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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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wagte er nicht, sich umzudrehen.
    Kurz darauf begrüßte Fanny Serena
erleichtert. «Oh, ich bin so froh, daß du endlich da bist! Ich hatte schon
Angst, daß dir etwas zugestoßen ist, weil du so endlos lange
fort warst! Guter Gott, Liebste, was ist geschehen? Du schaust drein, als sei
dir ein Vermögen geradewegs vom Himmel zugefallen!»
    «Kein Vermögen!» sagte Serena mit
strahlenden, funkelnden Augen, und ein Lächeln huschte um ihren Mund. «Etwas
Besseres und viel Unerwarteteres! Ich habe – einen alten Bekannten getroffen!»
    «Da würdest du nicht so
dreinschauen! Liebste, jetzt sag im Ernst, ich bitte dich ...!»
    «Das kann ich nicht! Du mußt mich
entschuldigen. Hast du dich je einmal wieder ganz als junges Mädchen in seiner
ersten Ballsaison gefühlt? Es ist das Wunderbarste, das man sich vorstellen
kann! Ich habe ihm gesagt, er darf uns besuchen – bitte, sei so nett und laß
ihn dir gefallen! Es wird ein Erlebnis sein, sein Gesicht zu sehen, wenn ich
ihn dir vorstelle – er erwartet, daß du einen Turban trägst, Fanny!»
    Fanny ließ ihren Stickrahmen fallen.
«Er?» Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht. «Doch nicht – oh, Serena, du willst
doch nicht sagen, daß du jenen jungen Mann wieder getroffen hast? Den Mann, von
dem du mir erzähltest, daß du ihn geliebt hast – den einzigen Mann, den du je
geliebt hast?»
    «Hab ich das gesagt? Ja, er ist es!»
    «Oh, Serena!» seufzte Fanny ekstatisch.
«Bin ich glücklich! Das ist ja direkt ein Roman! Wenigstens – ist er ledig,
Liebste?»
    «Ja, natürlich! Das heißt, ich habe
ihn gar nicht gefragt. Aber das steht außer Zweifel! Ich bin nur neugierig, wie
bald er es für schicklich hält, uns zu besuchen. Ich ahne, es wird nicht lange
dauern!»
    Es dauerte nicht lange. Major Kirkby
machte seinen formellen Besuch am nächsten Tag und kam in Laura Place
unmittelbar nach einem Gewitter an. Lybster, der ihm den triefend nassen Mantel
und Hut abnahm, schickte Fannys Pagen schleunigst um ein Stück Putzleder, um
die schicken Schaftstiefel des Majors abzureiben, und erlaubte sich verstohlen,
aber mit ungewöhnlichem Interesse, diesen Besucher zu prüfen, der sich nicht
durch ungünstiges Wetter abhalten ließ, einen Morgenbesuch zu machen. Lybster
war informiert worden, daß Ihre Gnaden irgendwann den Besuch eines Majors
Kirkby erwarte, aber es war ihm keinerlei Verdacht aufgetaucht, daß sich der
unbekannte Major als ein höchst ungewöhnlicher Besucher entpuppen würde. Wenn
er überhaupt daran gedacht hätte, so wäre vor seinem geistigen Auge das Bild
irgendeines ältlichen Einwohners von Bath aufgetaucht; und als er die Tür einem
hochgewachsenen, schönen Gentleman öffnete, schmuck gekleidet, nicht einen Tag
älter als Dreißig – falls überhaupt so alt –, erlebte er einen schweren Schock
und zog sofort seine eigenen, völlig richtigen Schlüsse. Während der Page den
Schmutz von den sehr gut geschnittenen Stiefeln wischte und der Major sein
gestärktes Halstuch zurechtzupfte, unterzog ihn Lybster einer raschen,
fachmännischen Prüfung und vermochte in wenigen Sekunden festzustellen, daß
der blaue Rock aus feinstem Tuch mit den langen Schößen aus den Händen eines
erstklassigen Schneiders kam, daß der Major einen guten Geschmack in Westen
hatte und wußte, wie man ein Halstuch modisch korrekt bindet. Er hatte
prachtvolle Schultern und für die hauteng zu tragenden Beinkleider
ausgezeichnete Beine. Dem Gesicht – einem verhältnismäßig unwichtigen Punkt –
wurde nur ein beiläufiger Blick zuteil, aber der Butler bemerkte beifällig, daß
die Züge regelmäßig waren und die ganze Erscheinung des Majors vornehm. Er
führte ihn in den Salon hinauf, und der Major folgte ihm in fröhlicher
Unkenntnis der gärenden Vermutungen, die er verursacht hatte.
    Eine Tür öffnete sich, er wurde
gemeldet und trat in ein elegant eingerichtetes Zimmer; die einzige Anwesende,
eine schlanke, kleine Dame, ganz in Schwarz, saß an einem Schreibtisch.
    Überrascht blickte Fanny auf, die
Feder zwischen den Fingern. Der Major blieb auf der Schwelle stehen und starrte
sie an. Er sah ein bezauberndes Gesicht mit sehr großen, sanften blauen Augen
und einem Mund, der zitternd und schüchtern lächelte, goldene Ringellocken, die
unter einem Spitzenhäubchen hervorlugten, und im allgemeinen eine Erscheinung
der Jugend und zerbrechlichen Zartheit. Es schoß ihm durch den Kopf, daß er in
ein falsches Haus geraten sein mußte; ziemlich aus der Fassung

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