Georgette Heyer
halten? Sind Sie noch immer derselben Ansicht?»
Sie
unterdrückte einen Seufzer. «Ja. Das heißt, für mich ist es die einzige Art,
die für eine Ehe in Betracht kommt. Aber ich glaube nicht, daß es zu Ihnen
passen würde. – Was meinen Sie, Mr. Tarleton, werde ich je imstande sein, ein
Gespann zu kutschieren?»
«Ja,
bestimmt. Und es wäre mir ein Vergnügen, Sie unterrichten zu dürfen.»
«Ich habe
bisher niemanden kennengelernt, mit dem ich so außerordentlich gut ausgekommen
wäre wie mit Ihnen», sagte Hero lachend. «Aber ich bin überzeugt, daß man es
mir nicht erlauben sollte. Ich glaube fast, es gehört sich nicht.»
«Wen
kümmert das?» erwiderte er. «Ich kann Ihnen versichern, daß ich nicht der
lederne alte Bursche bin, der immer nur an das denkt, was sich gehört.» Er
betrachtete ihr Profil. «Sie haben mir nie etwas über sich selbst erzählt, Miss
Wantage. Allem Anschein nach sind Sie mit Lady Saltash nicht verwandt?»
«Nein»,
erwiderte sie.
«Verzeihen
Sie mir, wenn ich unverschämt erscheine. Da ich Sie aber ein Leben führen sehe,
das für jemanden Ihrer Jugend und Ihrer angeborenen Lebhaftigkeit gar nicht
das richtige ist, und ich ...»
«Lady
Saltash ist die Güte selbst», sagte sie. «Ich bin ihr in der Tat unendlich
verpflichtet, und wenn ich Ihnen undankbar erscheinen sollte ...»
«Undankbar!
Nein, wahrhaftig nicht! Ich war nur darüber etwas betroffen, daß Sie ihr
beständig zu Diensten stehen. Ich hege die größte Verehrung für Lady Saltash,
dennoch kann ich nicht glauben, daß Sie am Camden Place glücklich sind.»
Hero
schwieg und errötete noch tiefer. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: «Haben
Sie die Absicht, dauernd in Ihrer derzeitigen Situation zu bleiben?»
Sie
erschrak. «O nein! Das wäre unmöglich, denn ich habe nicht das geringste Recht auf
die Gastfreundschaft der Lady Saltash. Ich habe jetzt schon das Gefühl, ihre
Güte zu lange in Anspruch genommen zu haben. Ich weiß nicht – ich habe mich
noch nicht ganz entschlossen, was ich tun werde, aber wissen Sie, ich bin
nämlich zur Erzieherin ausgebildet worden und – und ich kam mit der Absicht
nach Bath, in irgendeinem Seminar eine geeignete Stellung zu finden.»
«Eine
Erzieherin! Sie!!» rief er aus. «Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Sie können
doch nicht annehmen, ich würde Ihnen glauben, dat? Sie sich eine derartige
Existenz wünschen!»
Ein etwas
melancholisches Lächeln zitterte auf ihren Lippen. «O nein! Ich würde es aus
ganzem Herzen verabscheuen! In der Tat habe ich sogar einmal gesagt, daß ich
alles eher tun würde, als Erzieherin zu werden. Wenn ich aber eine solche
Stellung finde, dann wird es vielleicht gar nicht so arg sein.»
«Haben Sie
denn keine Verwandten, die für Sie sorgen?» fragte er. «Sie sind doch noch so
jung. Es muß bestimmt jemand da sein – vielleicht ein Vormund –, dessen
Aufgabe es ist, für Sie zu sorgen.»
«Nein, ich
habe niemanden – das heißt, ich habe eine Cousine, die mich bei sich aufnahm,
als mein Vater starb, aber bei ihr kann ich nicht ewig bleiben, und um Ihnen
die Wahrheit zu gestehen, ich kann sie nicht leiden und sie mich auch nicht.»
«Ich hätte
nie gedacht, daß das möglich wäre», sagte er in bewegtem Ton. «Ich dachte – das
ändert die Situation vollständig!» Er lächelte, als sie ihn fragend ansah, und
sagte: «Kein Wunder, daß Sie von Romantik und Abenteuern träumen. Ich glaube,
man sollte Sie Aschenbrödel nennen.»
Ihr Mund
zuckte. Sie erwiderte: «Es ist seltsam, daß Sie das sagen. Manchmal habe ich
mir das nämlich auch gedacht. Sie wissen aber nicht alles, und ich kann es
Ihnen jetzt auch nicht erzählen, obwohl ich es eines Tages vielleicht doch tun
werde. Ich – ich hatte viel Ähnlichkeit mit dem Aschenbrödel.»
«Außer –
daß noch kein Prinz mit dem Glasschühlein erschienen ist, um es an Ihrem Fuß zu
probieren», sagte er.
Sie
schwieg, ihre Aufmerksamkeit war allem Anschein nach von der vor ihr liegenden
Straße völlig in Anspruch genommen, und ihr Gesicht war auch noch immer ein
wenig gerötet. Als sie wieder das Wort ergriff, geschah es mit einem Anflug von
Befangenheit, und nur um zu sagen, sie glaube, es wäre Zeit, an die Rückkehr
auf den Camden Place zu denken. Er stimmte sofort zu, denn er vermutete, daß
ihre Befangenheit von einer mädchenhaften Scheu herrühre. Er sagte leise:
«Liebes Aschenbrödel, war es im Haus Ihrer Cousine sehr langweilig und widerwärtig?»
Sie
lächelte
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