Georgette Heyer
ohne auch nur
irgend jemanden anderen zu bemerken, und wenn sie nicht da ist, zischt er
hinaus wie ein Hund, dem man den Schwanz kupiert!»
Verärgert rief Fanny aus: «Oh, wie
konnte ich nur so kopflos sein?! Ich habe nicht im Traum daran gedacht, daß die
Leute es bemerken – daß sie über Lady Serena sprechen ...!»
«O Gott, Ma'am, wer kümmert sich
schon um ein bißchen Klatsch?» sagte Mrs. Floore tröstend. «Da ist noch nichts
dabei, wenn einem schönen Mädel der Hof gemacht wird, und wenn die Leute reden
wollen, na, dann lassen Sie sie eben reden!»
Dasselbe sagte Serena. «Meine liebe
Fanny, reg dich nicht auf! Die Leute haben schon über mich zu reden angefangen,
als ich im Hyde Park kutschierte! Damals war ich achtzehn – und Papa hat sich
herzlich wenig um die Mißbilligung der kritischen Geister gekümmert! Als ich
erklärte, ich wolle nicht länger mit einer Duenna belastet sein, haben sie die
Hände vor Entsetzen zusammengeschlagen; als ich Rotherham sitzenließ, galt ich
als unverbesserlich! Rechne meine sonstigen Schlechtigkeiten dazu, und du mußt
dir klar sein, ich habe den Leuten so viel zu reden gegeben, daß – hätte ich
mich um ihr Geflüster gekümmert – ich in ein Nonnenkloster hätte gehen müssen!
Und außerdem – hat dich nicht schon meine Tante gewarnt, daß ich ein flauerhaftes
Ding sei?»
«Serena, sag so etwas nicht!»
«Na, es ist eigentlich ziemlich
wahr», sagte Serena aufrichtig. «Wie oft hast selbst du mir schon vorgeworfen,
daß ich mit den Gefühlen irgendeines lächerlichen Geschöpfes spiele?»
«O nein, nein, so etwas habe ich nie
gesagt! Nur, daß du so temperamentvoll bist, Liebste, und so wunderschön, daß
– daß sich die Männer einfach nicht helfen können und sich in dich verlieben
müssen, und du dir deiner Schönheit so wenig bewußt bist, daß du es gar nicht
merkst!»
«Fanny, du bist ein Gänschen!» sagte
Serena streng. «Natürlich merke ich es! Wenn mir ein ansehnlicher Mann die Ehre
antut, mich für schön zu halten – ach, daß es nicht mehr ihrer Sorte gibt! Aber
meine roten Haare sind ein trauriges Manko, mußt du wissen –, nun, wenn er mich
wirklich bewundert, was soll ich denn sonst tun, als ihn mit einem kleinen,
eleganten Geplänkel belohnen?»
«Wie kannst du nur so reden? Wenn
ich glauben müßte, daß du mit Major Kirkby flirtest – o nein, Serena, das
kannst du nicht tun!»
«Da hast du sehr recht! Das ginge
über meine Kräfte. Dazu ist er nicht fähig!»
«Wenn du nur einmal ernst sein
wolltest!» sagte Fanny verzweifelt.
«Das kann ich nicht! Nein, nein, geh
mir ja nicht mit Fragen auf die Nerven, oder mit Predigten über Schicklichkeit,
Fanny! Sehr wahrscheinlich bin ich verrückt – und ich glaube manchmal
wirklich, ich bin es! –, aber entweder komme ich wieder zu mir oder – oder –
eben nicht! Und was die Welt angeht, die kann von mir aus zum Teufel gehen!»
Fanny konnte daraus nur schließen,
daß sie ebenso verliebt war wie der Major, und wünschte, daß er endlich zur
Sache käme. Sie konnte sich nicht erklären, warum er das nicht tat, und fragte
sich schon, ob vielleicht irgendein Hindernis bestehe, als er zu ihrer
Überraschung eines Nachmittags in den Salon geführt wurde und, als er ihre Hand
ergriff, sagte: «Ich hoffte, Sie allein zu Hause anzutreffen. Ich weiß, Serena
ist ausgegangen; aber ich wollte eben eigens Sie sprechen! Sie sind ihr
Schutzengel – also die geeignetste Person, die ich um Rat fragen kann. Sie
kennen sie – ich glaube, Sie müssen die Gefühle, die ich empfand – Lady
Spenborough, in der Freude, sie wiederzusehen, ihre Stimme zu hören, ihre Hand
berühren zu dürfen, waren alle anderen Bedenken vergessen! Ich war einfach ...»
Er brach ab, versuchte, sich zu sammeln und machte einige hastige Schritte.
Ahnungsvoll sagte sie nach einer
Weile: «Sie waren einfach, Major Kirkby ...?»
«In einem Traum glücklich! Einem
jahrelangen Traum, der plötzlich Wirklichkeit geworden zu sein schien!»
«Ein Traum! Verzeihen Sie, aber
warum nennen Sie das so?» fragte sie besorgt.
Er wandte sich um und kam zum Kamin
zurück.
«Hätte ich es anders nennen sollen?
Lady Spenborough, diese Frage stelle ich mir selbst immer wieder. Ich sage mir,
es könnte Wirklichkeit werden, aber ich kann den Zweifel – die Skrupel – nicht
zum Schweigen bringen, die mich warnen, es Wirklichkeit werden zu lassen!»
Seine Erregung, die Erschütterung,
die ihn sichtlich quälte, der bedrückte Blick,
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