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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Gelegenheit geboten?»
    «Ich will's gründlich machen,
weißt du», entschuldigte sich der Herzog.
    «Bist du
nun dem Erfolg näher, als du es vor zwanzig Jahren warst?»
    Justin wurde von
lautlosem Lachen geschüttelt.
    «Wir werden
sehen. Sei versichert, wenn es dazu kommt, wird es – so sein!» Ganz
langsam schloß sich seine Hand um die Schnupftabakdose, und als sich die Finger
lösten, war das dünne Gold zermalmt.
    Hugh lief
ein Schauder über den Rücken.
    «Mein Gott,
Justin, ist dir bewußt, wie böse du sein kannst?»
    «Selbstverständlich. Nennt
man mich nicht – Satanas?» Abermals zeigte sich das höhnische Lächeln; die
Augen funkelten.
    «Ich hoffe
zum Himmel, daß dir Saint-Vire niemals unter die Hände kommt! Dann würden die,
die dich Satanas nennen, wohl recht behalten!»
    «Das trifft
durchaus zu, mein armer Hugh.»
    «Weiß
Saint-Vires Bruder von der Sache?»
    «Armand?
Niemand weiß davon, nur du und ich und Saint-Vire. Armand mag natürlich
verschiedenes erraten haben.»
    «Und doch
seid ihr beide befreundet!»
    «Oh,
Armands Haß gegen den edlen Henri ist womöglich noch größer als meiner.»
    Hugh
lächelte wider Willen.
    «Ihr sucht
einander darin zu übertrumpfen?»
    «Nicht im
geringsten. Ich möchte sagen, Armands Haß ist ein verbissener
Abscheu. Im Gegensatz zu mir läßt er es beim Hassen bewenden.»
    «Er würde
vermutlich seine Seele für Saint-Vires Kragen verkaufen.»
    «Und Saint-Vire»,
sagte Avon sanft, «würde seine Seele verkaufen, um Armand
diesen Kragen vorzuenthalten.»
    «Ja, das
ist bekannt. Seinerzeit klatschte alle Welt darüber, daß dies der eigentliche
Grund seiner Heirat war. Daß er seine Gattin liebt, kann man ihm nicht zum
Vorwurf machen.»
    «Nein»,
bekräftigte Justin und lächelte in sich hinein, als dächte er an geheime Dinge.
    «Nun», fuhr
Hugh fort, «Armands Hoffnungen auf den Titel wurden gewiß gründlich zunichte,
als Madame Saint-Vire einem Sohn das Leben schenkte.»
    «Stimmt»,
bestätigte Justin.
    «Das war
ein Triumph für Saint-Vire!»
    «Gewiß»,
räumte Seine Gnaden gelassen ein.

4
    SEINE GNADEN SCHLIEßT NÄHERE BEKANNTSCHAFT MIT SEINEM PAGEN
    Für Léon
verstrichen Tage im Fluge, ein jeglicher randvoll von erregenden Neuigkeiten.
Niemals noch hatte er in seinem Leben ähnliche Dinge zu Gesicht bekommen. Das
neue Leben, das vor ihm lag, blendete ihn mit seinem Glanz; aus einer schäbigen
und schmierigen Kneipe war er mit einemmal in eine prunkvolle Umwelt versetzt
worden, wurde mit fremdartigen Speisen genährt, in feine Kleidung gehüllt und
in den Mittelpunkt des Pariser Adelskreises geführt. Nun schien plötzlich das
Leben aus Seide und Diamanten, strahlenden Lichtern und ehrfurchteinflößenden
Gestalten zu bestehen. Damen, deren Finger mit funkelnden Ringen bedeckt waren,
deren kostbare Brokatroben einen betäubenden Duft ausströmten, blieben manchmal
stehen, um ihn anzulächeln; große Herren mit gepuderten Perücken und
hochhackigen Schuhen fuhren ihm im Vorbeigehen achtlos spielerisch durch das
Haar. Sogar Monseigneur geruhte manchmal, das Wort an ihn zu richten.
    Das
elegante Paris gewöhnte sich an seinen Anblick, lange bevor er sich an sein
neues Dasein gewöhnte. Nach einer Weile hörten die Leute auf, ihn anzustarren,
wenn er in Avons Gefolge erschien, doch es verging geraume Zeit, bevor er
aufhörte, all das, was sich seinen Augen bot, bewundernd zu fixieren.
    Zum
Erstaunen von Avons Dienerschaft verharrte er in seiner Anbetung des Herzogs.
Nichts konnte ihn davon abbringen, und wenn etwa einer der Lakaien drunten
seinen beleidigten Gefühlen in einer Tirade gegen den Herzog Luft machte, warf
sich Léon sogleich zu dessen Verteidiger auf, wobei ihn oft blinder Zorn
übermannte. Da der Herzog verboten hatte, an den Pagen Hand anzulegen, außer
es geschehe auf seine ausdrückliche Anordnung, zähmten die Lakaien in Léons
Anwesenheit ihre Zunge, denn sein Dolch saß ihm allzu locker im Gürtel, und des
Herzogs Befehlen wagten sie sich nicht zu widersetzen. Gaston, der Kammerdiener,
hielt diese hitzige Parteinahme für jämmerlich fehl am Platze; daß jemand den
Herzog verteidigte, dünkte ihn ein Übergriff in die Rechte eines Untergebenen,
und mehr als einmal versuchte er den Pagen zu überzeugen, jeder, der über
einige Selbstachtung verfüge, sei verpflichtet, den Herzog zu lästern. «Mon petit», erklärte er mit Festigkeit, «das ist lächerlich. Das ist undenkbar. Même, das ist schimpflich. Das ist gegen jedes

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