Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
Vom Netzwerk:
Wenn Edward jetzt einträte, würde er wütend
werden.»
    «Laß uns
also hoffen, daß er jetzt nicht eintritt. Dein Profil ist entzückend, meine
Liebe, aber es wäre mir lieber, wenn ich deine beiden Augen zu sehen bekäme.»
    «Oh,
Justin!» Sie faltete die Hände, ihres Ärgers vergessend. «Du hältst es also
noch immer für entzückend? Ich muß gestehen, ich fand es geradezu abscheulich,
als ich heute morgen in den Spiegel sah. Dieses dumme Älterwerden! Oh, ich
vergesse ganz, dir böse zu sein! Ich bin ja wirklich so froh, dich
wiederzusehen, daß ich dir nicht grollen kann! Aber du mußt alles erklären,
Justin.»
    «Ich will
meine Erklärungen mit einer Feststellung einleiten, Fanny. Ich bin in Léonie
nicht verliebt. Wenn du mir dies glaubst, wird es die Dinge wesentlich
vereinfachen.» Er warf den Fächer auf das Sofa und zog seine Schnupftabakdose
heraus.
    «Aber –
aber wenn du nicht in sie verliebt bist, warum – was – Justin, ich verstehe
nicht! Dein Benehmen hat wirklich etwas Aufreizendes!»
    «Nimm bitte
meine unterwürfigsten Entschuldigungen entgegen. Ich habe meine Gründe, das
Kind zu adoptieren.»
    «Ist sie
Französin? Wo lernte sie Englisch sprechen? Ich wollte, du würdest mir alles
erklären!»
    «Ich bemühe
mich, dies zu tun, meine Liebe. Gestatte mir die Bemerkung, daß du mir sehr
wenig Gelegenheit dazu bietest.»
    Sie zog ein
Schmollmündchen.
    «Nun bist
du böse. Beginne also, Justin! Das Kind ist recht hübsch, das muß ihr der Neid
lassen.»
    «Danke. Ich
fand sie eines Abends in Paris, in Knabenkleidung und auf der Flucht vor ihrem
unfreundlichen – äh – Bruder. Es stellte sich heraus, daß dieser Bruder und
dessen unvergleichliche Gattin das Kind seit seinem zwölften Lebensjahr
zwangen, als Knabe herumzulaufen. Sie war ihnen solcherart von größerem Nutzen.
Sie besaßen nämlich eine gemeine Kneipe.»
    Fanny
schlug die Augen auf.
    «Eine
Kneipendirne!» Sie schauderte und hob das parfümierte Taschentuch an die Nase.
    «Stimmt. In
einem Anfall von sozusagen donquichottischer Tollheit kaufte ich Léonie, oder
vielmehr Léon, wie sie sich nannte, und nahm sie nach Hause mit. Sie wurde mein
Page. Ich versichere dir, sie erregte in höfischen Kreisen keine geringe
Aufmerksamkeit. Es gefiel mir, sie eine Zeitlang als Knabe bei mir zu behalten.
Sie glaubte, ich wüßte nicht um ihr wahres Geschlecht. Ich wurde ihr Held. Nun,
ist das nicht amüsant?»
    «Es ist
abstoßend! Natürlich hofft das Mädchen, dich zu umstricken. Justin, wie kannst
du nur ein solcher Narr sein?»
    «Meine
liebe Fanny, wenn du Léonie ein bißchen besser kennenlernst, wirst du ihr
bestimmt nicht mehr solche Absichten unterstellen. Sie ist wahrhaftig das Kind,
das ich sie stets nenne. Ein fröhliches, keckes und vertrauensvolles Kind. Ich
bilde mir ein, daß sie in mir eine Art Großvater erblickt. Aber um weiter zu
berichten: sobald wir in Dover eintrafen, teilte ich ihr mit, daß ich um ihr
Geheimnis wüßte. Es wird dich überraschen, Fanny, zu hören, daß dies eine
verdammt schwere Aufgabe war.»
    «Es
überrascht mich tatsächlich», sagte Fanny freimütig.
    «Ich
zweifelte nicht daran. Dennoch war's so. Sie schrak weder vor mir zurück, noch
versuchte sie die Kokette zu spielen. Du hast keine Ahnung, wie erfrischend das
auf mich wirkte.»
    «Das stelle
ich keinen Augenblick in Zweifel!» gab Fanny zurück.
    «Es freut
mich, daß wir einander so wohl verstehen», entgegnete Seine Gnaden mit einer
Verbeugung. «Aus privaten Gründen will ich Léonie adoptieren, und da ich nicht
den leisesten Skandal um sie aufkommen lassen will, bringe ich sie zu dir.»
    «Ich bin
überwältigt, Justin.»
    «Oh,
bestimmt nicht! Du erzähltest mir, glaube ich, vor einigen Monaten, daß unser
angeheirateter Cousin, dieser unaussprechliche Field, gestorben ist?»
    «Was hat
sein Tod damit zu tun?»
    «Es folgt
daraus, meine Liebe, daß unsere hochgeschätzte Cousine, seine Gattin, deren
Namen ich übrigens vergessen habe, frei ist. Ich beabsichtige, sie zu Léonies
Aufsichtsdame zu machen.»
    «Du lieber
Himmel!»
    «Und sobald
sich's bewerkstelligen läßt, will ich sie und Léonie nach Avon schicken. Das
Kind muß lernen, wieder zu einem Mädchen zu werden. Arme Kleine!»
    «Das ist
alles sehr schön und gut, Justin, aber du kannst nicht von mir erwarten, daß
ich das Mädchen in meinem Haus aufnehme! Dieses Ansinnen ist geradezu
ungeheuerlich! Denke an Edward!»
    «Wollest
mir gütigst verzeihen. Ich denke

Weitere Kostenlose Bücher