Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
Vom Netzwerk:
Justin ...»
    «... mit
untadeligem Charakter.»
    «Ja. Dieser
junge Mann – hörte ich – jagte sich eine Kugel durch den Kopf.»
    «Du wurdest
falsch informiert, mein Lieber. Er wurde im Duell erschossen. Der Lohn der
Tugend. Die Moral der Geschichte springt doch hinlänglich deutlich ins Auge,
nein?»
    «Und du
kamst mit einem Vermögen nach Paris.»
    «Mit einem
recht ansehnlichen. Ich kaufte dieses Haus.»
    «Ja. Ich
frage mich, wie du das mit deiner Seele vereinbaren kannst?»
    «Ich habe keine,
Hugh. Ich dachte, du wüßtest dies.»
    «Als
Jennifer Beauchamp Anthony Merivale heiratete, hattest du so etwas Ähnliches
wie eine Seele.»
    «Findest du?»
Justin sah ihn leicht belustigt an.
    Hugh hielt
seinem Blick stand.
    «Und
desgleichen frage ich mich, was dir Jennifer Beauchamp heute bedeutet?»
    Justin hob
seine schöne weiße Hand.
    «Jennifer
Merivale, Hugh. Lebendes Denkmal eines Irrtums und einer Anwandlung von
Tollheit.»

    ... pflegt gewöhnlich nicht der Gewinn eines Vermögens zu sein. Und der Lohn der Tugend ist – Seine Gnaden wird den Widerspruch ertragen – nicht stets eine Duellkugel.
    Genauer gesagt, ist es in den meisten Fällen umgekehrt. Abgesehen davon, was das Laster alles einbringen kann – die Tugend jedenfalls verhilft mit größerer Sicherheit zu einigem Vermögen. Die Tugend der Sparsamkeit zum Beispiel.
    «Und doch
bist du seither nicht mehr der alte.»
    Justin
stand auf, nun sprach der Hohn unverkennbar aus seinen Worten.
    «Vor einer
halben Stunde sagte ich dir doch, mein Lieber, daß ich mich bemühe, deinen
Erwartungen gemäß zu handeln. Vor drei Jahren – als ich durch meine Schwester
Fanny von Jennifers Heirat erfuhr – erklärtest du mit deiner üblichen
Schlichtheit, sie habe mich zwar nicht zum Mann genommen, mich aber zum Manne
gemacht. Voilà taut.»
    «Nein.»
Hugh blickte ihn gedankenvoll an. «Ich habe mich geirrt, aber ...»
    «Mein
lieber Hugh! Zerstöre doch bitte nicht meinen Glauben an dich!»
    «Ich habe
mich geirrt, aber nicht sehr. Ich hätte sagen sollen, Jennifer habe einer
anderen Frau den Weg geebnet, dich zum Mann zu machen.» Justin schloß die
Augen.
    «Wenn du
tiefsinnig wirst, Hugh, läßt du mich den Tag bedauern, da ich dich in die
auserwählten Reihen meiner Freunde aufnahm.»
    «Du hast so
viele, nicht wahr?» sagte Hugh, sich erhitzend.
    «Parfaitement.» Justin schritt zur
Tür. «Wo Geld ist, sind auch – Freunde.»
    Davenant
stellte sein Glas nieder.
    «Soll das
eine Beleidigung sein?» fragte er ruhig.
    Justin
hielt inne, die Hand auf dem Türknauf.
    «Sonderbarerweise
nein. Aber fordere mich auf jeden Fall.»
    Hugh lachte
plötzlich auf.
    «Ach, geh
schlafen, Justin! Du bist ganz unmöglich!»
    «Das sagst
du mir nicht zum erstenmal. Gute Nacht, mein Lieber.» Er ging hinaus, doch
bevor er die Tür geschlossen hatte, schien ihm etwas einzufallen, und er
blickte lächelnd zurück. «À propos, Hugh, ich habe eine Seele bekommen.
Sie hat gerade gebadet und schläft jetzt.»
    «Das walte
Gott!» sagte Hugh ernst.
    «Ich bin
meiner Rolle nicht ganz sicher. Soll ich jetzt Amen sagen oder fluchend
abgehen?» In seinen Augen saß der Spott, doch ihr Lächeln war nicht
unerfreulich. Er wartete nicht die Antwort ab, sondern schloß die Tür und ging
langsamen Schrittes in sein Schlafgemach.

2
    GRAF SAINT-VIRE BETRITT DIE SZENE
    Kurz nach Mittag des folgenden Tages
ließ Avon seinen Pagen rufen. Léon stellte sich unverzüglich ein und ließ sich
auf ein Knie nieder, um dem Herzog die Hand zu küssen. Walker hatte die
Anweisungen seines Herrn striktest befolgt, und das zerlumpte und schmierige
Kind des vergangenen
Abends war durch einen peinlich sauberen Jungen ersetzt worden, dessen rote
Locken streng aus der Stirn gebürstet waren; die schlanke Gestalt steckte in
einem schlichten schwarzen Anzug mit gestärkter Musselinhalsbinde.
    Avon faßte
den Pagen kurz ins Auge.
    «Ja. Du
kannst aufstehen, Léon. Ich werde dir jetzt einige Fragen stellen. Ich wünsche,
daß du sie wahrheitsgemäß beantwortest. Verstanden?»
    Léon
verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
    «Ja,
Monseigneur.»
    «Als erstes
könntest du mir mitteilen, wieso du meine Sprache kennst.»
    Léon warf
ihm einen überraschten Blick zu. «Monseigneur?»
    «Bitte
spiele nicht den Ahnungslosen. Ich hasse das.»
    «Ja,
Monseigneur. Ich war nur überrascht, daß Sie's wußten. Das geschah in der
Schenke, verstehen Sie.»
    «Ich halte
mich nicht gerade für stumpfsinnig»,

Weitere Kostenlose Bücher