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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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endlich das Dinner einzunehmen. Bootle hatte sich inzwischen des in
ihn gesetzten Vertrauens als würdig erwiesen, es blieb demnach nichts weiter
übrig, als die verschiedenen Einkäufe in zwei Lederkoffer zu packen und eine
andere Droschke herbeizurufen, um sie ins Hotel Grillon zu bringen.
    Als sie in
dem bescheidenen Vehikel saßen, schob Miss Wantage ihre schmale behandschuhte
Hand in die Sherrys und sagte mit bebender Stimme: «Danke, Sherry! Oh, ich
wollte, ich könnte das ausdrücken, was ...! Weißt du, es hat mir nämlich vorher
noch nie jemand etwas geschenkt!»
    «Armes
kleines Ding!» sagte Seine Lordschaft und tätschelte freundlich ihre Hand.
«Komm, weine nicht! Weißt du, du kannst jetzt alles haben, was du willst. Das
heißt mit Ausnahme von dem abscheulichen Hut mit der roten Feder! Und hör mich
an, Kätzchen, daß du ihn morgen nicht doch kaufst! Wenn du es tust, schicke ich
ihn augenblicklich wieder zurück!»
    «Nein,
Sherry, ich verspreche dir, es nicht zu tun!»

4
    Am
folgenden Morgen – es war nicht viel später als zehn Uhr – saßen zwei junge
Herren beim gemeinsamen Frühstück im Wohnzimmer eines Hauses der Stratton
Street. Die Wohnung, deren Besitzer Mr. Gilbert Ringwood war, wies alle
Merkmale einer Junggesellenbehausung auf, und ihre altmodischen Möbel schienen
eher der Behaglichkeit als der Eleganz zu dienen. Auf einem Mahagonibüfett
standen eine Flaschenbatterie, Pokale, Kannen und Punschbowlen; in einer Ecke
des Zimmers lehnte ein Florettpaar, an den Wänden hingen, nebst einer Serie
sportlicher Holzschnitte und Stahlstiche, einige Reitpeitschen; drei Schnupftabakdosen,
eine Zigarrenkiste und eine Marmoruhr zierten den Kamin; in dem imposanten
Spiegel, der darüber hing, staken in dem etwas lockeren Rahmen verschiedene
Einladungen und zwei Vorankündigungen: die eine bezog sich auf die
bevorstehende Vorführung eines Hahnenkampfes, die andere auf einen Boxkampf,
der unter der Patronanz von Mr. John Jackson in den Five-Courts, Westminster,
stattfinden sollte. Für die sportlichen Neigungen des Wohnungsinhabers legten
weiteres Zeugnis ab: ein Stoß der Weekly Dispatches und ein Rennkalender,
die auf dem Schreibtisch beim Fenster lagen.
    In der
Mitte des Zimmers stand ein ovaler weißgedeckter Tisch, auf dem sich jene
Speisen befanden, von denen anzunehmen war, daß sie den Appetit von Mr.
Ringwood und seinem Zechkumpan, dem Honourable Ferdinand Fakenham, reizen
würden. Dieser war allerdings sehr gering. Keiner der beiden Herren war
imstande gewesen, an gepökelten Heringen oder an Eierspeise Geschmack zu
finden; sie hatten lediglich mit winzigen Scheibchen eines Lendenstücks
herumgespielt und höchstens eine Gabelspitze des allerfeinsten Yorkschinkens
hinuntergebracht. Sie verschmähten die Schokolade, die für sie in einer
silbernen Kanne bereitgestellt war, und wuschen die Bissen, die sie für ihr
Frühstück gewählt hatten, dafür mit Ale hinunter, das sie sich aus einem
großen braunen Krug in handliche Pokale einschenkten.
    Mr.
Ringwood, der, wie es sich gehörte, an der Spitze der Tafel saß, war äußerst
elegant gekleidet; er trug einen Rock aus besonders feinem Tuch mit großen
Perlmutterknöpfen; dazu ein Paar exquisite Unaussprechliche, hessische
Stulpenstiefel von überwältigendem Schnitt und Glanz. Durch den Umstand, daß er
in seinem Rock geschlafen hatte, war Mr. Fakenham derzeit mit einem
Dressinggown von Mr. Ringwood bekleidet. Es war ein prächtiges Gewand aus
Seidenbrokat, dessen leuchtende Pupurfarbe auffallend schlecht mit der
geisterhaften Blässe von Mr. Fakenhams liebenswürdigem, wenn auch etwas leerem
und ausdruckslosem Gesicht harmonierte.
    Es war
durchaus nicht beabsichtigt gewesen, daß der Honourable Ferdinand die Nacht
auf dem Sofa in der Wohnung seines Freundes verbringen sollte. Der Abend, den
sie in der Castle Tavern in Holborn verbrachten, hatte in ihm eine derartige
Zuneigung für Mr. Ringwood entfacht, daß sie ihn dazu veranlaßte, diesen
Gentleman bis in die Stratton Street zu begleiten, anstatt seine ziemlich
unsicheren Schritte in die Richtung seines väterlichen Wohnsitzes am Cavendish
Square zu lenken. Entweder in einer natürlichen Abneigung, seinen Weg
fortzusetzen, oder in der nebulosen Vorstellung, seinen richtigen
Bestimmungsort bereits erreicht zu haben, hatte er Arm in Arm mit seinem
Freund das Haus betreten, war zielstrebig auf das Sofa zugeschwankt, hatte sich
darauf ausgestreckt und Mr. Ringwood – denn er war ein Muster

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