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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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Sie legte sich aber
auf die Lauer, um nach Mr. Allandale Ausschau zu halten, und versperrte ihm,
als er das Haus betrat, entschlossen den Weg. Sie gab ihm unmißverständlich
bekannt, daß sie ein derartiges Treiben unter ihrem Dach nicht dulden werde. Es
war ihr sehr merkwürdig vorgekommen, daß er, nachdem er von der Anwesenheit
seiner Verlobten in seinem Wohnzimmer erfahren, sehr verstimmt ausgesehen hatte
– um es nicht drastischer auszudrücken.
    «Ausgesprochen
wütend», bekräftigte Mr. Shotwick.
    «Ich kann
mir vorstellen, daß er verwünscht verstimmt dreingeschaut hat», sagte Mr.
Hethersett, ungeduldig über die Weitschweifigkeit ihres Berichtes.
    «Ja, ja»,
sagte Mr. Shotwick, «besonders da er versuchte, sie sitzenzulassen. Denn das
ist es, was wir argwöhnen mußten, Sir.»
    «Ich wäre
sehr froh, Shotwick, wenn du dich nicht dieser abscheulich vulgären Sprache
bedientest», sagte sein geliebtes Weib scharfzüngig. «Mir kam kein derartiger
Gedanke – wenigstens nicht sogleich.»
    «Nicht
bevor der Radau begann», pflichtete ihr Mr. Shotwick bei. «Himmel, wie sie zu
toben begann! Ich dachte, alle Nachbarn würden zusammenlaufen!» Er schüttelte
traurig den Kopf. «Man mußte Mitleid mit ihr haben. Doch was mich richtig in
Verlegenheit brachte, war die Art, wie er uns beschwindelte. Denn man
konnte keinen ruhigeren, wohlerzogeneren Gentleman finden, und wenn man die
ganze Welt durchsuchte. Aber es besteht kein Zweifel – er hielt sie bloß zum
Narren.»
    «Nun ist's
aber genug», sagte seine Frau. Sie sah Nell bedeutungsvoll an und sagte
düster: «Kein weiteres Wort soll in Gegenwart eines Gentleman über meine Lippen
kommen. Aber bitte, Ma'am, was soll man davon halten, wenn ein süßes hübsches
junges Ding sich so verzweifelt gebärdet und den Gentleman – wenn man ihn
überhaupt noch so bezeichnen kann – himmelhoch bittet und beschwört, sie zu heiraten?»
    «Und sie
weinte herzzerreißend», fügte Mr. Shotwick hilfreich hinzu.
    «Ja, aber
lassen wir das. Ich meine, so verhält es sich gar nicht», griff Mr. Hethersett
ein, der inbrünstig hoffte, daß Nell Mr. Shotwicks Auslassungen nicht ihrer
ganzen Bedeutung nach verstand. Nicht weil die geringste Chance bestand, daß
sie den Sinn von Mrs. Shotwicks Bemerkungen nicht erfaßt hätte: sie sah völlig
verstört aus, was nur zu verständlich war. «Ich möchte nur erfahren, ob sie das
Haus gemeinsam verließen, und ob Sie gehört haben, wohin sie fahren wollten?»
    «Das kann
ich nicht sagen», erwiderte Mrs. Shotwick. «Aber sie verließen das Haus in
einer zweispännigen Postkutsche.»
    «In einer Postkutsche», wiederholte Nell mit
dumpfer Stimme.
    «Es war
bestimmt eine Postkutsche, Ma'am, ich sah sie mit meinen eigenen Augen; Mr.
Allandale ging selbst weg, um sie zu bestellen», sagte Mrs. Shotwick
kopfnickend. «Und das eine will ich sagen: was immer er getan hat, jetzt hat er
die feste Absicht, an dem armen jungen Ding alles wieder gutzumachen, denn als
ich ihn fragte, was nun geschehen werde, antwortete er mir sogleich, es gäbe
für ihn nur einen Weg. Ich möchte zwar nicht behaupten, daß er so aussah, als
täte er es gerne, aber er war dennoch fest entschlossen – o ja, ganz fest
entschlossen! Er sagte weiter nichts, sondern drehte sich scharf auf dem
Absatz um und kehrte hier in dieses Zimmer zurück, in dem die Miss auf dem Sofa
lag und völlig erschöpft aussah. Was er zu ihr sagte, weiß ich nicht, denn er
hatte die Tür hinter sich geschlossen. Ich weiß nur, daß sie – was es auch
gewesen sein mag – im Nu vom Sofa aufsprang und sich freute wie ein
Schneekönig! Dann verließ er das Haus, um die Kutsche zu mieten, und die Miss
rief mich, ihr behilflich zu sein, seine Reisetasche zu packen. Dabei vergoß
sie keine einzige Träne mehr.»
    «Es besteht
also kein Grund, sich weiter um sie Sorgen zu machen», sagte Mr. Hethersett,
indem er gute Miene zum bösen Spiel machte. «Ich bin Ihnen sehr dankbar.»
Hierauf bat er Mr. Shotwick, ihnen eine Droschke zu bestellen, und warf Nell
einen unsicheren Blick zu. Sie sah zwar völlig gebrochen aus, sprach aber zu
seiner großen Erleichterung kein Wort, bis Mrs. Shotwick knicksend das Zimmer
verlassen hatte. Dann sagte er kurz: «Werde Sie jetzt nach Hause bringen.
Können nichts weiter tun. Zu spät. Sehr schäbiges Verhalten von Allandale, muß
aber gestehen, er tut mir verwünscht leid.»
    «Hätte er
sie denn nicht nach Hause bringen können?» rief Nell

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