Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
Vom Netzwerk:
niemals an Edward, außer es ginge schon gar
nicht anders.»
    «Justin,
wenn du im Sinne hast, unangenehme ...»
    «Keineswegs,
meine Liebe.» Das Lächeln schwand von seinen Lippen. Fanny sah, daß seine Augen
einen ungewohnt strengen Ausdruck annahmen.
«Wollen wir einmal ernst miteinander reden, Fanny. Deine Überzeugung, ich hätte
meine Mätresse in dein Haus gebracht ...»
    «Justin!»
    «Du wirst
mir wohl meine offene Sprache verzeihen. Diese Überzeugung, sage ich, war
reine Torheit. Ich habe es mir nie zur Gepflogenheit gemacht, Dritte in meine
zahlreichen Liebesaffären einzubeziehen, und du solltest wissen, daß ich mir
gar dir gegenüber die strengste Zurückhaltung auferlege.» In seiner Stimme
schwang ein bedeutsamer Ton mit, und Fanny, die einstmals wegen ihrer
Indiskretionen berüchtigt gewesen war, betupfte ihre Augen.
    «W-wie
kannst du nur so unfreundlich sein! Heute b-bist du aber gar nicht nett zu
mir!»
    «Doch ich
hoffe mich wenigstens verständlich gemacht zu haben? Du erfaßt doch, daß dieses
Kind, das ich dir gebracht habe, wirklich nur ein Kind ist? Ein unschuldiges
Kind.»
    «Wenn sie's
ist, täte sie mir leid!» sagte Ihre Gnaden boshaft.
    «Sie
braucht dir nicht leid zu tun. Denn diesmal habe ich keine bösen Absichten.»
    «Wenn du
ihr gegenüber keine bösen Absichten hast, wie kannst du sie dann adoptieren
wollen?» kicherte Fanny gehässig. «Was, glaubst du, werden wohl die Leute dazu
sagen?»
    «Sie werden
zweifellos überrascht sein, doch wenn sie sehen, daß mein Mündel durch Lady
Fanny Marling in die Gesellschaft eingeführt wird, werden sie aufhören, die
Zungen zu wetzen.»
    Fanny
starrte ihn an.
    «Ich soll sie
in die Gesellschaft einführen! Du bist wohl wahnsinnig! Warum sollte ich das?»
    «Weil du,
meine Liebe, eine Schwäche für mich hast. Du wirst tun, worum ich dich bitte.
Und wenn du auch gedankenlos und gelegentlich äußerst ermüdend bist, so habe
ich dich doch nie für grausam erachtet. Und es wäre grausam, mein Kind
abzuweisen. Sie ist ein sehr einsames und verschrecktes Kind, weißt du.»
    Fanny erhob
sich, ihr Taschentuch zwischen den Fingern drehend. Unentschlossen blickte sie
ihren Bruder an.
    «Ein
Mädchen aus der Gosse von Paris, niedriger Geburt ...»
    «Nein,
meine Liebe. Ich kann nicht mehr sagen, aber sie entstammt nicht der canaille. Du mußt sie nur ansehen, um das festzustellen.»
    «Na schön,
ein Mädchen, von dem ich nichts weiß, mir anzudrehen! Ich finde das
ungeheuerlich! Ich kann's einfach nicht! Was würde Edward dazu sagen?»
    «Ich baue
darauf, daß du, wenn du nur willst, den würdigen Edward um den Finger wickeln
kannst.»
    Fanny
lächelte.
    «Ja, das
könnte ich, aber ich will das Mädchen nicht.»
    «Sie wird
dir nicht zur Last fallen, meine Liebe. Ich möchte, daß du sie um dich hast,
daß du sie kleidest, wie es meinem Mündel zukommt, und daß du freundlich zu ihr
bist. Ist das soviel verlangt?»
    «Wie soll
ich wissen, ob dieses unschuldige Mägdelein nicht meinem Edward schöne Augen
machen wird?»
    Dazu ist
sie viel zu sehr Knabe. Wenn du allerdings Edwards nicht sicher bist ...»
    Sie warf
ihren Kopf zurück.
    «So etwas
gibt's wahrhaftig nicht! Ich wünsche nur nicht, ein dreistes rothaariges Mädel
in meinem Haus zu haben.»
    Seine
Gnaden bückte sich, um nach dem Fächer zu greifen.
    «Ich bitte
tausendmal um Entschuldigung, Fanny. Ich werde das Kind anderswo unterbringen.»
    Fanny
stürzte ihm reuevoll in die Arme.
    «Nein, das
wirst du nicht! Oh, Justin, es tut mir leid, daß ich so ungefällig war!»
    «Du nimmst
sie also?»
    «Ich – ja,
ich nehme sie. Aber ich glaube nicht alles, was du von ihr erzählst. Ich möchte
mein bestes Halsband verwetten, sie ist nicht so arglos, wie sie dich glauben
machen möchte.»
    «Du würdest
die Wette verlieren, meine Liebe.» Seine Gnaden schritt zur Tür des Vorraums
und öffnete sie. «Tritt näher, Kind!»
    Léonie kam
herein, den Mantel überm Arm. Als Fanny ihre Knabentracht sah, schloß sie, wie
von plötzlichem Schmerz übermannt, die Augen.
    Avon
tätschelte Léonies Wange.
    «Meine
Schwester hat versprochen, sich deiner so lange anzunehmen, bis ich dich zu mir
bringen kann», sagte er. «Präge dir ein: du hast das zu tun, was sie dich
heißt.»
    Léonie
blickte scheu zu Fanny hinüber, die hocherhobenen Hauptes und mit fest aufeinandergepreßten
Lippen dastand. Die großen Augen bemerkten die Unnachgiebigkeit ihrer Haltung
und flatterten zu Avons Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher