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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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an Höflichkeit –
eine recht gute Nacht gewünscht. Mr. Ringwood, stets ein sorglicher Gastfreund,
hatte eine Wagendecke über seine biegsame Gestalt geworfen und seinen
Kammerdiener hereingeschickt, um ihm die Stiefel auszuziehen. Nachträglich fiel
ihm noch ein, seinem Gast eine Nachtmütze zu bringen, die er ihm fürsorglich
aufs Haupt setzte.
    Da sich
keiner der beiden Herren in gesprächiger Stimmung befand und da sie beide in
mildem Grade an den Nachwirkungen eines fröhlichen Abends litten, wurden am
Frühstückstisch nur wenige Worte gewechselt. Mr. Ringwood beugte sich, düster
brütend, über die Rennberichte der Morgenzeitungen, und Mr. Fakenhams trüber
Blick war auf nichts im speziellen gerichtet. Das Geräusch eines Wagens, der in
schlankem Trab die Straße heraufkam, erweckte in keinem der beiden das
geringste Interesse; als er aber vor dem Hause stehenblieb und fast unmittelbar
darauf ein scharfes Klopfen ertönte, zuckte Mr. Fakenham merklich zusammen, und
Mr. Ringwood schloß die Augen mit der leidenden Miene eines Menschen, der dazu
verurteilt ist, empfindliches Mißbehagen über sich ergehen zu lassen. Einen
Augenblick danach öffnete er sie aber wieder, denn vom Korridor her ertönte
ein ungeduldiger Fußtritt,
die Tür flog auf und Lord Sheringham trat ein. Er bot den gänzlich
unstatthaften Anblick eines Mannes, der nicht nur nüchtern zu Bett gegangen,
sondern auch frühzeitig aufgestanden war.
    «Gil, ich
muß mit dir sprechen», kündigte er an, während er Hut und Handschuhe auf einen
Stuhl warf. «Hallo, Ferdy!»
    «Es ist
Sherry», teilte Mr. Fakenham seinem Gastgeber ziemlich überflüssigerweise mit.
    «Ja, es ist
Sherry», stimmte Mr. Ringwood mit ihm überein und sah den Viscount dabei starr
an. «Dachte, du wärest auf dem Land.»
    «Das dachte
auch ich», gestand Ferdy. Er blickte seinen Cousin an, und da er offenbar
fühlte, daß etwas mehr von ihm erwartet wurde, fragte er mit freundlichem
Interesse: «Du bist zurück, Sherry?»
    «Ach, du
gütiger Gott, das siehst du doch, oder nicht?» erwiderte Seine Lordschaft. «Was
zum Kuckuck treibst du aber hier zu dieser Stunde und in diesem teuflischen
Dressinggown?»
    «Habe den
Abend im Daffy Club verbracht», erklärte Ferdy schlicht.
    «So, hast
wohl wieder einmal Schiffbruch erlitten, was? Ich will verdammt sein, wenn ich
je so einen Burschen wie dich gesehen habe!» sagte Sherry und suchte am Büfett
nach einem sauberen Pokal, in den er eine freigebige Libation einschenkte. Dann
zog er sich einen Stuhl heran, warf verschiedene Kleinigkeiten, die darauf
lagen, auf den Boden, und setzte sich nieder. «Gil, du bist doch ein kluger
Junge: ich brauche deine Hilfe.»
    Mr.
Ringwood war über dieses unerwartete Lob dermaßen gerührt, daß er errötete und
die Morning Chronicle sinken ließ. «Werde alles tun, was in meiner Macht
steht, Sherry. Du weißt, daß du es nur zu sagen brauchst», erklärte er. Dann
kam ihm aber ein beunruhigender Gedanke, und er fügte argwöhnisch hinzu: «Das heißt,
sofern es sich nicht darum handelt, George eine Botschaft zu überbringen.»
    «George
eine Botschaft zu überbringen?» wiederholte Sherry. «Warum zum Kuckuck sollte
ich George eine Botschaft überbringen lassen?»
    «Wenn es
nicht der Fall ist, dann ist's ja egal. Denn das täte ich nicht, Sherry, und es
hätte auch keinen Zweck, mich darum zu bitten.»
    Mr.
Fakenham schüttelte bedeutungsvoll den Kopf. «Hat wieder einmal etwas
übelgenommen», sagte er. «Kam gestern bei mir hereingekracht, fragte, wo du
bist. Hätte ich meinen Verstand beisammengehabt, dann hätte ich ihm gesagt, du
bist nach Leicestershire gefahren. Tut mir verflucht leid, Sherry! Bin aber am
Vormittag nie in guter Form!»
    «Ach, zum
Henker mit George!» sagte Sherry. «Er soll nur nicht glauben, daß er mir ein
Loch durch die Brust schießen wird – das wird ihm nicht gelingen!»
    «Scheint
aber sehr drauf aus zu sein», sagte Mr. Fakenham bedenklich.
    «Sagt ihm,
er soll etwas Niederschlagendes einnehmen! Aber deswegen bin ich nicht
hergekommen. Gil, wo und wie verschafft man sich eine Speziallizenz?»
    Die Frage
bewirkte, daß die beiden Freunde Seiner Lordschaft in betäubtes Schweigen
verfielen. Mr. Fakenhams etwas vorstehende Augen beglotzten seinen Cousin in
wahrhaft erschreckender Weise. Mr. Ringwoods Kinn sank merklich herab.
    «Also, was
ist denn los?» fragte Sherry. «Erzählt mir ja nicht, daß ihr noch nie etwas von
einer Speziallizenz gehört habt.

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