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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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Sorge um ihre Sicherheit, mochte sie auch ihren
Unabhängigkeitsdrang reizen, konnte sie verstehen, und sie vermochte sich dazu
zu zwingen, sie geduldig zu ertragen. Aber Kritik an ihrem Benehmen war eine
Unverschämtheit, die sie von ihm ebensowenig wie von ihrem Vetter Hartley
dulden würde. Fast hätte sie ihn schon bissig zurechtgewiesen, als er sich auf
dem Absatz umdrehte; sie war entsetzt, als sie erkannte, daß sie ihm um ein
Haar gesagt hätte, welches Evangelium immer das Benehmen der Damen seines
Standes regierte – sie sei die Tochter Spenboroughs und daher absolut
gleichgültig der Meinung gegenüber, die solche Leute von ihr hegen mochten.
    Man konnte nicht erwarten, daß sie
ihr Unrecht sofort einsehen würde. Ein nachsichtiger Vater, der
ja selbst für seine exzentrischen Launen berühmt gewesen war, hatte ihre
sportlichen Neigungen geduldet, ja ermutigt. Hatte er ihr vor ihrem ersten
Sprung gesagt, sie solle ihr Herz über das Hindernis vorauswerfen, so hatte er
ihr aus der gleichen Einstellung heraus beigebracht, auch das schwierigste Gespann
seiner Ställe zu handhaben. Auch dieser besonders hochrädrige Phaethon war auf
seine Veranlassung für sie gebaut worden – wenn man sie kritisierte,
kritisierte man damit ihn. «Was immer du tun magst, mein Mädchen», hatte der
verstorbene Earl gesagt, «nur zimperlich sei nie!»
    Da sich also der Major entfernt
hatte, ließ Serena ihre Wut an Fanny aus. «Unerträglich!» erklärte sie und ging
in ihrem burschikos kurzen Kutschierdreß im Salon auf und ab. «Ich soll
Konzessionen an die Vorurteile einer Bande von Schlampen und Zimperliesen von
Bath machen! Wenn er glaubt, daß ich das tun muß, wenn wir verheiratet sind,
dann ist es um so besser, je früher er erfährt, daß ich das nie tun werde!
Wirklich sehr nett von einem Major Kirkby, einer Carlow zu sagen, daß ihr
Benehmen unpassend ist!»
    «Aber, Liebste, das hat er bestimmt
nicht gesagt!» sagte Fanny mild vorwurfsvoll.
    «Aber er hat es zu verstehen
gegeben! Glaubt er vielleicht, mein Ruf stehe auf so unsicheren Beinen, daß er
ruiniert ist, sobald man mich ein Sportfahrzeug kutschieren sieht?»
    «Du weißt sehr gut, daß er das nicht
glaubt. Sei mir nicht bös, Serena, aber es ist nicht nur eine Bande von
leichtsinnigen Frauenzimmern von Bath, die es für gewagt hält!» Sie fügte
hastig hinzu, als sich die sprühenden Augen auf sie richteten: «Ja, ja,
natürlich ist das alles Unsinn! Du brauchst dich ja auch nicht darum zu
kümmern, aber ich bin überzeugt, jedem Mann wäre es unerträglich, wenn man
seine Frau für gewagt hielte!»
    «Was Papa ertrug, braucht Hector nicht
zu empören!»
    «Das tut es ja auch bestimmt nicht.
Jetzt aber, bitte, bitte, Serena, beruhige dich! Hat denn nicht das, was dein
Papa ertrug, sehr oft seine eigene Schwester empört?» Sie sah, wie
unwillkürlich ein Lächeln in die zornigen Augen sprang, die Lippen reumütig
zitterten, und fuhr ermutigt fort: «Was er erlaubte, muß richtig gewesen sein
– ja, wie könnte ich anderer Meinung sein? –, aber du weißt ja, er war nicht
ganz so wie andere Menschen!»
    «Nein! Der exzentrische Lord
Spenborough, wie?»
    «Glaubst du, daß es ihn ärgerte,
wenn man ihn so nannte?» fragte Fanny, ängstlich, daß sie vielleicht etwas
Beleidigendes gesagt hatte.
    «Im Gegenteil! Er hatte es gern! Wie
ich! Von mir aus kann sagen, wer will, daß ich so exzentrisch wie mein Vater
sei! Ich schaue nicht auf Titel, ebensowenig wie er – aber für langweilige,
abgeschmackte Provinzler ist jeder exzentrisch, der alle ihre faden
Schibboleths nicht beachtet! Ich tue, was ich tu, weil ich es tun will, und
nicht, um damit vielleicht interessant zu wirken, glaub mir, meine liebe
Fanny!»
    «Das weiß ich – oh, ich weiß das!»
    «Möglich; aber Hector scheint das
nicht zu wissen!» flammte Serena wieder auf. «Sein Blick – der Ton, in dem er
sprach – seine letzten Worte! Unerträglich! Auf mein Wort, ich habe doch
eigenartiges Pech mit meinen Verehrern! Zuerst Rotherham ...»
    «Serena!» rief Fanny zornrot. «Wie
kannst du von Rotherham und Major Kirkby in einem Atem sprechen?»
    «Nun, Rotherham hielt mir wenigstens
nie Predigten über die Schicklichkeit!» sagte Serena zänkisch. «Auch er
kümmert sich nicht einen Deut um den Schein.»
    «Das gereicht ihm nicht zur Ehre!
Ich weiß, du meinst nicht, was du sagst, wenn du in Wut gerätst, aber diese
beiden miteinander zu vergleichen, ist empörend – nun, vielleicht nicht?

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