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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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wieder, als Sir Waldo gegangen war, um ihm durch das Zimmer
nachzublicken.
    Herrgott!
dachte Laurence. Wer hätte diesem kühlen Geschöpf einen solchen Blick
zugemutet? Reinste Verzweiflung! Aber was, zum Teufel, war zwischen das Paar
getreten?
    Ein
Geigenton zwang ihn, seine Gedanken anderem zuzuwenden. Die Paare fanden sich
zum ersten Tanz. Da es eine zwanglose Party war,
verkündete Lady Ash, daß sie es den jungen Leuten – die sich ja alle kannten –
überlasse, ihre Partner selbst zu wählen. Laurie hielt Ausschau nach einer noch
freien Dame.
    Er sah
Tiffany mit Miss Banningham und Lindeth lebhaft plaudern. Julian wartete
offensichtlich, die älteste Tochter des Hauses auf das Parkett zu führen. Einen
Augenblick lang wunderte sich Laurence, Tiffany ohne eine Korona von
Bewunderern zu sehen, die um ihre Gunst eiferten. Obwohl er sich vor ihr
verbeugte und um die Ehre bat, mit ihr tanzen zu dürfen, war er noch zu sehr
abgelenkt, um mehr als höfliche Aufmerksamkeit zu zeigen. Er bemerkte auch
nicht, daß die von Bewunderern belagerte Dame Miss Chartley war.
    Aber Miss
Trent bemerkte es und wußte, daß dies der Vorbote eines schweren Abends sein
werde. Sie kannte Tiffanys flackernden Blick, ihre übertriebene Heiterkeit nur
zu gut. Und wenn sie auch mit Erleichterung sah, daß Tiffany den ganzen Abend nie
ohne Partner war, wich diese Erleichterung, als sich ihr folgendes Schauspiel
bot: Mr. Wilfred Butterlaw – ein Jüngling, dessen Gesicht von Pickeln übersät
war und der Tiffany eine wenn auch unbeachtete Verehrung zollte – führte die
Schöne zum Tanz. Miss Trent war froh, ein wenig Ruhe gefunden zu haben, denn
sie konnte nicht ahnen, daß Butterlaws böser Geist ihn veranlassen werde,
während des Tanzes mit Tiffany herauszuplatzen: «Ich kü-kümmere mi-mich nicht
im ge-geringsten, wa-was die L-Leute sagen, Miss Wield, i-ich gl-glaube, Sie
sind wun-wun-wunderbar!»
    Obwohl Miss
Trent von dieser beispielhaften Taktlosigkeit nichts wußte, war sie nicht
überrascht, auf der Heimfahrt Tiffany in ihrer gefährlichsten Stimmung zu
finden. Diese entlud sich nicht in einem stürmischen Ausbruch, sondern in einem
spöttischen Lachen und der wahllosen Aufzählung alles dessen, was es an den
Manieren und dem Aussehen ihrer Bekannten zu tadeln gab. Miss Trent bewahrte
eine entmutigende Ruhe und hoffte von Herzen, daß Courtenay, der ihnen
gegenübersaß, nicht auch noch Ol ins Feuer gießen werde. Das tat er anfänglich
auch nicht, bis Tiffanys gallige Tiraden den Höhepunkt erreichten und sie mit
schrillem Lachen sagte: «Und Patience Chartley! Wie eine Landpomeranze sah sie
in ihrem scheußlichen grünen Kleid aus und gab mit ihrer schmachtenden Miene
vor, so scheu und bescheiden zu sein! Geradezu lächerlich, wie sie die Augen
niederschlägt, wenn sie jemanden überzeugen will, daß sie eine Heilige ist!»
    «An deiner
Stelle wäre ich nicht so gehässig gegen Patience», sagte Courtenay
geradeheraus.
    «Gehässig?
Oh, das wollte ich nicht sein. Das arme Ding! Sie ist fast zwanzig und hat noch
keinen Heiratsantrag bekommen. Sie tut mir aufrichtig leid! Wie schrecklich, so
unansehnlich zu sein!»
    «Nein, das
bist du nicht», sagte Courtenay. «Aber du ärgerst dich grün und blau,
weil nicht du es warst, der heute die ganze Aufmerksamkeit galt,
sondern sie! Und ich sage dir ...»
    «Nicht!»
sagte Miss Trent müde, aber ihr Einwurf blieb unbeachtet.
    «Wenn du
dich nicht vorsiehst», fuhr Courtenay rücksichtslos fort, «wirst du dich in die
Nesseln setzen; glaube nicht, daß deine kostbare Schönheit dich davor bewahren
wird. Herrgott! Nie noch habe ich eine so dumme Gans gesehen wie dich! Zuerst
hast du Lindeth mit deinen kalten und heißen Duschen vertrieben, dann Arthur,
und um deiner Dummheit die Krone aufzusetzen, hast du nicht einmal über die Vorfälle
in Leeds den Mund gehalten. Damals war es Patience, die zeigte, was für ein
Prachtkerl sie ist, nicht du! Du konntest bloß zeigen, was für ein Kampfhahn du
bist!»
    «Ein
Prachtkerl?» sagte Tiffany mit vor Zorn bebender Stimme. «Patience ist nichts
als eine schamlose Angeberin! Ich nehme an, du beziehst deine Weisheit von
Ancilla. Sie ist bestimmt begeistert von Patience, denn sie ist genau das, was
sie sich unter einem wohlerzogenen Mädchen vorstellt.»
    «O nein,
Miss Trent erzählte mir nur, daß Patience mit Schneid und Geistesgegenwart ein
Slumkind, das unter die Räder einer Karosse geriet, gerade noch weggerissen
hat. Auch Lindeth hat

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