Gepaeckschein 666
wäre doch besser zu Hause bei meiner Nähmaschine geblieben“, dachte Mutter Pfannroth. Aber, wie gesagt, das dachte sie nur. Bei diesem Lärm hätte es ohnehin keinen Sinn gehabt, irgend etwas zu reden.
Als die Mannschaft von Rot-Weiß durch die Seile kletterte, steigerte sich das allgemeine Rufen noch.
„Ra! Ra! Ra!“ brüllten die Rot-Weiß-Leute im Chor und warfen ihre Hände in die Luft, einschließlich des Herrn mit dem karierten Sportsakko.
Im Ring standen sich jetzt die beiden Mannschaften gegenüber, und zwar in der Reihenfolge der Gewichtsklassen. Jeder Junge hatte also seinen Gegner auf der anderen Seite wie sein eigenes Spiegelbild vor sich.
Peter sah auf. Der Junge, der ihm im weißen Trikot und kurzer weißer Hose gegenüberstand, war nicht größer als er selbst. Er hatte hellblondes Haar und ein gutes, offenes Gesicht.
„Ich eröffne hiermit den ersten Ausscheidungskampf
zur diesjährigen Jugendmeisterschaft’’, sprach eine Stimme über den Lautsprecher.
„Das — das ist Herr Winkelmann richtete sich auf und nahm den Rot-Weißen aufs Korn, der als Schwergewichtler am äußersten Ende der Mannschaft stand.
„Das ist doch der Bursche von vorhin am Eingang. Von wegen fotografieren lassen.“
„Stimmt!“ bestätigten die Astorianer , die um Herrn Winkelmann herum saßen.
„Im Papiergewicht stehen sich gegenüber Paul Falk, Astoria“, gab der Lautsprecher bekannt.
Der kleine Junge mit dem Engelshaar ging zur Ringmitte, und Fritz Immhoff , Rot-Weiß.“
Jetzt kam auch der kleinste Junge der anderen Mannschaft ein paar Schritte nach vorn.
Die beiden Papiergewichtler gaben sich ihre weißbandagierten Hände und grinsten sich an.
Die ganze Turnhalle applaudierte.
Als der Lautsprecher zum Halbschwergewicht kam, erfuhr Peter endlich, wie der Junge hieß, der ihm nun schon gute zehn Minuten gegenüberstand.
„Im Halbschwergewicht Peter Pfannroth , Astoria jetzt ging Peter zur Ringmitte, und Conny Kampendonk , Rot-Weiß.“
Der hellblonde Junge kam auf Peter zu und gab ihm die Hand. Dabei lächelte er ein ganz klein wenig, und Peter lächelte zurück.
„Bis jetzt gefällt ‘s mir“, stellte Mutter Pfannroth fest. „Die Jungen sind doch eigentlich sehr freundlich zueinander. Ich hatte Schlimmeres befürchtet!“
„Das ändert sich noch etwas“, gab Herr Winkelmann zu bedenken.
Als der rot-weiße Schwergewichtler in die Ringmitte gerufen wurde, fing es auf der Gegenseite an zu brüllen. „Ra! Ra! Ra!“
Der Kerl mit seinen kurzen schwarzen Locken tänzelte wie ein Zirkuspferd hin und her, hob seine Arme zur Höhe und grüßte grinsend um sich.
Offensichtlich hielt sein Verein besondere Stücke auf ihn.
Im übrigen war es jetzt soweit.
Die Mannschaften kletterten wieder aus dem Ring und gingen in ihre Umkleidekabinen zurück. Nur die beiden kleinen Papiergewichtler blieben zwischen den Seilen und bekamen in ihren Ecken jetzt Boxhandschuhe an die Fäuste.
Jemand schaltete das allgemeine Saallicht aus. Jetzt brannten nur noch die Tiefstrahler über der Ringmitte. „Ring frei zur ersten Runde.“
Vater Kuhlenkamp stand bereits außerhalb der Seile. Aber er beugte sich noch zu dem Jungen mit dem Engelshaar und sprach leise auf ihn ein.
Dann erklang der Gong.
„Ra! Ra! Ra!“ brüllten beinahe gleichzeitig die Rot-Weiß-Leute los.
„Hepp! Hepp! Hepp!“ brüllten die Astorianer dagegen.
„Jetzt läuft’s ab wie beim Hausfrauennachmittag“, stellte im Umkleideraum der Sheriff fest und legte sich wieder auf seine Massagepritsche, „eine Nummer nach der anderen.“
„Und die nächste Nummer bin ich“, sagte „Fliege“. Er hieß so, weil er im Fliegengewicht antrat.
„Fliege“ schlug einige Löcher in die Luft. Er machte Schattenboxen, um sich anzuwärmen.
Von draußen hörte man das Rufen und Schreien. Es sank, stieg wieder an und fiel wieder zurück. Wie wenn man bei einem Radioapparat am Knopf für die Lautstärke spielt.
„Wie steht’s?“ fragte Peter. Auch er lag auf einer Massagebank.
Das „Kindergesicht“ stand in der halboffenen Tür und sah in die Halle zu dem angestrahlten Ring. „Unser Kleiner wird eingedeckt“, stellte er sachlich fest.
„Fängt ja gut an!“ knurrte der Sheriff.
Es war wie verhext.
Das Engelshaar verlor als erster. Der Junge wehrte sich wie ein Löwe. Aber der andere war leider stärker. Und so ging es weiter. Die Astoria-Ecke mußte eine Niederlage nach der anderen einstecken.
„Rot-Weiß führt mit acht
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