Georgette Heyer
machen.
Erinnern Sie sich an die rosa Samtblume, die ich in Harrogate gekauft habe?
Ich werde sie hübsch in Silberpapier einpacken und sie Patience bringen. Speziell
zu ihrem Tüllballkleid zu tragen! Glauben Sie, daß das ein nettes Geschenk
wäre? Sie wissen, die Blume war sehr teuer und ich habe sie nie getragen. Zwar
wollte ich sie gestern anstecken, aber ich fand, daß sie mir doch nicht paßt.
Patience trägt immer Rosa, und ich glaube, sie wird mir sehr dankbar sein,
glauben Sie nicht? Ich will es den Leuten zeigen! Und außerdem werde ich sie
einladen, morgen mit uns spazierenzugehen – nur mit Ihnen und mir.»
«Das wäre
wirklich eine noble Geste», erwiderte Miss Trent anerkennend.
«Nicht
wahr?» meinte Tiffany naiv. «Sie können sich darauf verlassen, es wird
entsetzlich fad werden. Patience ist todlangweilig, wenn sie über einen
Grashalm in Verzückung gerät und uns erklären wird, welche seltene Pflanze das
ist, oder – Aber ich werde alles erdulden, selbst wenn sie uns einen Vortrag
über die Natur hält.»
Miss Trent
war außerstande, diesen Plan mit deutlichen Anzeichen von Begeisterung
aufzunehmen, stimmte aber zu. Er war doch wenigstens ein Schritt auf dem
richtigen Weg – wenn auch aus purem Eigennutz. Sie verließ also Tiffany, um
sich für die weite, ermüdende Fahrt zu Mrs. Tawton vorzubereiten. Tiffany
betätigte den Glockenzug. Sie schwelgte in Vorstellungen, wie ihre ungetreuen
Verehrer angesichts ihrer Großmut voll Reue eingestehen würden, sie falsch
beurteilt zu haben, und sich nun in überschwenglichen Anstrengungen überbieten
würden, ihre Verzeihung zu erringen.
Da sie sich
wirklich großmütig vorkam, ritt sie ahnungslos zum Pfarrhaus.
Der Diener
des Rektors, der ihr die Tür öffnete, zeigte sich unsicher, als sie munter nach
Miss Chartley verlangte. Er führte sie in den Salon und sagte, er wolle
nachfragen, ob Miss Chartley zu Hause sei. Allein gelassen, warf Tiffany einen
Blick in den Spiegel über dem Kamin und ordnete die glänzenden Löckchen, die
unter ihrer Hutkrempe hervorquollen. Dann schlenderte sie zum Fenster, das den
Blick auf den Garten hinter dem Haus freigab. Es war ein hübscher Garten mit
Blumen und Sträuchern, einem schön geschnittenen Rasen und einigen edlen
Bäumen. Um einen Stamm lief eine rohgezimmerte Bank, und vor dieser standen,
als hätten sie sich eben erhoben, Patience und Lindeth nebeneinander. Vor ihnen
stand der Rektor und hielt je eine Hand der beiden.
Tiffany
starrte sie an, ohne die Bedeutung dessen, was sie sah, zu verstehen. Als aber
Lindeth lächelnd auf Patience niederblickte und sie die Augen bewundernd zu ihm
erhob, begriff Tiffany die Wahrheit. Sie traf sie wie ein Blitzstrahl.
Sie war so
völlig unvorbereitet, daß sie unter dem Schock erstarrte. Sie konnte es nicht
glauben. Wut und Empörung überwältigten sie. Ihre Eroberung, ihre
triumphale Eroberung, von Patience gestohlen? Das war unmöglich! Patience hatte
einen Heiratsantrag von Lindeth erhalten? Ihr fiel ein, daß er niemals eine
Heirat mit ihr auch nur angedeutet hatte, und sie fühlte sich krank vor
Demütigung.
Die Tür
hinter ihr wurde geöffnet. Als sie Mrs. Chartleys Stimme hörte, wandte sie sich
um, stolz und steif. Sie zweifelte nicht, daß Mrs. Chartley hoffte, sich an
ihrer Verlegenheit weiden zu können, und dachte nur eines: Niemand soll meinen,
daß ich mir auch nur das geringste aus Lindeth mache! Dieser Gedanke gab ihr
Würde.
«Guten
Morgen, Ma'am, ich bringe Patience eine Kleinigkeit, die ich für sie in
Harrogate gekauft habe. Aber ich kann nicht bleiben.»
Ohne
hinzusehen, reichte sie Mrs. Chartley das Päckchen aus Silberpapier. Diese war
ziemlich überrascht, nahm es entgegen und sagte: «Nein, wie freundlich von
Ihnen, Tiffany! Sie wird Ihnen sehr dankbar sein.»
«Es ist
nichts Besonderes, nur eine Blume für ihr Tüllkleid. Ich muß gehen.»
Mrs.
Chartley blickte verlegen nach dem Fenster. «Wollen Sie nicht warten, bis ich
sie gefunden habe, meine Liebe? Ich bin sicher, daß sie Ihnen selbst danken
will.»
«Das ist
nicht nötig. Ihr Diener sagte, er glaube, sie habe sich verlobt.» Tiffany
atmete tief und sagte mit ihrem strahlendsten Lächeln: «Nicht wahr, mit
Lindeth? Hat er sich ihr erklärt? Ich – ich habe erwartet, daß er es bald tun
wird.»
«Nun, wenn
Sie es nicht verbreiten – ja!» gab Mrs. Chartley zu. «Aber wissen Sie, man darf
es noch nicht erzählen, bis er es seiner Mutter berichtet hat. Bitte, verraten
Sie
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