr,
mein Junge, denn es ist meine feste Überzeugung, daß du nur deshalb in diese
blödsinnigen Spielhöllen gehst, weil ...» Er unterbrach sich, als Jason das
Zimmer betrat, und rief entsetzt aus: «Sag mir nur nicht, daß sich dieser
Bursche hier im Hause aufhält! Verdammt, Sherry, du hättest mir einen Wink
geben müssen! Ich habe meinen Überzieher in der Halle gelassen und in einer
meiner Taschen ist meine Schnupftabakdose und ...»
«Gib sie
her!» befahl Sherry kurz und streckte die Hand aus.
Jason
schnüffelte und erinnerte seinen Herrn, daß er versprochen habe, seine Hände
bis zu Weihnachten fremdem Gute fernzuhalten, da ihm die Missus doch eine
ebenso gute Alarmuhr versprochen hatte wie die des Mr. Fakenham.
«Ja,
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