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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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zweispännigen Kutsche für eine Reise von über
dreihundert Meilen in eine äußerst knappe Lage bringen. Wie Mrs. Floore fühlte
auch er, daß es gemein schäbig war, in einem geringeren Gefährt als einer
vierspännigen Kutsche durchzubrennen, aber da konnte man eben nichts machen.
Dann aber fiel ihm ein: wenn er die Chaise irgendwo unterwegs auszahlte und in
einem Reisewagen oder einer Expreßpostkutsche weiterführe, würde das nicht
allein eine große Ersparnis bedeuten, sondern außerdem Rotherham – falls er
sie verfolgte – von der Spur abbringen. So mietete er eine Chaise nach
Wolverhampton und glaubte, damit einen meisterhaften Schachzug getan zu haben.
    Diese Hochstimmung war jedoch nur
von kurzer Dauer. Er und die gelbe Kutsche kamen genau zehn Minuten vor zehn
auf dem Queen's Square an, für den Fall, daß Emily früher dran sein sollte; das
bedeutete, daß ihm fünfundzwanzig Minuten lang nichts übrigblieb, als voll
Nervosität auf der einen Seite des Platzes unruhig und verärgert auf und ab zu
wandern, Beute düsterer Vorahnungen. Und als Emily endlich auftauchte, zwei
Hutschachteln in den Händen und vollkommen aufgelöst, rief sie atemlos und
ohne den Postillion auch nur im geringsten zu beachten: «Oh, es tut mir so
leid! Ich konnte nicht früher entwischen, weil Betsey ewig bei Großmama ein- und ausging, und sie hat mich bestimmt gesehen! Bitte, sei nicht böse! Es war
wirklich nicht meine Schuld.»
    Nichts hätte unseliger sein können,
wie Gerard sofort entdecken mußte. Der Postillion zog den Strohhalm aus dem
Mund und gab unmißverständlich bekannt, daß er sich als Mann strenger
Grundsätze unmöglich dazu hergeben könne, Beihilfe zu einer Ausreißerhochzeit
zu leisten, es sei denn, er würde durch metallisches Klingeln moralisch kräftig
unterstützt. Sein Benehmen war die verkörperte Liebenswürdigkeit, und ein
breites Grinsen zierte sein gemütliches Gesicht, aber Gerard hielt es –
zähneknirschend – für richtiger, auf seinen Vorschlag einzugehen und die Schnur
seines Geldsäckels zu lockern. Bei der Berechnung unvorhergesehener Auslagen
für die Reise hatte er Bestechung der Postburschen nicht einkalkuliert. Es war
daher nicht überraschend, daß seine ersten Worte an Emily, als er in die
Kutsche kletterte und sich neben sie setzte, eher
verärgert als liebevoll klangen. «Warum zum Teufel hast du das alles vor dem
Kerl sagen müssen?» fragte er. «Ich war in der Remise vorsichtig genug, ihnen
zu erzählen, daß du meine Schwester seist! Wenn du die Wahrheit weiterhin so
heraussprudelst, werde ich natürlich kein Geld mehr haben, um die Postillions
zu bezahlen, oder die Zölle, oder sonst etwas!»
    «Oh, es tut mir leid! Oh, sei nicht
böse!» flehte sie.
    «Nein, nein», versicherte er ihr.
«Guter Gott, wie könnte ich böse auf dich sein, teuerste, süßeste Emily? Ich
habe nur gesagt – na, du mußt doch selbst zugeben, daß es das Kopfloseste war,
was du tun konntest!»
    Ihre Lippen zitterten. «Oh ...!»
    «Nein, so schlimm war es nun auch
wieder nicht!» sagte Gerard hastig und legte den Arm um ihre Taille. «Du bist
nur ein liebes kleines Gänschen! Aber sieh dich vor, mein Liebling! Von allem
anderen abgesehen – wenn es unterwegs bekannt wird, daß wir durchbrennen,
könnte man uns leicht auf die Spur kommen, und das wollen wir doch nicht, wie?»
    Nein, das wollte Emily entschieden
nicht. Der bloße Gedanke daran, daß sie verfolgt werden könnten, ließ sie
erschauern, und sie wandte ihm Augen groß wie Untertassen zu. «G-glaubst du,
daß M-Mama mich holen kommt?» stammelte sie.
    «Guter Gott!» brachte er heraus.
«Daran habe ich gar nicht gedacht. Ja, das könnte sie sehr leicht tun, aber
ich bin überzeugt, sie wird es nicht über sich bringen, so viel auszulassen,
was ein Vierspänner kostet, denn du hast mir selbst erzählt, daß bei deinem
Papa die Spielmarken nicht sehr häufig mit seinen Münzen im Einklang stehen,
und du hast keine Ahnung, was es kostet, vier Pferde zu mieten, Emily! Verlaß
dich darauf, sie würde nur ein Einzelpaar mieten!»
    «Ja, aber Großmama hat sehr viel
Geld!»
    «Nun, das hat nichts zu sagen. Wenn
deine Mutter erst heute nachmittag in Bath zu erwarten ist, haben wir mehrere
Stunden Vorsprung. Sie kann uns nie einholen – selbst wenn sie wüßte, wohin
wir gefahren sind, was sie aber nicht weiß. Die Person, an die ich eher denke,
ist Rotherham.»
    «O nein! Oh, Gerard, nein!»
    Er tätschelte ihr beruhigend die
Schulter.

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