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Gepaeckschein 666

Gepaeckschein 666

Titel: Gepaeckschein 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Friedrich und wischte sich mit dem Handrücken über seine Augen, die noch ganz naß waren vor lauter Lachen. „Aber wenn ich mir das vorstelle! Irgendein Gast drückt dir in der Halle eine Mark in die Hand - und du läufst knallrot an, sagst: Nein danke, so etwas nehme ich nicht! und gibst das Geld wieder zurück - ich glaube, das ganze Hotel würde sich totlachen. Mensch! Hast du eine Ahnung!“
    „Na schön“, meinte Peter etwas verlegen. „Aber so viel kommt da ja gar nicht zusammen. Zugegeben, auch ein Groschen kommt zum anderen -“
    „Nun paß mal auf“, sagte der Page Friedrich, beugte sich nach vorn und stützte sein Kinn auf die Fäuste. „Groschen gibt hier im Haus nur einer. Und das ist Herr Meyer von Zimmer 477. Auch ein Dauergast übrigens. Sonst ist das wenigste ein Fünfzigpfennigstück, und meistens ist es eine Mark. Aber viele Gäste geben auch mehr. Bei den Abreisen sind fünf oder zehn Mark gar keine so große Seltenheit. Mein Rekord war einmal eine Fünf-Dollar-Note von einem Amerikaner.“
    „Das ist ja toll!“ gab Peter zu.
    „Gerade die Pagen stellen sich mit den Trinkgeldern im ganzen Hotel wohl mit am besten, im Durchschnitt so vierzig Mark die Woche, im Sommer, wenn die Ferienreisenden kommen, fünfzig oder sechzig. (Das war mehr, als Frau Pfannroth als Miete plus Gasmann plus Elektrisch monatlich zu zahlen hatte, dachte Peter.) Jetzt ist’s bei mir damit vorbei. Auf der Etage steckt alles der Kellner ein, und wir gucken in den Mond. Aber im nächsten Jahr geht’s euch ja genauso.“
    Der Page Friedrich turnte jetzt wieder mit seinen großen Zehen und sah ihnen nachdenklich zu. „Es ist übrigens ganz merkwürdig, die Jungen, die am meisten hinter dem Trinkgeld her sind, bekommen am wenigsten. Der Gast merkt es anscheinend, wenn man nur an sein Kleingeld denkt. Diese Fünf-Dollar-Note zum Beispiel — das war nur so, daß dem Amerikaner seine Zeitung auf den Boden fiel und ich sie aufhob. Ich hatte dabei an nichts gedacht. Aber ich hatte auf einmal diese Dollars in der Hand. Es ist manchmal wirklich zum Piepen!“
    „Ich finde es enorm anständig“, meinte Peter, „daß du mir das alles so sagst.“
    „Finde ich auch“, grinste der Page Friedrich. „So etwas müßte eigentlich belohnt werden.“
    „Und wie —?“ grinste Peter zurück.
    „Ganz einfach. Die Baronin zahlt für das Aufpassen jedesmal zwei Mark. Wir müßten das Geld eigentlich teilen. Aber ich schlage vor, es wird nicht geteilt, und der Page Friedrich kassiert den ganzen Betrag für sich.“
    Der Junge mit den abstehenden Ohren sah zur Zimmerdecke, als sei da etwas nicht in Ordnung.
    „Einverstanden“, sagte Peter.
    „Man dankt“, gab der Page Friedrich zurück. Dann sah er von der Zimmerdecke weg auf seine Armbanduhr. „Es ist soweit!“ Er streckte seinen rechten Arm aus und drückte an der Wand auf einen der weißen Knöpfe. Daraufhin schlug er seine Beine übereinander und wartete. Nach zwei oder drei Minuten klopfte es. Peter sprang von seinem Sessel und wollte in seine Schuhe fahren. Der Page Friedrich blieb die Ruhe selbst, ließ seine Beine übereinandergeschlagen und rief: „Herein!“
    Die Tür öffnete sich.
    „Sie haben gerufen, Frau Ba-“, der Etagenkellner hielt mitten im Wort den Atem an.
    „Fünfmal Frühstück wie immer“, sagte der Page Friedrich gelangweilt. „Die Milch nicht zu heiß und das Weißbrot von gestern, wenn ich bitten darf.“
    „Döskopf!“ sagte der Etagenkellner nur und verschwand wieder.
    „Keine Lebensart“, stellte der Junge mit den abstehenden Ohren fest.
    Im übrigen fauchte und knurrte es jetzt aus allen Ecken. Mohammed hatte Roßhaar zwischen den Pfoten, und Katja zerrte an einer Spiralfeder. Sogar Esmeralda schob ihren Kopf durch die Decken und die Sofakissen. Sie hatten wohl etwas von Milch und Weißbrot gehört.
    Draußen vor dem Fenster schwammen die ersten Segelboote auf der Alster.
    Kurz vor der Ablösung durch die Jungen vom Nachtdienst bekam Peter sein erstes Trinkgeld.
    Es fiel in seine Hosentasche wie aus heiterem Himmel. Chefportier Krüger hatte ihn zusammen mit dem Pagen Friedrich losgeschickt.
    „Fang im Keller an und zeig ihm jede Ecke, damit er Bescheid weiß.“
    „Jede Ecke zeigen“, hatte der Junge mit den abstehenden Ohren wiederholt, und dann waren sie durch alle Stockwerke geklettert, bis ganz oben unters Dach. Hier mußte abends immer das Licht für die große Weltkugel mit der ATLANTIC-Reklame angeknipst werden. Weil es da

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