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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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Der
eine so arrogant, so grob, so tyrannisch, im Benehmen so kurz angebunden, daß
es bis zur Unhöflichkeit geht; und der andere so gütig, so besorgt um dein
Wohlbefinden, der dich so tief liebt – o Serena, verzeih, aber ich bin
entsetzt, daß du so sprechen kannst!»
    «Das merke ich! Die beiden sind
wirklich nicht miteinander zu vergleichen. Meine Meinung über Rotherham kennst
du sehr gut. Aber ich werde mir noch gestatten dürfen, ihm das Seine
einzuräumen und ihm mit deiner Erlaubnis wenigstens eine Tugend zusprechen
dürfen! Ich nehme allerdings an, daß du es nicht als Tugend ansiehst. Wir wollen
darüber nicht streiten. Mein skandalöses Fahrzeug wartet, und wenn wir einander
nicht in die Haare geraten wollen, ist es besser, ich gehe, meine Liebe!»
    Sie ging, noch immer kochend vor
Wut, ein Umstand, der ihren Reitknecht, der eine Vorzugsstellung genoß, zu der
Bemerkung veranlaßte, es sei gut, daß sie nicht ihre berühmten Grauen
kutschiere.
    «Fobbing, halte Er den Mund!» befahl
sie ärgerlich.
    Er beachtete dies ebensowenig wie
seinerzeit die Wutausbrüche der siebenjährigen kleinen Xanthippe, sondern
überließ sich einem brummelnden Monolog, in dem er ihren Eigensinn und ihre
Charakterfehler streng kritisierte; dabei berief er sich auf viele
schimpfliche Vorfälle und schmückte seine Betrachtungen damit aus, was er zu
Seiner Lordschaft gesagt hatte, und was Seine Lordschaft zu ihm gesagt hatte;
und zeichnete von sich selbst das Bild eines mißbrauchten und eingeschüchterten
Leibeigenen, das sie zum Lachen gebracht haben würde, hätte sie auch nur auf
ein Wort gehört, das er sagte.
    Ihre Wutanfälle endeten nie mit
Trotz, und nachdem sie die Eigentümlichkeiten ihrer Mietpferde
herausgefunden hatte, war auch dieser Wutanfall verraucht. An seine Stelle trat
sehr schnell Reue, und sie sah die Wahrheit dessen ein, was Fanny gesagt hatte.
Sie sah das Gesicht des Majors vor sich, der sowohl verletzt wie verärgert
war, dachte an seine Ergebenheit, die sieben Jahre überdauert hatte, und unwillkürlich
sagte sie laut vor sich hin: «Oh, ich bin doch das größte Biest unter Gottes
Sonne!»
    «Also das, Mylady», sagte ihr
Begleiter überrascht und befriedigt, «habe ich wieder nicht gesagt und würde es
auch nicht sagen. Aber was ich sage – und, denken Sie daran, es ist genau das,
was Ihnen Seine Lordschaft immer wieder gesagt hat! –, ist, daß Sie nicht ein
temperamentvolles Gespann lenken sollen, wenn Sie einen Ihrer Anfälle ...»
    «Schimpft Er immer noch mit mir?»
unterbrach ihn Serena. «Sollten die Gäule etwa Seiner Vorstellung von einem
temperamentvollen Gespann entsprechen – meiner entsprechen sie jedenfalls
nicht!»
    «Nein, Mylady, und es wäre Ihnen
auch völlig egal, wenn sie noch so temperamentvoll wären!» sagte Fobbing
ziemlich scharf.
    «Das wäre mir durchaus nicht egal»,
seufzte sie. «Ich möchte wissen, wer wohl jetzt meine Grauen hat?»
    «Na, na, jetzt wollen wir nicht
melancholisch werden!» sagte er mürrisch. «Selbst wenn Sie ein Paar lahmer
Gäule kutschieren würden, stechen Sie ja doch jede andere Dame auf der Straße aus,
Mylady, das muß ich wirklich sagen! Aber es ist Zeit, ans Umkehren zu denken,
wenn Sie nicht zu spät heimkommen wollen – Rennpferde sind die da nun weiß Gott
nicht.»
    «Ja, wir müssen zurück», stimmte sie
zu.
    Er verfiel wieder in Schweigen, und
sie konnte ihren eigenen unbehaglichen Gedanken nachhängen. Und als sie wieder
in Laura Place eintrafen, hatte sie sich in einen derartigen Zustand der Reue
gebracht, daß er unverzüglich Ausdruck finden mußte. Ohne erst ihren Hut oder
den Kutschiermantel abzulegen, lief sie ins Wohnzimmer, streifte noch unterwegs
die Handschuhe ab und rief über die Schulter zurück: «Ich werde Thomas gleich
brauchen, er soll einen Brief für mich in Lansdown Crescent abgeben.»
    Eben versiegelte sie eine stürmisch
und fahrig hingekritzelte Entschuldigung, als sie den Türklopfer hörte. Gleich
darauf sagte die Stimme des Majors: «Sie brauchen mich nicht anzumelden!» Sie
sprang auf, als er auch schon das Zimmer betrat.
    Er war blaß und vergrämt. Er drückte
die Tür mit. der Hand hinter sich zu und sprach ihren Namen so gepreßt aus, daß
deutlich zu erkennen war, in welch starker Gemütsbewegung er sich befand.
    «O Hector, gerade habe ich dir
geschrieben!» rief sie.
    Er schien noch blasser zu werden.
«Mir geschrieben! Serena, ich flehe dich an – hör mich an!»
    Sie ging auf ihn zu und sagte

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