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Gepaeckschein 666

Gepaeckschein 666

Titel: Gepaeckschein 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Hesselbeinschen Hosentaschen waren noch blütenweiß.
    „Sie sind leer. Das ist es —“, erklärte der Junge, „ein Page muß immer drei Dinge bei sich haben: eine Schachtel Streichhölzer, ein Taschenmesser und einen Bleistift mit Notizblock. Die Streichhölzer sind dabei am wichtigsten. Und wohlgemerkt kein Feuerzeug. Zigarrenraucher lassen sich nur mit einem Streichholz Feuer geben. Den Bleistift mit Notizblock brauchst du, wenn du irgend etwas aufschreiben mußt oder wenn ein Gast eine Notiz machen will und gerade nichts zum Schreiben bei sich hat. Wozu du das Taschenmesser brauchst, ist klar: Mal mußt du ein Paket aufmachen, Blumenstengel kürzen oder ein Stück Papier auseinanderschneiden. Aber die Streichhölzer sind am wichtigsten. Dadurch kannst du mit Gästen Zusammenkommen, mit denen du sonst vielleicht gar nichts zu tun hättest. Du fällst auf, und sie finden, daß du besonders freundlich und zuvorkommend bist. Und darauf kommt’s an!“
    „Versteh’ ich nicht ganz“, gab Peter ehrlich zu.
    „Das brauchst du dir nur vorzustellen“, meinte der Junge mit den abstehenden Ohren. „Da steht zum Beispiel Generaldirektor Pumpelmus von Zimmer 207 in der Halle und steckt sich eben, ohne an irgend etwas zu denken, eine Zigarette ins Gesicht. Schwupp, springe ich, der Page Friedrich, auf, zücke mein Streichholz und sage: ,Bitte sehr, Herr Generaldirektor.’“
    Der Junge mit den abstehenden Ohren war wirklich aufgesprungen, stand leicht vorgeneigt auf seinem Klubsessel und hielt Peter ein brennendes Zündholz unter die Nase.
    Im gleichen Augenblick machte es wieder einmal aus allen Ecken „ Schschsch !“ Katja und Mohammed fauchten von ihrem Ledersessel herüber, und sogar die zwei Katzen, die bisher unsichtbar unter dem Sofa gelegen hatten, zeigten ihre Köpfe und fletschten die Zähne.
    „Wollt ihr wohl vernünftig sein!“ rief der Page Friedrich im Tonfall, wie es die Baronin zu rufen pflegte. „Zurück! Platz! Schön Platz!“
    Die Tiere beruhigten sich.
    „Prima, wie du das machst“, gab Peter ehrlich zu. „Ich meine, das mit dem Streichholz.“
    „Übungssache“, meinte der Junge Friedrich und setzte sich auf seine Klubsessellehne zurück. Er steckte seine Streichhölzer wieder ein und schlug die Beine übereinander. „Die Sache ist nämlich die“, fuhr er fort, „wenn ich zum Beispiel dieser Generaldirektor Pumpelmus von Nr. 207 bin, dann sehe ich mir den Pagen beim Anzünden meiner Zigarette näher an und denke mir: Sieh mal, er hat es sofort gesehen, daß du Feuer brauchst, ein fixer und aufmerksamer Bengel! Ein paar Stunden später oder am nächsten Tag passiert das gleiche noch einmal. Ich, der Generaldirektor von 207, stelle fest, das ist ja wieder dieser fixe und aufmerksame Page mit seinen netten, abstehenden Ohren. Und in diesem Augenblick hat es gefunkt! Wenn Herr Pumpelmus jetzt ein Telegramm besorgt haben will oder etwas anderes, dann bittet er am Telefon den Chefportier nicht um irgendeinen Pagen, sondern er verlangt einen ganz bestimmten, eben diesen Jungen mit den abstehenden Ohren. Und damit schlägt der Page Friedrich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Herr Chefportier Krüger reibt sich sein Kinn und stellt fest, daß mich die Gäste offenbar bevorzugen, und Herr Generaldirektor Pumpelmus von 207 will künftig nur noch von mir bedient sein. Alle Pumpelmusschen Trinkgelder wandern also in meine Tasche.“
    Der Page Friedrich grinste und bohrte vergnügt seine Hände in die Taschen. „Du siehst, abstehende Ohren haben auch ihr Gutes. Man verschwindet einfach nicht so in der Masse. Euer kleiner Rothaariger zum Beispiel, wenn der keine komplette Mattscheibe ist, wird sich hier dumm und dämlich verdienen, vor allem bei den Amerikanern. Eine knallrote Perücke und dann noch das ganze Gesicht voller Sommersprossen, das ist unbezahlbar!“ Der Page Friedrich sah schon eine ganze Weile auf seine Füße und spielte mit den großen Zehen. So rund um diese großen Zehen waren seine Strümpfe mehrfach gestopft.
    „Diese Trinkgelder“, fragte Peter vorsichtig, „ich —ich habe geglaubt - und meine Mutter sagte mir, daß man als Page in so einem Hotel gar nichts annehmen darf —“ Der Junge Friedrich war völlig verblüfft. Er zog bei seinen großen Zehen ruckartig die Notbremse, so daß sie still standen und in die Luft zeigten. Dabei sah er Peter an. Einfach sprachlos. Dann wollte er sich plötzlich ausschütten vor Lachen.
    „Entschuldige“, sagte der Page

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