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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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ärgerlichen Blick zu und hätte in der Diskussion
fortgefahren, wäre ihm nicht Gregory zuvorgekommen.
    «Sag mal,
Léon, begleitest du heute den Herzog?»
    «Ich
begleite ihn immer.»
    «Ach, das
arme, arme Kind!» Madame Dubois seufzte genußvoll. «Das
schickt sich wirklich nicht.»
    «Warum
schickt sich das nicht? Ich gehe gerne mit ihm.»
    «Das
bezweifle ich nicht, mon enfant. Aber ein Kind zu Vassaud und Torquillier
mitzunehmen – voyons, das ist einfach nicht convenable!»
    Léons Augen
funkelten vor Mutwillen.
    «Gestern
abend war ich mit Monseigneur in der Maison Chourval», sagte er
sittsam.
    «Was!»
Madame ließ sich in ihrem Lehnstuhl zurückfallen. «Das übersteigt
alles!»
    «Waren Sie
denn schon dort, Madame?»
    «Ich? Nom
de Dieu, was willst du noch alles von mir wissen? Sehe ich so aus, als
ob ich an einen solchen Ort ginge?»
    «Nein,
Madame. Der ist nur für Edelleute, nicht wahr?»
    Madame
schnaubte.
    «Und für
jedes hübsche Straßenmädchen!» gab sie zurück.
    Léon wiegte
den Kopf.
    «Ich für
meine Person halte sie gar nicht für hübsch. Angemalt sind sie und
ordinär, haben schrille Stimmen und gemeine Sitten. Aber viele habe ich
nicht gesehen.» Plötzlich runzelte er die Brauen. «Ich weiß nicht –
möglicherweise hab ich Monseigneur gekränkt, denn mit einemmal drehte er sich
um und sagte zu mir: 'Warte unten auf mich!' Er sagte es in einem Ton, als ob
er zornig wäre.»
    «Sag mal,
Léon, wie sieht sie denn aus, die Maison Chourval?» fragte Gaston, der seine
Neugier nicht mehr bezähmen konnte.
    «Oh, es ist
ein riesiges Haus, ganz in Gold und Schmutzigweiß gehalten, und riecht nach
irgendeinem Parfum, das geradezu betäubend ist. Es gibt ein Spielzimmer und
andere Räumlichkeiten dort – ich hab sie vergessen. Man trank viel Wein, und
einige Leute waren betrunken. Andere, wie Monseigneur, langweilten sich bloß.
Diese Weiber dort – ach, die sehen nichts gleich!»
    Gaston war
eher enttäuscht; er tat den Mund auf, um Léon weitere Fragen zu stellen, doch
Madame heftete ihren Blick auf ihn, so daß er ihn wieder schloß. Von fernher
hörte man eine Glocke ertönen, und bei ihrem Klang klappte Léon sein Buch zu,
richtete sich aus seiner Hoccstellung auf und wartete gespannt. Einige Minuten
später erschien ein Lakai, um ihn zu rufen. Frohgemut sprang der Page auf und
lief auf einen zersprungenen Spiegel zu. Madame Dubois sah ihm zu, wie er
seine kupferfarbenen Locken glättete und lächelte nachsichtig.
    «Voyons,
petit, du bist
eitel wie ein Mädchen», bemerkte sie.
    Léon
errötete und wandte dem Spiegel den Rücken.
    «Ich kann
mich doch Monseigneur nicht zerrauft präsentieren! Ich vermute, daß er ausgehen
will. Wo ist mein Hut? Gaston, Sie haben auf ihm gesessen! Er entriß ihn dem
Kammerdiener, bog ihn eilig zurecht und schloß sich dann dem Lakaien an.
    Avon stand
in der Halle, in ein Gespräch mit Hugh Davenant vertieft. Er schlenkerte ein
Paar Glacéhandschuhe an ihren Quasten hin und her, unterm Arm trug er seinen
Dreispitz. Léon ließ sich auf ein Knie nieder.
    Die harten
Augen schweiften gleichmütig über ihn hinweg.
    «Nun?»
    «Monseigneur
haben mich rufen lassen?»
    «Oh, habe
ich? Ja, du hast wohl recht. Ich gehe aus. Kommst du mit, Hugh?»
    «Wohin?»
fragte Davenant. Er beugte sich über das Kaminfeuer, um sich die Hände zu
wärmen.
    «Ich hielte
es für ganz amüsant, einmal der Fournoise einen Besuch abzustatten.»
    Hugh zog
eine Grimasse des Abscheus.
    «Ich sehe
Schauspielerinnen gerne auf der Bühne, Justin, aber nicht außerhalb. Die
Fournoise ist mir zu ausschweifend.»
    «Das ist
sie. Du kannst gehen, Léon. Nimm meine Handschuhe.» Er warf sie ihm zu, der Hut
folgte. «Komm eine Partie Piquet spielen, Hugh.» Gähnend schlenderte er in den
Salon, und Hugh schloß sich ihm mit einem kaum merkbaren Achselzucken an.
    Bei dem
Ball der Comtesse de Marguéry, der an demselben Abend stattfand,
blieb Léon in der Vorhalle zurück, um seines Gebieters zu harren. In einem
abgeschiedenen Winkel fand er sich einen Sessel; zufrieden ließ er sich darauf
nieder, um das Eintreffen der Gäste zu beobachten. Da der Herzog gewohnt war,
stets möglichst spät zu erscheinen, konnte er sich nicht große Hoffnungen
machen, noch viele Gäste einlangen zu sehen. Er zog ein Buch aus seiner
geräumigen Tasche und begann darin zu lesen.
    Eine
Zeitlang drang nur das zusammenhanglose Gespräch der Lakaien an sein Ohr, die
sich, an die Teppenbalustrade gelümmelt,

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