Georgette Heyer
ihn mit finsterer Miene. «Wärest du imstande, Sherry zu sagen, daß
du nicht weißt, wo seine Frau sich aufhält?»
«Ich werde
ihm gar nichts sagen», erklärte Mr. Ringwood. «Er wird nicht annehmen, daß ich
etwas damit zu tun hatte. Habe alles genau überlegt. Du wirst Sherry sagen, ich
wäre nach Herefordshire gefahren, weil mein Onkel scheinbar endlich doch im
Sterben liegt.»
«Wenn
George es nicht sagen will, dann werde ich es ihm sagen», erbot sich Ferdy.
«Nein, das
wirst du nicht», antwortete Mr. Ringwood. «Denn du wirst mit mir nach Bath
fahren.»
«Nein, zum
Teufel, Gil», verwahrte sich Ferdy.
George,
dessen finstere Miene sich aufgehellt hatte, sagte: «Bei Gott, Gil, ich glaube,
du hast das Richtige getroffen. Zum Teufel, habe mir schon längere Zeit gedacht,
daß Sherry eine Lektion braucht. lch werde ihm sagen, daß du nach Herefordshire
gefahren bist. Ja, beim Zeus, und ich werde
sehr auf der Hut sein, daß er mich nicht fragt, ob ich weiß, was aus dem
Kätzchen geworden ist.»
«Ja, aber
ich will nicht nach Bath fahren», sagte Ferdy.
«Unsinn!
Natürlich wirst du fahren», sagte George lebhaft. «Du kannst dem armen alten
Gil nicht zumuten, den kommenden Anforderungen allein standzuhalten. Außerdem
sieht es auch besser aus, wenn ihr beide das Kätzchen begleitet. Du weißt, wie
Sherry ist. Er forderte mich schon, nur weil ich sie einmal geküßt habe! Würde
er aber hören, daß Gil mit ihr im Lande umherfährt, dann würde er ihm
höchstwahrscheinlich die Leber herausschneiden, um sie danach auch noch zu braten.
Er kann aber keinen Einwand erheben, wenn ihr sie zu zweit begleitet.»
Als Ferdy
die ganze Angelegenheit dergestalt vorgetragen wurde, traten all seine
ritterlichen Instinkte zutage, er entschuldigte sich sogleich und erklärte, Gil
bis zum Tode zur Seite zu stehen. Nach einiger Überlegung gab er allerdings
zu, daß er seinem Cousin Sherry am folgenden Tag lieber nicht begegnen würde.
George
wollte sich noch vergewissern, ob man sich auf Chilham, Mr. Ringwoods Diener,
soweit verlassen könne, daß er den Mund hielte, und nachdem ihm versichert
worden war, daß er der diskreteste Mensch der Welt sei, erklärte er, daß in der
Sache bis zum nächsten Morgen scheinbar nichts getan werden könne.
Danach
verließen alle drei Herren das Haus, Ferdy begab sich auf den Cavendish Square,
und Mr. Ringwood, der seine Erkältung vergessen hatte, begleitete George in
dessen Wohnung in der Ryder Street.
19
Als Hero am nächsten Morgen am
Frühstückstisch nicht erschien, war der Viscount durchaus nicht überrascht und
machte auch keine Bemerkung. Er selbst hatte eine schlechte Nacht verbracht.
Sein Besuch bei White am vergangenen Abend hatte seine schlimmsten
Befürchtungen bestätigt. Ein taktloser Gentleman hatte tatsächlich die
Unverschämtheit besessen, ihm gegenüber Heros projektiertes Wettrennen zu
erwähnen. Sherry sah sich gezwungen, statt diesem Menschen eine Ohrfeige zu
versetzen, die Sache leicht zu nehmen und zu erklären, daß alles nur Unsinn sei
und er sich wundern müsse, daß jemand einfältig genug wäre zu glauben, es könnte
etwas anderes sein. Danach war er nach Hause zurückgekehrt, um Lady Royston
einen förmlichen Brief zu schreiben, in dem er das Wettrennen absagte. Er hatte
eine Stunde gebraucht, um ihn abzufassen, und dafür eine Unmenge Briefpapier
verschwendet. Aber er hatte nicht einmal die Genugtuung gehabt, mit der
endgültigen Fassung seine wahren Gefühle dieser Dame gegenüber auszudrücken.
Unruhige Träume hatten seinen Schlaf gestört, und er erhob sich am Morgen
durchaus nicht erfrischt, dafür aber entschlossener denn je, Hero so lange von
London fernzuhalten, bis die vornehme Welt vergessen hatte, daß sie in Ungnade
gefallen war. Seine Lordschaft wollte nicht Gefahr laufen, daß seiner Frau der
Eintritt in den Almack-Club verweigert würde; und um ihm Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen, war diese Vorsichtsmaßnahme weit eher zu ihrem Vorteil
als zu seinem. Er beschloß, Hero dies alles auf dem Wege nach Kent sorgfältig
auseinanderzusetzen, denn obwohl er am vergangenen Abend über sie im höchsten
Grade aufgebracht gewesen war, besaß er doch keine nachträgerische Natur, und
es tat ihm bereits leid, daß er ihr Zimmer so überstürzt verlassen hatte, ohne
sie in ihrem Kummer zu trösten oder den ehrlichen Versuch zu unternehmen, ihre
Angst zu beschwichtigen. Der Gedanke an eine in Tränen aufgelöste Hero war ihm
entsetzlich, und er
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