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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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es kein Wunder war, wenn ihn jedermann gern hatte. Wissen
Sie, er war mir gegenüber genauso nett wie Serena.»
    «Oh! Ja, nat... – ich meine, ich bin
überzeugt davon!» stammelte er ziemlich bestürzt.
    Sie stichelte an ihrer Handarbeit
weiter und war sich gar nicht bewußt, daß sie etwas gesagt hatte, was ihm ihre
Ehe bedauernswert erscheinen ließ. Sie wäre sehr schockiert gewesen, hätte sie
seine Gedanken lesen können, und völlig entsetzt, hätte sie die Wirkung dessen
erraten, was sie ihm über Serenas Leben und Wesen erzählt hatte. Ihre Worte
bestätigten nur zu klar, was ihm allmählich bewußt wurde; und mit wachsender Besorgnis
fragte er sich, ob Serena jemals mit dem Leben, das er ihr zu bieten vermochte,
zufrieden sein konnte. Aber als er mit ihr darüber sprach, sah Serena
überrascht drein und sagte: «Ich mich langweilen? Lieber Hector, was bildest du
dir jetzt wieder Absurdes ein? Verlaß dich darauf, ich werde in Kent eine Menge
zu tun finden!»
    Eine kleine Nachricht im Courier veranlaßte
sie eines Tages zu der Frage, ob er je daran gedacht habe, sich ins Parlament
wählen zu lassen. Er versicherte ihr, daß ihm der Gedanke noch nie gekommen
sei, aber bevor er wußte, wie ihm geschah, diskutierte sie die Sache, machte
Pläne, skizzierte eine eventuelle politische Laufbahn für ihn und überschlug
die verschiedenen Beziehungen, die ihr zu dem Zweck zur Verfügung standen. Mit
einem ärgerlichen Lachen unterbrach er sie: «Aber das alles wäre mir höchst
zuwider!»
    Erleichtert sah er, daß sie
anscheinend nicht enttäuscht war, denn er hatte das Gefühl gehabt,
unwiderstehlich auf einen Weg gedrängt zu werden, den sie bestimmte. «Wirklich?
Dann natürlich hättest du keine Chance», sagte sie heiter.
    Wenn sie von ihrem Leben erzählte,
während er in Spanien war, erinnerte er sich oft an Fannys Worte: Serena
schien mit unendlich vielen Leuten verwandt zu sein. «Irgendein Vetter fünften
Grades», sagte sie dann so nebenbei, bis es ihm vorkam, als sei ganz England
mit ihren Vettern übersät. Er zog sie einmal damit auf, und sie antwortete
vollkommen ernst: «Ja, und wie tödlich langweilig das ist! Man muß alle
Geburtstage im Kopf haben und den Leuten schreiben, und man muß sie zum Essen
einladen, und dabei sind einige ganz gräßliche Typen, versichere ich dir! Warte
nur, bis ich dich meinem Vetter Speen vorstelle! Fanny kann dir erzählen, daß
sie mit offenem Mund dasaß, als sie ihn das erste Mal sah, bei einem unserer
Familientage! Er kam schon betrunken an, was ihm jedoch durchaus bewußt war,
bat sie um Entschuldigung, vertraute ihr als großes Geheimnis an, daß er ein
Kneipenbruder sei – was die ganze Welt weiß! – und er nie richtig beschwipst
sein durfte, wenn Mylady daheim war, so daß er sich entschlossen habe, solange
sie fort sei, sich immer vollaufen zu lassen!»
    «Ein gräßliches Männchen!» sagte
Fanny schauernd. «Pfui, Serena! Als hättest du keine besseren Verwandten als
diesen Speen!»
    «Stimmt! Sollte Hector über Speen
etwa nicht in Begeisterung geraten, werde ich ihn zu einem Besuch nach
Osmansthorpe mitnehmen!» sagte Serena spitzbübisch. «Liegt dir Förmlichkeit,
Geliebter? Dort lebt Seine Lordschaft tatsächlich en prince, und da er
verdrießlich veranlagt ist und eine immense Meinung von seiner eigenen Wichtigkeit
hegt, wird das Diner nur von jenen Gesprächen belebt, die er anzuschlagen
beliebt. Bevor du dein Zimmer verläßt, informiert dich jedoch der Kammerdiener,
welches Thema Seine Lordschaft diskutiert zu hören wünscht!»
    «Aber, Serena!» sagte Fanny
vorwurfsvoll. «Hören Sie nicht auf Sie, Major Kirkby! Es geht in Osmansthorpe
zwar wirklich sehr förmlich und langweilig zu, aber so schlimm ist es auch
wieder nicht!»
    «Wenn es nur halb so schlimm ist,
würde ich doch weit lieber Vetter Speen kennenlernen!» gab er zurück. «Müssen
wir wirklich bei allen deinen Verwandten der Reihe nach Besuche absolvieren,
Serena?»
    «Keineswegs!» antwortete sie prompt.
«Befiehl mir, sie uns vom Hals zu halten, und du wirst erstaunt sein, mit
welcher Wonne ich dir gehorche! Mir würde es keinen Deut ausmachen, wenn ich
die meisten von ihnen nie wiedersähe.»
    Er lachte, aber irgendwo im
Hintergrund lauerte die Angst, daß diese Menschen, ob kläglich oder langweilig,
doch ein wesentlicher Bestandteil der einzigen Lebensform waren, die sie
kannte und in der sie sich glücklich fühlte. Als er eines Tages in Laura Place
Besuch machte und annahm,

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