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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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an beflissenen
Kavalieren, um die schöne junge Gräfin zu begleiten, wenn der Earl mit andern
Dingen beschäftigt war. Es schien fast, als sähe er sie nie anders als eben im
Begriff, eine Revue oder einen Ball zu besuchen, und er konnte kaum daran
zweifeln, daß sie die Gesellschaft selbst des Unreifsten ihrer Bewunderer der
seinen vorzog. «Weißt du, meine Liebe», sagte er ihr einmal, sich selbst verspottend,
«ich glaube, das Schicksal muß mich dir eigens in den Weg geführt haben, um
mich für meine Anmaßung zu demütigen. Würdest du es glauben? Ich war gewöhnt,
mich selbst für einen Teufelskerl zu halten. Und jetzt entdecke ich, daß ich
das keineswegs bin,
sondern in Wirklichkeit nichts andres als ein tödlich langweiliger Mensch.»
    Sie hatte
ihm darauf nicht geantwortet, doch die Röte war ihr in die Wangen gestiegen,
und als ihre Augen ihn einen flüchtigen Augenblick streiften, glaubte er, einen
Schimmer des liebevollen lebensprühenden Geschöpfs zu erblicken, für das er sie
einstmals gehalten. Einen Moment später eilte sie hinaus, während sie unter
nervösem Lachen erklärte, daß er töricht sei, daß Letty auf sie warte, und daß
sie nicht länger bleiben könne, weil sie ihr versprochen hatte, die Gardenparty
der Lady Brixworth draußen in Richmond bestimmt zu besuchen.
    Einer
derartigen Behandlung ausgesetzt, konnte es keineswegs überraschen, daß
Cardross viel zu stolz war, um sich anmerken zu lassen, wie sehr sie ihn
verletzte; er verschanzte sich hinter einer Barriere von Kälte und leicht
ironischer Höflichkeit, welche jede Regung Nells, jede Vorsicht in den Wind zu
schlagen und ihm ihre Zweifel und Schwierigkeiten einzubekennen, schon im
Entstehen wirksam ertötete.
    Um die
Situation noch zu verschärfen, ließ Dysart kein Wort von sich hören, und Letty,
welche nur darauf bedacht war, ihre eigenen Ziele zu erreichen, stellte die
Geduld ihres Bruders auf eine harte Probe, indem sie ihre Angriffe auf ihn regelmäßig
erneuerte, wann immer sie mit ihm zusammentraf. Da sie sich wochenlang in den
Geschäften Londons seines guten Namens bedient hatte, um Schulden zu machen,
forderte sie ihn geradezu heraus, ihr einige vernichtende Wahrheiten zu sagen,
denen seine unglückliche Frau, als unfreiwillige Zeugin dieses Zusammenstoßes
entnahm, daß nach seinem strengen Moralkodex Schulden und Unredlichkeit
einander gleichzusetzen sind. Gewiß gab es keine ungünstigere Zeit für die
Enthüllung ihrer eigenen Geldverlegenheit.
    Es war für
sie daher eine grenzenlose Erleichterung, sich von ihm verabschieden zu können.
Er gedachte eine Woche fernzubleiben, und Nell hielt es nicht für unvernünftig
anzunehmen, daß Dysart innerhalb dieser Zeit ein Mittel finden würde, um ihre
Schulden bei Madame Lavalle regeln zu können. Um ihm dies in Erinnerung zu
bringen – nur für den Fall, daß er unter dem Druck seiner sportlichen
Verpflichtungen zeitweise die Dringlichkeit der Angelegenheit vergessen haben
könnte –, schickte sie ihm ein Billett in seine Wohnung in der Duke Street und
lud ihn ein, am Abend des Maskenballs auf dem Grosvenor Square zu dinieren.
Sie war sich der verhängnisvollen Wirkung so dringender Bitten wohl bewußt und
widerstand der Versuchung, ihn zu fragen, welche Fortschritte er zur
Bereinigung ihrer Angelegenheit gemacht habe; sie wurde alsbald für diese
Zurückhaltung belohnt. Der Viscount antwortete nicht nur mit einem Billett, in
welchem er ihre Einladung annahm, sondern fügte in einem Postskriptum auch noch
hinzu, sie solle sich wegen der andern Angelegenheit den Kopf nicht länger
zerbrechen.
    Diese
rätselhafte Botschaft belebte sie ungeheuer. Es wäre vielleicht noch
befriedigender gewesen, hätte Dysart ihr mitgeteilt, auf welchen Ausweg er
verfallen sei; doch da sie wußte, daß er kein gewandter Briefschreiber war, gab
sie sich mit der Hoffnung zufrieden, daß dieser dritte Versuch, ihre
Schwierigkeiten zu lösen, für sie annehmbarer wäre als seine beiden
vorhergehenden Vorschläge. Außer einer zufälligen Begegnung im Park, wo es
unmöglich gewesen war, eine vertrauliche Unterhaltung zu führen, hatte sie ihn
nirgends getroffen. Ein Umstand, der sie vermuten ließ, daß der Plan, den er
entwickelt hatte, ziemlicher Vorbereitungen bedurfte. Das machte sie zwar ein
wenig unsicher, doch er nickte ihr bei dieser Begegnung so beruhigend zu, daß
ihre Befürchtungen schwanden. «Ich sehe dich Donnerstag», sagte er; und sie
dachte, dies wäre der Weg, auf welchem

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