Georgette Heyer
Natürlich habt ihr davon gehört!»
Mr.
Ringwood schluckte heftig ein- bis zweimal. «Du meinst doch nicht eine
Heiratslizenz, Sherry?»
«Ja, doch.
Was sollte ich sonst meinen? Eben das Zeug, das man haben muß, wenn man rasch
heiraten will.»
«Sherry,
sie wird dich doch nicht erhört haben?» sagte Mr. Ringwood, dem der Mund offen
stehenblieb und der Kopf zu wirbeln begann.
«Sie?»
fragte der Viscount stirnrunzelnd. «Oh, du meinst die Unvergleichliche! Ach
Gott, nein. Wollte nichts von mir wissen. Nein, sie ist es nicht!»
«Du gütiger
Gott!» sagte Mr. Ringwood und entspannte sich merklich. «Sherry, lieber alter
Junge, ich wäre froh, wenn du einem nicht plötzlich so einen Schrecken einjagen
würdest. War derartig entsetzt – Wer braucht denn diese Speziallizenz?»
«Ich. Sage
ich dir das denn nicht andauernd? Scheint mir fast, daß du dich gestern abend
ebenso vollaufen hast lassen wie Ferdy.»
Mr.
Ringwood starrte erst ihn an und dann, als suche er stumm eine Unterstützung,
Mr. Fakenham.
«Aber du
sagtest doch selbst, daß sie nichts von dir wissen will», sagte Mr. Fakenham.
«Habe es ganz genau gehört. Wenn sie dich nicht will, dann hat eine
Speziallizenz gar keinen Sinn. Hat auf keinen Fall einen Sinn. Ein Aufgebot,
das willst du.»
«Nein»,
erwiderte Sherry. «Ein Aufgebot hat für mich keinen Zweck. Ich brauche eine
Speziallizenz.»
«Ein
Aufgebot ist viel billiger», führte Mr. Fakenham an. «Was hat es für einen
Sinn, deinen Zaster für eine Speziallizenz hinauszuwerfen? Dummes Zeug! Viel
besser, du hältst dich ans Aufgebot.»
«Du bist
ein Esel, Ferdy», sagte Seine Lordschaft, der sich kein Blatt vor den Mund
nahm. «Ich heirate noch heute, und ohne Speziallizenz geht das nicht.»
«Sherry, du
hast dich gestern vollaufen lassen!» rief Mr. Ringwood mit einem Anstrich von
Strenge. «Wie kannst du heute heiraten, wenn du selbst sagst, daß sie nichts
von dir wissen will!»
«Himmel,
könnt ihr denn nie an ein anderes Mädchen denken als an Isabella Milborne?»
fragte Sherry. «Natürlich heirate ich jemand andern.»
Mr.
Ringwood blinzelte heftig. «Jemand andern?» fragte er ungläubig.
Mr.
Fakenham, der darüber nachgedacht hatte, sagte: «Oh! Jemand andern. Kein Grund,
warum er das nicht tun kann, Gil.»
«Ich habe
nicht gesagt, daß er es nicht kann», erwiderte Mr. Ringwood. «Ich meine, daß
mir das Ganze unsinnig vorkommt. Er fuhr nach Kent, um Isabella einen
Heiratsantrag zu machen, nicht wahr? Gut. Und jetzt platzt er hier herein und
erklärt, er heirate jemand andern. Ich finde es einfach lächerlich! Habe kein
andres Wort dafür: einfach lächerlich!»
«Du hast
recht», sagte Ferdy, von dieser Auffassung des Falles mächtig ergriffen. «Er
hält uns wieder zum besten. Das solltest du nicht tun, Sherry. Wenigstens nicht
zu so früher Morgenstunde.»
«Hol euch
der Teufel! Ich spreche im Ernst», sagte Sherry und stellte seinen Pokal mit
einem solchen Krach nieder, daß Ferdy aufsprang wie ein erschrecktes Reh. «Ich
heirate ein Mädchen, das ich mein ganzes Leben lang kenne. Verdammt, ich muß
doch heiraten! Wenn ich es nicht tue, bin ich pleite!»
«Wer ist
es?» fragte Mr. Ringwood. «Sherry, lieber alter Junge, du wirst doch nicht um
das Stowe-Mädchen angehalten haben? Doch nicht um die mit dem
Kaninchengesicht?»
«Nein,
natürlich nicht. Ihr kennt sie nicht. Sie war noch nie im Leben in London. Bin
gestern mit ihr durchgebrannt.»
«Aber,
Sherry!» verwies Mr. Ringwood, aufs äußerste erschüttert. «Nein, aber, aber,
mein Junge! So etwas tut man doch nicht!»
«Nun, ich
habe es eben doch getan», erwiderte der Viscount etwas mürrisch.
Mr.
Fakenham wollte sich nützlich erweisen und machte einen Vorschlag. «Du mußt
nach Gretna Green, Sherry. Mit einem vierspännigen Postwagen.»
«Du guter
Gott, nein. Es ist auch so schon schlimm genug.»
«Du
könntest ja in der Fleet heiraten», schlug Mr. Fakenham vor.
Der
Viscount erhob sich zornig. «Ich sagte euch doch, daß es sich keineswegs um
eine Angelegenheit dieser Art handelt. Ich werde in der Kirche heiraten, wie es
sich gehört. Aber dazu brauche ich eine Speziallizenz.»
Mr.
Fakenham entschuldigte sich und Mr. Ringwood hüstelte leicht. «Sherry, alter
Junge – möchte mich nicht in deine Angelegenheiten mischen –, möchte dich auch
um alles in der Welt nicht beleidigen! Aber – du hast doch nicht etwa die
Absicht, die Tochter eines. Portiers oder etwas Derartiges zu
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