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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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miteinander unterhielten. Dann nahmen
sie plötzlich stramme Haltung an und ihr müßiges Geplauder brach ab. Einer riß
die Tür auf, während ein anderer sich anschickte, den späten Gast seines Hutes
und Mantels zu entledigen.
    Léon hob
seine Augen noch rechtzeitig vom Buch, um den Grafen Saint-Vire eintreten zu
sehen. Selbst wenn ihm die Pariser Standespersonen nicht schon vertraut
gewesen wären, hätte er Saint-Vire schwerlich verkennen können. In einer Zeit,
die sich durch höchsten Prunk in allen modischen Dingen auszeichnete, stach der
Graf durch die Nachlässigkeit und Wahllosigkeit seiner Kleidung hervor. Er war
groß und schlaksig, sein Gesicht grob geschnitten, seine Nase ähnelte einem
Schnabel. Die Mundwinkel bogen sich mürrisch nach unten, in den dunklen
Pupillen seiner Augen lauerte Brutalität. Sein dichtes, stellenweise ergrautes
Haar war auch heute unregelmäßig gepudert, so daß da und dort ein roter
Schimmer durchbrach. Er trug reichlich Schmuckstücke, sichtlich aufs Geratewohl
herausgegriffen und nicht auf die Farbe seines Rockes abgestimmt.
    Dieser Rock
wurde nun enthüllt, als ihm der Lakai den langen Mantel abnahm. Er war aus
purpurnem Samt, wie Léons kritischer Blick feststellte; dazu trug Saint-Vire
eine lachsfarbene, mit Gold-. und Silberfaden bestickte Weste; purpurne Beinkleider
und weiße Strümpfe schlotterten um die Knie; die Schuhe hatten hohe rote
Hacken und riesige juwelenbesetzte Schnallen. Der Graf schüttelte seine
Spitzenmanschetten zurecht und hob dann eine Hand, um seine verdrückte
Halsbinde zu glätten. Während er dies tat, hielt er rasch Umschau und
erblickte dabei den Pagen. Seine Stirn zog sich in Falten, sein grober Mund
schürzte sich leicht. Ungeduldig kniff der Graf die Spitzenrüschen seiner
Halsbinde zurecht und schritt dann langsam auf die Treppe zu. Eine Hand am Geländer,
hielt er inne und mit einer halben Rückwendung seines Hauptes deutete er an,
daß er Léon zu sprechen wünsche.
    Der Page
erhob sich sogleich und trat auf ihn zu.
    «M'sieur?»
    Die
spatelförmigen Finger auf dem Geländer trommelten gleichmäßig; Saint-Vire
blickte den Pagen finster brütend an und sprach eine Zeitlang kein Wort.
    «Dein Herr
befindet sich hier?» fragte er schließlich, und schon diese gequälte Frage
allein schien deutlich anzuzeigen, daß sie nur als Vorwand diente, Léon zu sich
zu rufen.
    «Ja,
M'sieur.»
    Noch immer
zögerte der Graf; sein Fuß klopfte leicht auf den spiegelnden Boden. «Du
begleitest ihn wohl überallhin?»
    «So oft
Monseigneur es wünscht, M'sieur.»
    «Woher
kommst du?» Als Léon verblüfft aufblickte, änderte er die Frage scharfen Tones.
«Wo wurdest du geboren?»
    Léon ließ
die langen Wimpern über die Augen fallen.
    «Auf dem
Lande, M'sieur», antwortete er.
    Die
buschigen Brauen des Grafen zogen sich zusammen.
    «In welchem
Teil des Landes?»
    «Ich weiß
es nicht, M'sieur.»
    «Du bist
bemerkenswert unwissend», sagte Saint-Vire sarkastisch.
    «Ja, M'sieur.» Mit
vorgeschobenem Kinn blickte Léon auf. «Ich weiß nicht, warum M'sieur solch
großen Anteil an mir nimmt.»
    «Du bist
unverschämt. An Bauernrangen nehme ich keinen Anteil.» Der Graf stieg die
Treppe zum Ballsaal empor.
    An der Tür
stand inmitten einer Gruppe Seine Gnaden, in einem in Blau abschattierten
Anzug, einen diamantensprühenden Ordensstern an der Brust. Saint-Vire hielt
einen Augenblick inne, bevor er die breite Schulter berührte.
    «Wenn Sie
gestatten, M'sieur ...!»
    Der Herzog
wandte sich mit hochgezogenen Brauen um, um zu sehen, wer sich ihm derart zu
nähern wagte. Als er Saint-Vire erblickte, verflüchtigte sich sein hochmütiger
Ausdruck, er lächelte und verneigte sich übertrieben tief; sein Bückling war
eine verschleierte Verhöhnung der Höflichkeitsregeln.
    «Mein
lieber Comte! Fast mußte ich schon fürchten, mir würde nicht die Auszeichnung
zuteil; Sie heute abend hier zu sehen. Ich hoffe Sie bei vollem Wohlbefinden?»
    «Danke,
ja.» Saint-Vire wäre weitergegangen, doch Seine Gnaden stand ihm immer noch im
Weg.
    «Wie
sonderbar, lieber Comte, Florimond und ich sprachen eben von Ihnen –
beziehungsweise Ihrem Bruder. Wo befindet sich unser lieber Armand?»
    «Mein
Bruder, M'sieur ist diesen Monat bei Hofe in Versailles.»
    «Ach? Also
ein richtiges Familienfest in Versailles», lächelte der Herzog. «Ich hoffe,
der Vicomte, ihr reizender Sohn, findet das Leben bei Hofe nach seinem
Geschmack?»
    Der Herr,
der neben dem Herzog stand, lachte

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