Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
Vom Netzwerk:
dachte –, den Eindruck zu erwecken, daß er seine Neuerungen für eine
große Verbesserung alles dessen hielt, was von seinem Vorgänger gemacht worden
war. Fanny versuchte Serena zu überzeugen, daß er damit anscheinend ihrem Vater
nicht unrecht tun wollte, aber ihre Versuche, Frieden zu stiften, führten nur
dazu, daß Serena die Schale ihres Zorns nun über ihrem Haupt ausgoß. Serena,
die ebenso wie Fanny durch die Eintönigkeit ihrer Tage gereizt war, fand ein
Ventil für ihre zurückgestaute Energie darin, daß sie auf dem Milverley-Besitz
herumritt, nach Veränderungen forschte – die ihr alle unannehmbar erschienen –,
Unterlassungen aufspürte und mit den Pächtern plauderte oder
Verbesserungen mit dem Amtmann besprach, wie sie es immer getan hatte, und
geriet daher jede Woche ein halbdutzendmal in Reibereien mit ihrem Vetter. Die
Sache wurde noch schlimmer dadurch, daß sie viel öfter im Recht war als er; und
da ihm die Herzlichkeit des verstorbenen Earls abging, war er nicht sehr
beliebt, während Serena, die sie von ihrem Vater geerbt hatte, von allen
geliebt wurde.
    Serena, die widerstandsfähiger als
Fanny war, gab den Prüfungen, denen sie ausgesetzt war, nicht nach, sondern
versuchte die Langeweile zu bekämpfen, indem sie sich noch viel stärker – und
sehr zum Verdruß ihres Vetters – auf die Angelegenheiten von Milverley
stürzte. Hätte sie nur einen gleichgesinnten Gefährten gefunden, mit dem sie
ihre Gedanken hätte austauschen können, hätte sie sich mehr zurückgehalten,
aber in ihrer unmittelbaren Umgebung schien ein solcher Mensch nicht zu
existieren. Sie wurde immer ungeduldiger zu Fanny; und gerade weil sie ihre
Verärgerung beherrschte, verschlimmerte sich diese nur um so mehr. Es gab Tage,
da hatte sie das Gefühl, daß sie und Fanny zwei verschiedene Sprachen redeten,
und sie es fast vorgezogen hätte, mit ihrer Tante zusammen eingepfercht zu
hausen. Sie wäre dann zwar im Gegensatz zu fast jeder Meinung Lady Theresas
gestanden; aber Fanny hatte überhaupt keine Meinung. Wenn Lady Theresa, eine
vollendete und gewissenhafte Briefschreiberin, mitteilte, daß Lady Waldgrave
sterbenskrank an der Wassersucht darniederlag – dafür konnte sich Fanny
interessieren, und sie pflegte dann die traurige Neuigkeit viel ausführlicher
zu diskutieren, als Serena dies für nötig hielt; aber wenn Lady Theresa ihrer
Nichte schrieb, Einsparungen seien derzeit das Hauptthema, und es sei ein
offenes Geheimnis, daß die Opposition plane, einen Angriff auf die
Einkommensteuer, die die Nation nun seit zehn Jahren zu ertragen hatte, zu
lancieren, und es heiße, der Vorschlag gehe dahin, den derzeitigen Wert des
Pfundes von zwei Shilling auf die Hälfte herunterzusetzen – dann hatte Fanny
nichts anderes dazu zu sagen als ein vages: «Oh!» Was Lavalettes Rettung durch
drei britische Untertanen betraf – was, wie Lady Theresa versicherte,
gegenwärtig heiß diskutiert wurde –, hielt Fanny zwar eine Flucht für sehr
aufregend, konnte aber nicht das geringste Verständnis für die größeren
Aspekte der Angelegenheit aufbringen.
    Eben als Serena dachte, daß ihr
sogar Rotherham in seiner streitsüchtigsten Stimmung willkommener wäre,
brachte ihr die Post einen Brief von ihm. Er benachrichtigte sie kurz angebunden,
daß die gerichtliche Bestätigung des Testaments endlich eingetroffen sei und
er irgendwann in der kommenden Woche im Dower House vorsprechen würde, da er
zu dieser Zeit in Claycross zu sein gedachte, um ihr die Arrangements zu erklären, die getroffen
worden waren, damit sie ihre Apanage, wie und wann sie sie brauchte, abheben
konnte; mit Empfehlungen etc., Rotherham.
    «Du lieber Himmel, er schmollt noch
immer!» rief Serena angewidert aus und warf das Blatt ins Feuer. «Und was
bildet er sich eigentlich ein, einfach kühl zu schreiben, er würde irgendwann
nächste Woche hier erscheinen? Wenn er kommt, ohne die Höflichkeit aufzubringen
und sich zu erkundigen, wann es uns paßt, ihn zu empfangen, wird ihm Lybster
mitteilen, daß keine von uns beiden zu Hause ist! Ich jedenfalls gedenke seine
hochfahrende Art nicht zu dulden!»
    Fanny schaute erschrocken drein,
aber zum Glück für ihren Seelenfrieden machten es die Umstände unmöglich,
diesen liebenswürdigen Plan auszuführen. Rotherham kam in seinem zweirädrigen
Jagdwagen herübergefahren und hielt vor dem äußeren Gartentor des Dower House,
gerade als es Serena auf ihrer Stute aus der entgegengesetzten

Weitere Kostenlose Bücher