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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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stellen.
    «Mein Kind,
du wirst bemerken, daß zwei Gedecke aufgelegt sind. Setze dich.» Er schüttelte
die Serviette auseinander und griff nach Tranchiermesser und Gabel. «Willst du
die Ente versuchen?»
    Léon setzte
sich scheu nieder.
    «Ja, bitte,
Monseigneur.» Nachdem ihm vorgelegt worden war, begann er recht nervös, aber,
wie Avon sich überzeugte, zierlich zu essen.
    «Dies –
dies also ist Dover», bemühte Léon sich plötzlich, höflich Konversation zu
machen.
    «Du hast
recht, Kind», erwiderte Seine Gnaden. «Dies ist Dover. Findest du daran
Gefallen?»
    «Ja,
Monseigneur. Es ist komisch, von lauter Engländern umgeben zu sein, aber es
gefällt mir. Wenn Sie nicht hier wären, würde es mir selbstverständlich nicht
gefallen.»
    Avon
schenkte Burgunder in sein Glas.
    «Ich
fürchte, du schmeichelst mir», sagte er streng.
    Léon
lächelte.
    «Nein,
Monseigneur. Haben Sie den Wirt gesehen?»
    «Ich kenne
ihn. Was ist mit ihm?»
    «Er ist so
klein und so dick und hat solch eine rote Nase! Als er sich vor Ihnen
verbeugte, Monseigneur, glaubte ich, er würde zerplatzen! Er sah so drollig
aus!» Seine Augen funkelten.
    «Eine
schreckliche Vorstellung, mein Kind. Du hast scheint's einen etwas grausigen
Sinn für Humor.»
    Léon brach
in ein entzücktes Kichern aus.
    «Wissen
Sie, Monseigneur», sagte er, sich mit einem widerspenstigen Stück Fleisch
abplagend, «daß ich bis gestern noch nie das Meer gesehen habe? Es ist
wunder-wunderschön, aber einen Augenblick lang kehrte es mir das Innerste nach
oben und unten.» Eine Handbewegung illustrierte seine Gefühle.
    «Mein
lieber Léon! Es behagt mir gar nicht, daß du dieses Thema während der Mahlzeit
diskutierst. Ich fühle mich dabei regelrecht krank werden.»
    «Nun, ich
fühlte mich ja auch krank, Monseigneur. Aber ich mußte mich nicht übergeben.
Ich machte meinen Mund fest zu ...»
    Avon griff
nach seinem Fächer und erteilte damit Léon einen empfindlichen Klaps auf die
Fingerknöchel.
    «Halte ihn
weiter geschlossen, Kind, bitte.»
    Léon rieb
sich die Hand und blickte den Herzog zugleich verwundert und verletzt an.
    «Ja,
Monseigneur, aber ...»
    «Und
streite nicht mit mir.»
    «Nein,
Monseigneur, ich wollte nicht streiten, ich wollte nur ...»
    «Mein lieber Léon,
nun beginnst du doch zu streiten. Ich finde dich äußerst ermüdend.»
    «Ich wollte
Ihnen nur zu erklären versuchen, Monseigneur», sagte Léon mit großer Würde.
    «Dann tu's
bitte nicht. Beschränke deine Energien ausschließlich auf die Ente.»
    «Ja,
Monseigneur.» Léon war vielleicht drei Minuten schweigend in das Verzehren der
Ente vertieft. Dann blickte er wieder auf. «Wann beginnen wir nach London zu reisen,
Monseigneur?»
    «Welch
originelle Art der Formulierung!» bemerkte Seine Gnaden. «Wir beginnen in etwa
einer Stunde damit.»
    «Wenn ich
also mein déjeuner fertiggegessen habe, darf ich dann spazierengehen?»
    «Ich
bedaure unendlich, dir meine Erlaubnis versagen zu müssen. Ich möchte mit dir
sprechen.»
    «Mit mir
sprechen?» wiederholte Léon.
    «Kommt dir
das so absonderlich vor? Ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen. Was ist jetzt
wieder los?»
    Léon
betrachtete den schwarzen Pudding mit einem Ausdruck ausgesprochenen Ekels.
    «Monseigneur,
das da ...» er deutete verächtlich auf den Pudding, – «das ist nicht für Menschen bestimmt – puh!»
    «Ist irgend
etwas daran nicht in Ordnung?» forschte Seine Gnaden.
    «Nichts!»
sagte Léon vernichtend. «Zuerst mußte mich Übelkeit auf diesem Schiff
überkommen und jetzt nochmals angesichts dieses scheußlichen – Pudding nennen
Sie das? Voyons, ein treffender Name! Ein Pfuiding! Monseigneur, das
dürfen Sie nicht essen! Das wird Ihnen ...»
    «Nimm bitte
Abstand davon, mir die voraussichtlichen Symptome so gut auszumalen wie deine
eigenen, Kind. Dir ist gewiß übel mitgespielt worden, aber bemühe dich, es zu
vergessen! Iß eine dieser Süßigkeiten.»
    Léon nahm
eine kleine Bäckerei und begann daran zu knabbern. «Pflegen Sie in England
stets solche Dinge zu essen, Monseigneur?» fragte er, auf den Rindsbraten und
die Puddings weisend.
    «Ständig,
mein Kind.»
    «Ich
glaube, es wäre besser, wenn wir nicht sehr lange hierblieben», erklärte Léon
mit Festigkeit. «Jetzt bin ich fertig.»
    «Dann komm
hierher.» Seine Gnaden war zum Feuer gerückt und hatte sich auf einer
Eichenholzbank niedergelassen. Léon setzte sich folgsam neben ihn.
    «Ja,
Monseigneur?»
    Avon begann
mit seinem Fächer zu

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