Georgette Heyer
Besuch machen.
Aber, Kätzchen, was, zum Teufel, soll jetzt geschehen? Das Unglück besteht
darin, daß er mich mit Ihnen gesehen hat und mich zweifellos um Ihre Adresse
fragen wird. Was befehlen Sie, daß ich ihm sagen soll?»
Hero war
außerstande, einen Entschluß zu fassen; als sie aber den Camden Place erreicht
hatten, nahm ihr Lady Saltash unverzüglich die Entscheidung ab und beauftragte
George, Sherry zu sagen, daß Hero im Moment bei ihr wohne.
Hero, die in
einiger Erregung im Zimmer auf- und abgeschritten war, blieb jetzt stehen, um
im Tone unerschütterlicher Entschlossenheit zu erklären: «George, sollte er Sie
fragen, ob ich glücklich bin, dann sagen Sie ihm, daß ich keine Zeit finde, um
etwa nicht glücklich zu sein, da ich beständig auf Parties und Bällen bin und
außerdem noch in Konzerte gehe. Und sagen Sie ihm, daß ich wieder Miss Wantage
geworden bin. Und, lieber George, würde es Ihnen sehr viel ausmachen, ihm zu
sagen, daß ich hier in Bath sehr viele Bewunderer habe? Und sollten Sie es wagen,
ihn ahnen zu lassen, daß ich ihn ganz entsetzlich vermisse, dann spreche ich,
solange ich lebe, nie wieder ein Wort mit Ihnen!»
George
versprach, ihre Anweisungen buchstäblich zu befolgen; er sah aber ein wenig
bekümmert aus, denn er hatte sie noch nie mit einem so verstörten Gesicht
gesehen. Da Lady Saltash die Befehle, die ihm Hero gegeben, gutzuheißen
schien, dachte er, nichts Besseres tun zu können, als sie auszuführen. Er
verweilte aber noch ein wenig im Salon der Lady Saltash, da er von lebhafter
Neugierde erfüllt war, Ferdy zu sprechen, und überzeugt war, daß der junge
Mann sehr bald am Camden Place auftauchen werde. Er brauchte nicht lange zu
warten. In überraschend kurzer Zeit wurde Ferdy von einer Droschke vor der
Türe abgesetzt. Sein Gesicht trug so deutlich den Ausdruck eines gehetzten
Rehs, daß selbst Hero lachen mußte, die neben George am Fenster stand, um seine
Ankunft zu beobachten.
Aber es gab
keinen äußeren Druck, der stark genug wäre, Ferdy seine auserlesenen Manieren
vergessen zu lassen, und als er eine Minute später in den Salon geführt wurde,
hätte nichts vollendeter sein können als seine Verbeugung oder zierlicher als
der Kuß, den er auf die Hand der Lady Saltash drückte.
«Nun,
junger Mann», sagte Mylady sarkastisch, «Sie sehen ja aus wie ein Kaninchen,
hinter dem ein wütender Hund her ist! Ist Sheringham dicht auf Ihren Fersen?»
«Dem Himmel
sei Dank, Madam, nein!» erwiderte er ernsthaft. «Aber um ein Haar wäre er es
gewesen. Es bedurfte der größten Geistesgegenwart.»
«Die
körperliche Abwesenheit nicht zu vergessen, wie ich annehme!»
Er zog
Heros Hand an die Lippen. «Lady Sherry! Ihr gehorsamster Diener! Möchte Sie
nicht beunruhigen, aber wir sind in einer scheußlichen Situation. Verteufelt
bedauerlich, daß Sie sich gerade zu der Zeit in der Bennet Street aufhielten!
Der arme Sherry geriet in so unglaublichen Zorn! Wissen Sie, er hatte doch
keine Ahnung, daß Sie in Bath sind. Der arme Kerl war wie vom Blitz getroffen.
Fuhr mit seinem Kabriolett mitten in einen sehr hübschen Phaeton und überließ
es mir, mich für ihn zu entschuldigen, während er davonstürzte, um Sie zu erwischen.
Hat Sie aber nicht gefunden – doch er wird Sie finden, Kätzchen: Sie kennen
Sherry! Ist viel zu eigensinnig, um sich geschlagen zu geben.»
«Ferdy, war
er sehr böse?» fragte sie besorgt.
«Er war
wütend!» versicherte er ihr. «Hat es äußerst übelgenommen, daß Sie in
Gesellschaft von George waren. Es gefällt ihm gar nicht, daß George ihn die
ganze Zeit über zum besten gehalten hat. Sagte, er wünsche sich nichts anderes,
als ihn zwischen die Finger zu bekommen. Dachte mir also, es ist am besten,
gleich herzukommen, um dich zu warnen, George.»
«Du lieber
Gott, ich fürchte mich nicht vor Sherry», sagte George zornig.
«Nein,
nein, George. Er wird dich in der Luft zerreißen! Das wissen alle! Die Sache
ist nämlich die, daß du doch nicht haben willst, daß Sherry dich neuerdings
fordert.»
«Oh, wenn
er Lust hat, soll er es nur tun!» .erwiderte George sogleich. «Ich bin
jederzeit bereit, das kann ich dir versichern!»
«Nein,
George, das dürfen Sie nicht! Ich erlaube nicht, daß Sie Sherry töten», rief
Hero eiligst.
«Ganz
richtig», stimmte Ferdy bei. «George, du wirst die Leute nur gegen dich
aufbringen, wenn du Sherry tötest. Man soll den Unannehmlichkeiten, wenn
möglich, immer ausweichen. Ist außerdem mein
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