Georgette Heyer
darüber. «Ja, ekelhaft langweilig! Und sie hat drei Töchter, und alle
drei sind schrecklich häßlich, wenn auch vielleicht nicht häßlich genug, um sie
die < Häßlichen Schwestern > zu nennen.»
«Und gingen
sie alle auf Gesellschaften, während Sie zu Hause bleiben und die Küche fegen
mußten?»
«Nun, so
schlimm war es nicht, denn ich war noch nicht in die Gesellschaft eingeführt
worden. Ich meine, sie waren nicht immer nett zu mir, ich muß aber gestehen,
daß es für sie recht lästig gewesen sein mag, mich bei sich aufnehmen zu
müssen.»
«Ich hoffe,
daß alle drei als alte Jungfern sterben werden!»
«Nein, wie
boshaft», protestierte Hero.
«Sie
träumten von Romantik – und Ihre Verwandten wollten aus Ihnen eine Erzieherin
machen! Das kann ich ihnen nie verzeihen. Aber Sie müssen, ihnen zu Trotz, Ihre
Romanze erleben! Was würden Sie dazu sagen, wenn Sie jemand entführen und auf
der Stelle heiraten würde, und wenn Sie von einem Gatten, der Sie anbetet,
verhätschelt und umhegt würden – nun ja, eben mit dem üblichen Schluß: und von
da an lebten sie glücklich und in Freuden, und wenn sie nicht gestorben sind...
War es nicht das, wovon Sie träumten?»
«Alle
jungen Mädchen träumen davon», sagte sie in gepreßtem Ton. «Wenigstens dann,
wenn sie noch sehr jung und töricht sind. Aber – aber im wirklichen Leben geht
es nicht zu wie im Märchen.»
«Aber Sie
sind dazu geschaffen, ein Leben wie im Märchen zu führen, und ich habe
beschlossen, daß Sie es auch führen sollen!»
Sie hob
ihre klaren Augen zu seinem Gesicht und sagte schlicht: «Bitte nicht, Mr.
Tarleton! Ich weiß ja, daß Sie nur scherzen, aber – aber es wäre mir lieber,
Sie täten es nicht.»
«Ich werde
nie etwas tun, was Ihnen mißfällt», versprach er. «Werde ich Sie morgen abend
auf dem Kostümball sehen?»
«Ich – ich
weiß noch nicht genau. Ich glaube aber nicht.»
«Oh, das
wäre zu grausam», neckte er sie. «Haben Sie mir nicht versprochen, daß ich
meinen Namen für das Menuett einschreiben darf? Ich werde es ganz bestimmt tun,
ehe ich Bath heute abend verlasse. Sie können doch nicht so grausam sein, mich
ohne Dame zu lassen, die ich zum Tanz führen kann.»
Sie gab ihm
eine nichtssagende Antwort; von ihr bezauberter denn je, sprach er auf dem Rest
der Fahrt auch weiterhin in leichtem Ton über belanglose Dinge. Er setzte sie
auf dem Camden Place ab und war zu einer Reihe von Heldentaten entschlossen,
die phantastisch genug waren, um auch die törichteste Jungfrau zu reizen, die
sich je zwischen den schillernden Romaneinbänden der meistgelesenen Bibliotheksbücher
herumgetrieben hatten.
Am spätem
Nachmittag, als Hero zu Fuß aus der Milsom Street zurückkehrte, begegnete ihr
George. Sie hatte für Lady Saltash eine Besorgung gemacht, und George nahm ihr
sogleich ihr Paket ab und bestand darauf, sie auf den Upper Camden Place
zurückzubegleiten. Sie hatten soeben die Bennet Street überquert, als Sherrys
Kabriolett um die Ecke der Belmont fegte. Sein Erschrecken und der Ausdruck
eisigen Erstaunens auf seinem Antlitz entgingen Hero keineswegs; und da es ihr
nicht in den Sinn kam – und was das anbelangt, auch George nicht –, daß sein
Erstaunen nicht sosehr dem Umstand galt, sie zu sehen, als vielmehr ihrem
Begleiter, so schwand ihr der letzte Hoffnungsschimmer, daß er vielleicht doch
nach Bath gekommen sein könnte, um sie zu suchen. Während Sherry sein
Kabriolett von dem Phaeton zu befreien suchte, eilte sie der Russel Street zu
und zog George fast mit Gewalt hinter sich her. Da er selbst kein schlechter
Fahrer war, schien ihm im Augenblick nichts anderes wichtiger als die
Besichtigung des Trümmerhaufens, den Sherry verursacht hatte.
«Wie kann
er nur etwas derart Verrücktes tun!» rief er aus.
Trotz ihrer
Verzweiflung mußte Hero lachen, obwohl sie wegen des Unfalls noch ein wenig
zitterte. «Das sah Sherry wieder einmal ähnlich!» sagte sie. «Und ich bin
überzeugt, er wird sagen, daß nur dieser arme Mensch schuld war. Oh, George, er
vermutete mich nicht hier. Sie haben recht gehabt. Ich habe ihn niemals
empörter gesehen. Du lieber Himmel, warum wurde ich je geboren!»
«Haben Sie
gesehen, wer neben ihm saß?» fragte er. «Ferdy. Sherry muß ihm ebenso wie mir
erzählt haben, daß er hierherfährt. Ich muß gestehen, ich hätte nie gedacht,
daß Ferdy genug Verstand hat, um auch hierherzukommen. Verlassen Sie sich
darauf, er wird innerhalb einer Stunde auf dem Camden Place
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