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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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schlauer Plan, Tiffany seinem Cousin auszuspannen, verlorene
Liebesmühe war. Er bedauerte es nicht gerade, denn es war sehr unterhaltend, den
lächerlichen ländlichen Verehrern die Schöne vor der Nase wegzuschnappen, und
gut geeignet, sich die Zeit in diesem entsetzlich langweiligen Nest zu
vertreiben. Er hatte sogar schon mit dem Gedanken gespielt, ernstlich um
Tiffany zu werben, ihn aber bald wieder verworfen. Schon die Vorstellung, sich
durch eine Ehe zu binden, war ihm widerlich. Und wenn er auch diese Abneigung –
in Anbetracht von Tiffanys Vermögen – überwunden hätte, so war doch die
Wahrscheinlichkeit, die Zustimmung ihres Vormunds zu erhalten, gleich null.
Und noch weniger konnte er annehmen, daß ihr Onkel ihr die Verwaltung ihres
Vermögens auch nur einen Tag vor ihrer Großjährigkeit anvertrauen würde. So
vergnüglich es war, mit der anerkannten Schönheit zu flirten – die ganze Sache war
doch eine Zeitverschwendung.
    Den
einzigen Vorteil sah er darin, daß dieser Flirt jetzt die Ausrede bot, Staples
zu besuchen und die Situation zu erkunden. Vielleicht war es nicht leicht, sich
in Miss Trents Vertrauen zu schmeicheln, doch sie zeigte sich trotz ihres
reservierten Benehmens ihm gegenüber in letzter Zeit freundlicher. Und wenn sie
über den Bruch mit Waldo ebenso trübsinnig war wie er, spekulierte Laurence,
wäre sie vielleicht froh, ihr Herz zu erleichtern. Soweit er die Frauen kannte,
brannten sie darauf, sich auszuweinen! Ein Streit schien allerdings
unwahrscheinlich; sie machte nicht den Eindruck eines Mädchens, das sich zu
einer Szene oder zu Beleidigungen hinreißen ließ, und Waldos ausgeglichenes Temperament
war sprichwörtlich. In großen ganzen neigte Laurence zu der Ansicht, daß es
sich um ein Mißverständnis handle. Wahrscheinlich war jeder der beiden zu
stolz, vom anderen eine Erklärung zu verlangen, und niemand wäre ihnen
willkommener als ein taktvoller Vermittler. Natürlich, Nachrichten von einem
zum anderen zu tragen wäre ermüdend; aber da er damit seine eigenen Zwecke
verfolgte, schien die Mühe lohnend.
    So
vorbereitet fuhr er noch am selben Tag nach Staples, allem Anschein nach, um
Tiffany zu besuchen. Hier erfuhr er, daß Tiffany nach Harrogate
gefahren war und Miss Trent mit Kopfschmerzen zu Bett lag. Er hinterließ seine
Karte und Grüße und fuhr – keineswegs unzufrieden – zurück. Zu Bett mit
Kopfschmerzen? Vielversprechend! Das war immer die Ausrede der Frauen, wenn sie
Weinkrämpfen erlagen. Es wäre viel mutloser gewesen, hätte er sie bei guter
Laune angetroffen.
    An diesem
Abend fand er auch Waldos Benehmen zufriedenstellend, nicht gerade trübsinnig,
aber auch nicht jubilierend. Freundlich, wenn angesprochen, war er doch die meiste
Zeit in tiefes Grübeln verfallen. Da Julian mit Edward Banningham ausgefahren
war, verlief das Dinner einsilbig, und Laurence war nicht so dumm, Waldo durch
unsinniges Geschwätz zu irritieren, wenn er deutlich merkte, daß sein Cousin
nicht in gesprächiger Laune war.
    Nach dem
Dinner ging Waldo in sein Arbeitszimmer. Er entschuldigte sich, ein schlechter
Gesellschafter zu sein, er habe Ärger mit der Beschaffung eines geeigneten
Verwalters für Broom Hall. Eine faule Ausrede natürlich! Aber Laurence
antwortete voll Mitgefühl und meinte, Waldo solle sich seinetwegen keine
Gedanken machen, er sei zufrieden mit einem Buch.
    Als er aber
am nächsten Morgen weder Tiffany noch Miss Trent in Staples vorfand, war er
schon recht mißvergnügt. Doch der Abend, den er bei den Ashes verbrachte,
erwies sich als lohnender. Miss Trent, die Tiffany begleitete, machte einen
deprimierten Eindruck. Zwar lächelte sie und sprach mit der gewohnten Ruhe,
doch sie war verdächtig blaß und hatte tiefe Schatten unter den Augen. Sobald
es nur anging, setzte sie sich zu einer kleinen mausgrauen Person, die er als
Gouvernante der Kinder des Hauses erkannte. Sie gab sich Mühe, nicht in Waldos
Richtung zu blicken. Zuviel Mühe! dachte Laurence. Aus den Augenwinkeln beobachtete
er Waldo, der sich Miss Trent näherte. Er konnte nichts von dem Gespräch
verstehen, jedoch seine Schlüsse ziehen. Seine forschenden Augen sahen, wie
fest ihre Hand den Retikül umspannte und wie schnell das Blut in ihre Wangen
schoß und wieder verschwand. Dann verbeugte sich Waldo – keine Frage, es war
die Verbeugung eines Mannes, der abgewiesen wurde – und ging mit Sir William
Ash in das Spielzimmer. Miss Trent hatte die Augen niedergeschlagen, aber sie
hob sie

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