Georgette Heyer
Familie,
Kätzchen. Außerdem – nun, was ich meine, ist, er hat doch keinen Grund, sich
scheiden zu lassen.»
George ließ
die Sessellehne los und eilte zielstrebig zur Tür. «Was hat es für einen Sinn,
darüber zu sprechen? Ich werde Sherry suchen, und wenn ich ihn finde ...»
«Nein,
George! Bitte, bitte nicht! George, ich beschwöre Sie, tun Sie's nicht!» schrie
Hero auf und wurde totenblaß.
«Regen Sie
sich nicht auf, Kätzchen. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich nicht mehr tun
werde, als ihm tüchtig zusetzen. Und danach werde ich ihn hierherbringen, und
bei Gott, er soll vor Ihnen auf den Knien liegen! Dazu werde ich ihn zwingen!»
Ferdy
überlegte die Vorteile dieses Plans reiflich. «Glaube nicht, daß du das
fertigbringst, George», sagte er kritisch. «Ist recht geschickt mit seinen
Fäusten, mein Cousin. Hat dich noch vor wenigen Tagen recht gut in Schranken
gehalten. Höchstwahrscheinlich würde er es wieder tun. Habe nicht die Absicht,
dir was in den Weg zu legen, lieber Junge, aber so ist es nun einmal. Außerdem
habe ich ihn noch nie vor jemandem auf den Knien liegen gesehen. Aber hör zu,
ich behaupte durchaus nicht, daß er es nicht tun würde, ich hab es nur noch nie
erlebt. Ist erstaunlich eigensinnig, wie alle Verelsts.»
«Wenn
Sherry gehört hat, was ich ihm zu sagen habe, und nicht augenblicklich mit mir
kommt, um dem armen kleinen Kätzchen zu sagen, daß er kein Wort davon meint,
dann ist er nicht der Mann, für den ich ihn halte», erklärte George.
«Sie
verstehen das nicht, George», sagte Hero traurig. «Vielleicht würde er auf Sie
hören, und vielleicht würde er milder gegen mich gestimmt, denn er war immer
sehr gut zu mir, aber sehen Sie – das Ganze war ein schrecklicher Irrtum, und
ich hätte ihn nie heiraten sollen.» Sie senkte den Kopf und blickte auf ihre
zusammengekrampften Hände nieder. «Sherry – Sherry liebt mich nicht, wissen
Sie. Er – er hat mich nie geliebt. Wenn ich nicht eine so dumme G-Gans gewesen
wäre, dann hätte ich nicht – denn wissen Sie, er hat nie vorgegeben, mich zu
lieben.»
Georges
Gesicht verkrampfte sich. Er trat rasch ins Zimmer zurück, ergriff Heros Hände
und hielt sie fest. «Ich weiß», sagte er mit bewegter Stimme.
Sie nickte.
«Ja, ich – ich dachte mir, daß Sie es wissen, George. So verstehen Sie auch
...»
Eine
unbehagliche Stille trat ein. George unterbrach sie, indem er sich ziemlich
schroff an Mr. Ringwood wandte. «Warum, zum Teufel, kannst du nicht irgend
etwas sagen, Gil, statt wie eine verdammte Wachsfigur dazustehen?»
«Ich
denke», sagte Mr. Ringwood kurz.
«Dann kann
ich dir nur raten, rasch zu denken», sagte George, «denn es würde schon
genügen, daß Sherry sie hier findet, damit der Teufel los ist!»
«Ist es
wahrscheinlich, daß Sherry Sie vermißt?» erkundigte sich Mr. Ringwood bei Hero.
«O nein. Er
ist ausgegangen, und wenn er zurückkommt, wird er glauben,
ich sei schon zu Bett gegangen. Es weiß niemand, daß ich nicht zu Hause bin.»
«Kätzchen,
sind Sie denn allein hergekommen?»
«Nein,
Maria kam mit mir. Das ist meine Kammerfrau, und, ach, ich wußte bis heute
nicht, wie gern sie mich hat, denn mir kam sogar vor, daß sie mich überhaupt
nicht leiden kann. Aber – als Sherry weggegangen war, kam sie zu mir und
zitierte in der rührendsten Weise etwas aus der Bibel über Ruth und Naomi; und
sie sitzt jetzt mit meinem Gepäck in der Halle, denn ich konnte außer meiner
Uhr und meinem Kanarienvogel nichts tragen, und die mußte ich einfach
mimehmen.»
Ferdy
betrachtete diese beiden unentbehrlichen Gepäckstücke einer vornehmen Dame
ziemlich mißtrauisch. «Glaube, Sie haben recht», sagte er dann, «sehr schöne
Uhr.»
«Gil gab
sie mir als Hochzeitsgeschenk», erklärte Hero, deren Tränen aufs neue zu
fließen begannen. «Ich habe auch Ihr Armband mitgenommen, und wie hätte ich es
ertragen können, Gils lieben kleinen Kanarienvogel zurückzulassen? Ich habe
ihn nach Gil benannt. Und Sherry – Sherry hat ihn nicht so lieb wie ich, und er
würde ihn vielleicht wegschenken.»
«Ist
vollkommen richtig, ihn mitzubringen», sagte Ferdy standhaft, «ist eine
Gesellschaft für Sie. Trotzdem, Kätzchen, verstehe ich nicht, wohin Sie gehen
wollen? Bei Gil können Sie nicht bleiben, wissen Sie? Sherry würde das gar
nicht gerne sehen.»
«Doch, sie
kann hier bleiben», sagte Mr. Ringwood ganz unerwartet. «Wenn auch nicht für
lange, so besteht doch kein Grund, warum sie nicht heute nacht
Weitere Kostenlose Bücher