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Gepaeckschein 666

Gepaeckschein 666

Titel: Gepaeckschein 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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oben ziemlich dunkel und unheimlich war, drückten sich die Pagen gern davor, ganz abgesehen von den fünf Treppen.
    Als sich Peter und Friedrich eben wieder bei Chefportier Krüger in der Halle zurückmelden wollten, kam plötzlich ein kleines Mädchen auf sie zugehüpft. So auf einem Bein und wie eine Schneeflocke. Die Schneeflocke machte zwei Knickse und sagte zweimal in gebrochenem Deutsch und mit einem ganz hohen Stimmchen: „Danke schön und auf Wiedersehn!“
    Jedesmal gab sie dabei einem der Jungen ihre kleine Hand und ein nagelneues Markstück. So, als ob sie ihren Freundinnen Sahnebonbons schenken würde.
    Die Kleine in dem weißen Kleidchen gehörte zu einem französischen Ehepaar, das gerade abreiste. Dieses Ehepaar stand schon an der Drehtüre und sah lächelnd zu.
    Der Page Friedrich und Peter bedankten sich, zuerst bei der kleinen Schneeflocke und dann mit einer Verbeugung in Richtung zu den Eltern.
    „ Viens Chérie !“ rief die französische Mama jetzt, und ihr Töchterchen hüpfte zu ihr hin. Auch der Page an der Drehtür bekam noch ein Geldstück und einen Knicks. Dann lachte das Kind, klatschte vor lauter Vergnügen und verschwand.
    „Bei den Abreisen fängt man die dicksten Fische! Wenn du da Glück hast und gerade an der Drehtür stehst!“ meinte der Junge mit den abstehenden Ohren und zog die Unterlippe hoch. „Dein erstes Trinkgeld mußt du übrigens auf heben. Das bringt Glück.“
    „Wird gemacht!“ versprach Peter.
    Aber dann kam er auf dem Weg nach Hause an einem Blumenstand vorbei.
    „Veilchen! Die ersten Veilchen!“ rief ein alter Mann und mußte zwischendurch immer wieder husten.
    „Für eine Mark“, sagte Peter und bekam eine ganze Handvoll in ein Stück Zeitungspapier eingewickelt.
    „Die eine Hälfte stelle ich auf die Nähmaschine, und die andere bekommt Frau Pfannroth auf den Gasherd“, überlegte Peter vergnügt und tigerte weiter in Richtung Rangierbahnhof.

Wir segeln auf einem knallroten Luftballon kreuz und quer

    Es gab keinen Zweifel mehr, über Nacht war der Frühling ausgebrochen.
    Im Stadtpark blühten die Forsythienbüsche, auf den Wochenmärkten tauchte der erste Spargel auf, und überall in den Blumenkästen vor den Fenstern war es blau und weiß und rot vor lauter Primeln, Geranien und Hyazinthen.
    Mitten auf dem Stephansplatz setzte sich bei dem Verkehrsschupo ein Maikäfer auf die linke Schulter. Zum Glück bemerkte der ihn nicht, weil er gerade auf Rot schalten mußte. Sonst wäre der Maikäfer bestimmt in eine leere Streichholzschachtel gewandert. Der Schupo hatte nämlich Kinder zu Hause.
    Die Sonne schien wie im Sommer, und der Himmel war rundherum so blau wie sonst nur auf farbigen Ansichtspostkarten von Neapel und Florida.
    In diesen blauen Himmel hinein stieg jetzt eine riesige, allerdings knallrote Apfelsine. Diese Apfelsine war ein Luftballon, der für PEPSODENT-Zahnpaste Reklame machte. Er stieg immer höher und segelte jetzt von den Hochhäusern am Grindel langsam in Richtung Hauptbahnhof hinüber.
    Das müßte enorm schön sein, jetzt auf diesem Luftballon obendrauf auf dem Bauch zu liegen und auf die ganze Stadt hinunter zu gucken. Auf alle Plätze, in die Straßen und Höfe und auch durch die Fenster in die Häuser und Wohnungen hinein.
    So ein Blick von dem knallroten Pepsodentballon herunter wäre aber nicht nur enorm schön, sondern auch enorm interessant und praktisch gewesen.
    Da könnten wir sie alle suchen, einen nach dem anderen, Herrn Winkelmann, Mutter Pfannroth, den Sheriff und so weiter —
    Es war Donnerstag früh neun Uhr zweiunddreißig.

    Mutter Pfannroth, zum Beispiel, machte in ihrem vierten Stock gerade das Fenster auf, als die knallrote Apfelsine über dem Rangierbahnhof stand. Sie hakte die beiden Fensterflügel ein und rückte ihre Nähmaschine in die Sonne. Da saß sie nun wie immer, über ihre Arbeit gebeugt und spielte mit den Füßen Radfahren. So beim Surren der Nähmaschine dachte sie an ihren Peter und an das, was er ihr alles von den ersten zwei Tagen im „ATLANTIC“ erzählt hatte. Das hatte sich alles sehr schön angehört und berechtigte zu den freundlichsten Hoffnungen für die Zukunft. Mutter Pfannroth hatte also allen Grund, vergnügt zu sein. Das war sie denn auch. Sie pfiff sich sogar eins.

    Herr Winkelmann stand im gleichen Augenblick auf dem Schlachtviehhof. Rund um ihn wimmelte es nur so von Ochsen, Kälbern, Kühen und Schweinen. Es blökte und grunzte, daß man kaum sein eigenes Wort verstehen

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