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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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Viscount darauf
bestand, daß sie ihre Kapuze herunterziehen müsse, um ihr Gesicht zu
verbergen. Doch das war bald wieder vorüber, und nichts hätte sonniger sein
können als die Laune von Miss Wantage, die jetzt vor der Wohnung des Viscount
von dem Kabriolett heruntersprang.
    Bootle, der
schwergeprüfte Kammerdiener Seiner Lordschaft, hatte sich gezwungenermaßen zu
einer phlegmatischen Persönlichkeit entwickelt, aber die so plötzlich erfolgte
Ankunft seines Gebieters, an dessen Arm eine schäbig gekleidete junge Dame
hing, erschütterte selbst seine eiserne Ruhe ziemlich merkbar. Als er begriffen
hatte, daß er seine zukünftige Herrin vor sich sah, hatte er seine
Gesichtszüge wieder soweit in Gewalt, daß er ihnen den Ausdruck eines Menschen
verlieh, der gegen jeden Unglücksfall abgehärtet ist und jedwede Kränkung erwartet.
Als er erfuhr, daß er sich augenblicklich auf den Weg zu machen habe, um das
geeignete Gepäck für eine vornehme junge Dame herbeizuschaffen, verrieten sich
seine Gefühle lediglich durch den matten Ton seiner Stimme, mit der er sagte:
«Sehr wohl, Mylord!»
    Als der
Viscount aber mit Miss Wantage wieder weggefahren war, vergaß er sich so weit,
dem interessierten Hauswirt anzuvertrauen: Wenn es das Schicksal nicht bestimmt
hätte, daß er am Tag der Rück kehr des Viscount in das Schloß seiner Ahnen
eine geschwollene Bakke bekommen sollte und der Viscount nicht so gütig
gewesen wäre, ihm zum Ziehen des Missetäters von einem Zahn einen freien Tag zu
bewilligen, dann wäre eine Reihe von Umständen nie eingetreten, die, wie er
vorausgesehen hatte, nur mit einem Unglück enden konnten. Der Hauswirt, ein
äußerst pedantischer Mann, erklärte, daß er niemanden kenne, weder Mr. Bootle
noch sonst jemanden, der imstande wäre, die plötzlichen tollen Einfälle Seiner
Lordschaft zu verhindern. Er bezeichnete Seine Lordschaft als schneidigen
Burschen und flotten Kerl, eine wahrhaft pöbelhafte Ausdrucksweise, die Bootle
so tief beleidigte, daß er verschwand, um die Aufträge des Viscount
auszuführen, ohne seinen Freund auch noch eines einzigen Wortes zu würdigen.
    Inzwischen
führte der Viscount Miss Wantage in den Modesalon einer bestimmten
Damenschneiderin in der Bond Street, in welchem er nicht unbekannt war. Nach
wenigen Augenblicken eines kurzen, dafür aber erstaunlich offenherzigen
Zwiegesprächs überließ er Miss Wantage der überraschten Inhaberin, damit sie
sie so ausstatten solle, wie es ihrem Rang entsprach. Nichts ereignete sich,
um die Harmonie der Vorgänge zu stören; dann ergab sich ein kleiner
Zwischenfall, denn Miss Wantage hatte den brennenden Wunsch, ein äußerst
flottes Kleid aus seegrüner Gaze, mit Silberbändchen geputzt, zu erstehen,
während der Viscount ihr glatt verbot, eine Toilette zu tragen, die für eine
junge Dame, die sich angeblich auf der Reise in eine exklusive Schule in Bath
befand, überaus ungeeignet war. Dieser unbedeutende Streit wurde durch die
Inhaberin des Salons geschlichtet, die in der künftigen Lady Sheringham eine
wertvolle Kundin erblickte und sich alle Mühe gab, den ganzen ihr zur Verfügung
stehenden Takt zu entwickeln. Sie machte den Vorschlag, Seine Lordschaft möge
ein ungemein einfaches, dafür aber außerordentlich kostspieliges Kleid kaufen,
welches Miss Wantage in den nächsten Tagen tragen solle, gleichzeitig aber auch
das seegrüne Gazekleid, das sich die junge Dame so sehr wünsche, für eine
spätere Gelegenheit. Der Viscount willigte ein, sah sich aber sofort genötigt,
Miss Wantage zur Ordnung zu rufen, da sie ihm in aller Öffentlichkeit stürmisch
um den Hals fiel.
    Schließlich
waren auch diese Einkäufe und einige andere intimerer Art erledigt. Ein Stück
weiter die Straße hinauf wurde dann bei einer Modistin noch ein Hütchen
erstanden, das zu dem Musselinkleid paßte; außerdem besorgten sie ein Paar
lavendelfarbige Glacéhandschuhe; Bürsten, Kämme und Seife vervollständigten die
Liste der dringendst benötigten Gegenstände, und bei einbrechender Dunkelheit
erhielt Miss Wantage das feierliche Versprechen, daß sie diese faszinierende
Straße am kommenden Vormittag wieder besuchen dürfe, um weitere Einkäufe zu
machen. Dann kehrte das verlobte Paar in die Wohnung des Viscount zurück, Miss
Wantage im Zustande unaussprechlichen Glücks und ihr Kavalier hin- und
hergerissen zwischen seiner Belustigung über ihre Freude an der ersten neuen
Toilette ihres Lebens und dem immer dringender werdenden
Bedürfnis,

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