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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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doch jetzt tut er's nicht mehr; aber auf alle Fälle wissen die meisten Leute,
daß sie es mir nur zu sagen brauchen, wenn ihnen etwas abgeht, nachdem sie bei
mir gewesen sind. Wenn ich es verlange, gibt er seine Beute stets wieder
zurück. Oh, da fällt mir etwas ein! He, Jason! Laß dir ja nicht einfallen,
dieser Dame hier jemals etwas zu stehlen – hörst du! Ich schmeiße dich ohne
Zeugnis hinaus, wenn sie auch nur ein Taschentuch vermißt!»
    «O nein,
Guv'nor, das können Sie nich tun!» stieß der Reitknecht entsetzt hervor.
    «Nun gut»,
gab Sherry zu, «ich glaube es ja auch nicht. Aber ich würde dir alle Knochen
im Leibe brechen, also vergiß es nicht!»
    Diese
wahrhaft gütige Abschwächung seiner Drohung schien den Reitknecht sichtlich zu
erleichtern. Er seufzte tief auf und erbot sich in ritterlicher Weise, er möge
von Enten aufgefressen werden, wenn er sich je soweit vergäße, seiner künftigen
Gebieterin auch nur eine Nadel zu stehlen.
    Der
Viscount, der diese Versicherung befriedigt zur Kenntnis nahm, erklärte hierauf
Miss Wantage, daß sie ganz beruhigt sein könne. «Ich glaube tatsächlich nicht,
daß ihm je der Gedanke käme, dich zu bestehlen», vertraute er ihr an. «Dennoch
ist es besser, ganz sicher zu gehen. Komischer kleiner Kerl! Läßt sich für mich
in Stücke reißen! Hol's der Teufel, wenn ich weiß, warum!»
    «Wie alt
ist er?» fragte Hero.
    «Hab keine Ahnung,
mein Liebes. Ich glaube, er auch nicht. Nehme an, daß er nicht mehr als
achtzehn oder neunzehn ist.»
    «Er ist so
winzig klein.»
    «Oh, das
macht nichts. Er ist einmal zum Jockey ausgebildet worden, bis man ihn wegen
Diebstahls aus dem Stall geworfen hat. Weißt du was, Kätzchen? Ich habe
inzwischen nachgedacht, ich glaube, es wäre am besten, dich ins Grillon zu
bringen.»
    «So? Wo ist
es, Sherry?»
    «Albemarle
Street. Es ist ein Hotel. Entsetzlich fad und solid, aber das kann man nicht
ändern.»
    «Werden wir
dort zusammen wohnen?» fragte Hero ein wenig nervös.
    «Du lieber
Gott, nein! Das hieße den Teufel heraufbeschwören. Wir werden ohnedies genug
Scherereien haben, damit wir eine Geschichte erfinden, die es rechtfertigt,
daß ein junges Ding in deinem Alter ohne Gardedame oder Kammerfrau in der
Geographie herumfährt. Ja, und Koffer hast du ja auch keine! Wir hätten eine
Manteltasche und einige Hutschachteln mitbringen müssen. Das Grillon wird dich
ohne Gepäck niemals aufnehmen. Warum habe ich nur nicht früher daran gedacht?»
    «O Sherry,
das sieht dir wieder ganz ähnlich», bemerkte Miss Wantage standhaft. «Du
achtest nie auf das, was ich sage, und dann gibst du mir die Schuld, wenn etwas
schiefgeht. Immer! Du weißt sehr gut, daß ich dir sagte, du sollst mich einen
Portemanteau packen lassen. Was sollen wir jetzt tun?»
    «Nun, das
kann man nicht ändern. übrigens habe ich kein Wort von Schuld gesagt, nicht ein
einziges!»
    «Nein, aber
du wolltest es gerade tun», erwiderte Hero mit einem mutwilligen Blick. «Ich
kenne dich doch, Sherry!»
    Er grinste.
«Kleine Katze! Und jetzt will ich dir sagen, was wir tun werden. Wir fahren
direkt zu meiner Wohnung, schicken meinen Kammerdiener, den Bootle, in die
Stadt, um einige Koffer für dich zu kaufen, nehmen eine Droschke und fahren in
die Bond Street, kaufen dort, was du für die Nacht brauchst, bringen alles in
meine Wohnung, packen ein und fahren damit ins Grillon. Dort werde ich sagen,
daß du meine Schwester bist – nein, das geht nicht: zehn zu eins wissen sie, daß
ich keine Schwester habe. Aber ich werde sagen, daß du meine Cousine bist, die
wieder in ihre Schule nach Bath fährt. Bist aus Kent gekommen – das ist sogar
wahr – verbringst eine Nacht in London – ich versprach, dich abzuholen –
Kammerfrau brach sich beim Aussteigen aus dem Wagen den Fuß – wurde ins Spital
gebracht – du hast keine weiblichen Verwandten in der Stadt – was sollte ich
also tun? Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Bringe dich in ein
vornehmes Hotel, könnte nichts Besseres tun!»
    Da Miss
Wantage an diesem Plan nichts auszusetzen fand, verlief der Rest der Fahrt sehr
angenehm mit der Ausgestaltung der so geschickt erfundenen Geschichte des
Viscount, der sie noch einige Details hinzufügten, und unter herzlichem
Gelächter über die bevorstehende Fassungslosigkeit ihrer respektiven
Verwandten.
    Als sie die
Metropole erreichten, erhob sich ein kleiner Streit, weil Miss Wantage den
dringenden Wunsch hegte, sich ein wenig umzusehen, und der

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